Die gepanzerten Überlebenskünstler: Gürteltiere im Fokus des Artenschutzes
Landau. Mit ihrem einzigartigen Knochenpanzer haben sie 60 Millionen Jahre Erdgeschichte überdauert, doch heute kämpfen viele Gürteltierarten um ihr Überleben. Die „Zootier des Jahres“-Kampagne 2025 widmet sich dem Schutz dieser besonderen Säugetiere. Gemeinsam mit ihren Kampagnenpartnern und zoologischen Gärten, darunter dem Zoo Landau in der Pfalz, setzt sich die Zoologische Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz e.V. (ZGAP) für Gürteltiere ein – mit Projekten in Brasilien und Kolumbien. Heute wurde die Kampagne im Beisein von Landaus Zoodirektor und dem Vorsitzenden der ZGAP, Jens-Ove Heckel, im Zoologisch-Botanischen Garten Wilhelma Stuttgart vorgestellt.
Als Schirmherr der diesjährigen Artenschutzkampagne ließ es sich Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, nicht nehmen, für den Schutz dieser außergewöhnlichen, urzeitlichen Tiere zu werben. „Gürteltiere sind stille Botschafter des Artenschutzes. Diese faszinierenden Tiere haben es im Laufe ihrer Millionen Jahre dauernden Evolution immer wieder geschafft, sich anzupassen und zu überleben. Doch selbst diese kleinen Naturwunder sind verletzlich und mittlerweile zunehmend bedroht. Der Mensch greift viel zu stark in ihre Lebensräume ein und zerstört damit ihre Lebensgrundlage. Gürteltiere sind deshalb ein Sinnbild dafür, wie wichtig es ist, Naturschutz global zu denken und lokal zu handeln. Es ist unsere Aufgabe, ihren Lebensraum zu schützen und damit auch die Zukunft vieler anderer Arten zu sichern", betonte Cem Özdemir.
Die Mehrzahl der 23 Gürteltierarten lebt in Mittel- sowie Südamerika und repräsentiert eine faszinierende Vielfalt hinsichtlich ihrer Größe, ihres Aussehens, ihrer Lebensweise und ihrer Fortpflanzung. Es gibt die Winzlinge und Riesen unter ihnen. Während manche der Vertreter sich bislang auch im Umfeld des Menschen als recht anpassungsfähig erweisen, kämpfen mehrere Gürteltierarten akut um ihren Fortbestand – und das, obwohl Gürteltiere als einzige Säugetiere einen Panzer aus kleinen miteinander verbundenen Knochenplatten besitzen. Der Panzer ist flexibel, was es einigen Arten ermöglicht, sich bei Gefahr und zum Schutz vor Fressfeinden zusammenzurollen. Sie sind überwiegend Insektenfresser, zumeist nachtaktiv und viele halten sich gerne unterirdisch auf. Durch die rasanten Veränderungen ihrer Lebensbedingungen geraten sie heute allerdings zunehmend in Gefahr.
Anlass genug, dass sich die von der ZGAP initiierte Artenschutzkampagne zusammen mit ihren Kampagnenpartnern, der Gemeinschaft der Zooförderer e.V. (GdZ), der Deutschen Tierpark-Gesellschaft e.V. (DTG) und dem Verband der Zoologischen Gärten e.V. (VdZ) dieses Jahr auf die bislang eher wenig beachteten Gürteltiere fokussiert. „Gemeinsam mit unseren südamerikanischen Projektpartnern möchten wir bei der diesjährigen ‚Zootier des Jahres‘-Kampagne ausgewählte Gürteltierarten in den Fokus rücken und konkrete, nachhaltige Artenschutzmaßnahmen für diese faszinierenden Tiere umsetzen“, sagt Viktoria Michel, die Kampagnenkoordinatorin der ZGAP.
Das ist insbesondere wichtig, denn Gürteltiere haben als sogenannte Ökosystemingenieure einen sehr großen Einfluss auf ihren gesamten Lebensraum.
Die vielfach unterirdische Lebensweise der Gürteltiere in oft großen Revieren stellt eine Herausforderung für die Erforschung dieser Tiere und ihrer Populationsgrößen dar. Der Bedrohungsstatus einiger Gürteltierarten konnte in der Roten Liste der Internationalen Union zur Bewahrung der Natur (IUCN) daher nach wie vor nicht benannt werden. Was jedoch feststeht: Die Zahl der Gürteltiere geht in den meisten Verbreitungsgebieten rapide zurück.
In Südamerika werden Gürteltiere darüber hinaus häufig wegen ihres wohlschmeckenden Fleisches gejagt. Die industrielle, auf Export ausgerichtete Landwirtschaft dringt mit ihren Reis-, Soja-, Nutzholz- und Palmölplantagen oder mit zunehmender Nutztierhaltung immer weiter in die Lebensräume der Gürteltiere vor. Und auch die Förderung von Erdöl und anderer Bodenschätze beeinträchtigt die Lebensräume der Tiere großflächig und zunehmend. Zusätzlich steigt der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft, wodurch Insekten, die wichtigste Nahrungsgrundlage der Gürteltiere, rasant dezimiert werden. Besonders nachts werden sie zudem Opfer des Straßenverkehrs und streunender Haustiere.
Die geplanten Artenschutzmaßnahmen werden an die jeweiligen Bedürfnisse der Gürteltierarten angepasst. Riesengürteltiere, die mit bis zu 1,5 Metern Länge und bis 60 kg Gewicht größten Vertreter, haben etwa eine große Schwäche für Bienenlarven. Diese wird ihnen zum Verhängnis, denn als Plünderer von Bienenstöcken werden sie intensiv bejagt oder vergiftet. Durch die fortschreitende Zerstörung ihres natürlichen Lebensraumes und damit ihrer Futterressourcen steigen die Übergriffe der Gürteltiere auf Bienenstöcke. Daher soll ihr Lebensraum verstärkt geschützt und fragmentierte Flächen verbunden werden. Außerdem werden den Imkern „gürteltiersichere“ Bienenstöcke zur Verfügung gestellt.
In der Llanos Region Kolumbiens leben fünf verschiedene Gürteltierarten. Für ihren Schutz wird die Bevölkerung aktiv in das Projekt eingebunden, um so ihr Engagement für den Artenschutz zu erhöhen. Außerdem werden zusammen mit jungen Biologinnen und Biologen und Studierenden neue Methoden entwickelt, um einen verlässlichen Überblick über die Bestände und Lebensraumansprüche der Gürteltiere zu erhalten.
Zoologische Gärten als treibende Kraft im Artenschutz
Zoologische Gärten halten und züchten in der Natur gefährdete Tierarten in koordinierten Erhaltungszuchtprogrammen. Zudem eröffnen sie ihren Besucherinnen und Besuchern interessante Einblicke in biologische und ökologische Zusammenhänge der in ihrer Obhut gepflegten Tierarten. Die Partnerzoos der Kampagne, darunter auch der Zoo Landau in der Pfalz, machen inzwischen erhebliche Mittel verfügbar, um Naturschutzarbeit vor Ort finanziell zu fördern und auch fachlich zu unterstützen. „So leistet auch unser Zoo zusammen mit der ZGAP gezielt auch besonders Hilfe für Tierarten ohne Lobby, deren Schutzprojekte ansonsten nur schwer die nötige Unterstützung erhalten würden,“ betont Landaus Zoodirektor Jens-Ove Heckel
Die „Zootier des Jahres“-Kampagne
Seit 2016 macht die „Zootier des Jahres“-Kampagne auf bedrohte Tierarten aufmerksam, die oft im Schatten anderer Tiere und damit weniger im Zentrum der medialen Aufmerksamkeit stehen. Gemeinsam konnten bereits zahlreiche Erfolge erzielt werden. Etwa für Große Soldatenaras in Ecuador, Tigergeckos in Vietnam oder Java-Leoparden in Indonesien. Für alle ehemaligen „Zootiere des Jahres“ gilt: Die Schutzmaßnahmen werden über das Kampagnenjahr hinaus fortgesetzt und sichern den im Fokus stehenden Tierarten damit eine langfristige Unterstützung. red
Autor:Katharina Wirth aus Herxheim |
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