Mehr Platz für Menschen statt für Autos
Von Charlotte Basaric-Steinhübl
Ludwigshafen. Das Thema Verkehr ist, gerade auch durch die vielen (Groß-)Baustellen, in Ludwigshafen seit Jahren präsent. Und dann war vor einigen Tagen plötzlich das Gerücht in der Welt: Die beiden Fußgängerzonen, Prinzregenten- und Bismarckstraße, sollen wieder für den Verkehr geöffnet und in verkehrsberuhigte Bereiche umgewandelt werden. Was steckt dahinter?
Auskunft der Stadt Ludwigshafen
Auf Nachfrage kam von der Pressestelle der Stadt Ludwigshafen die Auskunft, dass eine mögliche Umwandlung der Fußgängerzonen Prinzregenten- und Bismarckstraße in verkehrsberuhigten Bereiche mögliche Alternativen darstellen würden, die anlässlich des geplanten Parkraumkonzepts für die Innenstadt entstanden sind. So könne beispielsweise durch mehr Bewohnerparkplätze die Wohnqualität der Anwohner*innen verbessert werden. Als Grund für eine mögliche Öffnung wurde sinngemäß angeführt, dass man schlecht verhindern könne, dass Autos trotz des Verbots in die Fußgängerzone fahren würden.
Antrag der Grünen im Gemeinderat
„Ludwigshafen als die Stadt, die Fußgängerzonen nicht kann: Diese Bankrotterklärung im Zeichen der Mobilitätswende wollen wir verhindern,“ kommentiert Hans-Uwe Daumann im Namen der Grünen im Rat die bekannt gewordenen Vorschläge der Stadtverwaltung zu einer möglichen Umwandlung der Fußgängerzonen.
Daraufhin stellten die Grünen im Rat einen Antrag in der Stadtratssitzung vom 23. Mai 2022, der die Erarbeitung von Konzepten zur Radverkehrs- und Fußverkehrsentwicklung zum Inhalt hatte. In der Begründung wies Hans-Uwe Daumann darauf hin, dass man oft höre, es gäbe „Maßnahmen zur Minderung des Parkdrucks“. Er wies darauf hin, dass ihm dabei die Berücksichtigung des Drucks auf Fahrradfahrer, auf Fußgänger, auf Nutzer von Rollatoren oder Kinderwagen fehle. Es sollte für alle Verkehrteilnehmer*innen gelten, dass sie sich angenehm und sicher in der Stadt bewegen können.
Der Antrag, ein Konzept zu erarbeiten, bei dem sämtliche Bedürfnisse berücksichtigt werden sollen, wurde sowohl von allen Parteien, als auch von der Stadtspitze befürwortet und (bei drei Enthaltungen) einstimmig beschlossen.
Interview mit Helmut Buchholz
Auch der Kreisverband Ludwigshafen-Vorderpfalz des Verkehrsclubs Deutschland e. V. (VCD) wies darauf hin, dass im Teilkonzept Mobilität des vom Stadtrat beschlossenen Klimaschutzplans Fußverkehr gefördert werden soll. „Diesen Teil des Konzepts setzt man nicht um, indem man Fußgängerzonen abschafft“, erklärt Helmut Buchholz, Vorsitzender des VCD Ludwigshafen-Vorderpfalz. Wochenblatt-Redakteurin Charlotte Basaric-Steinhübl hat mit ihm gesprochen.
??? Es gibt den Vorschlag, die Fußgängerzonen in verkehrsberuhigte Bereiche umzuwandeln – was halten Sie davon?
Helmut Buchholz: Überhaupt nichts. Die Hoffnung, dass man so mehr Kundschaft anlocken würde, wird sich nicht erfüllen. Das Beispiel in der Ludwigstraße zeigt ja, wie hässlich eine „geöffnete“ Fußgängerzone wird.
??? Sie haben ein Verkehrskonzept für eine verkehrsberuhigte Ludwigshafener Innenstadt vorgelegt. Was ist die Idee dahinter?
Helmut Buchholz: Eine Innenstadt mit deutlich weniger Autoverkehr ist auch für Ludwigshafen erstrebenswert: die Stadt gehört wieder den Menschen, es gibt weniger Lärm und Abgase, mehr Platz für Spaß und Spiel und auch mehr Grün. Das Ziel sollte sein, den Durchgangsverkehr aus der City herauszuhalten.
??? Was schlagen Sie konkret vor, mit welchen Maßnahmen möchten Sie die Innenstadt lebenswerter machen?
Helmut Buchholz: Eine Reduzierung des Verkehrs erreicht man, indem die Straßen an ein paar Stellen für gerade mal 50 Meter gesperrt werden. Damit ist schon einiges erreicht. Anwohner*innen können ihr Zuhause weiter erreichen, die Parkhäuser können in Betrieb bleiben und die Stadt hat ein paar Plätze mehr, deren Attraktivität stark gesteigert wird. Als Beispiele haben wir die Bahnhofstraße am Kulturzentrum dasHaus oder den Eingangsbereich des Hackmuseums genannt.
??? Auf der anderen Seite des Rheins in Mannheim gibt es seit einem Monat einen Verkehrsversuch für eine verkehrsberuhigte Innenstadt. Dort kommt Kritik vor allem von Seiten vieler Gewerbetreibender, die der Meinung sind, die Kundinnen und Kunden würden wegbleiben, wenn sie nicht mit dem Auto in die Stadt fahren könnten. Was sagen Sie dazu?
Helmut Buchholz: Die Leute können weiterhin IN die Stadt fahren, aber eben nicht HINDURCH. Der Glaube, 200 Meter Fußweg zum Geschäft seien für Autofahrer unzumutbar, entspricht nicht mehr der Realität. Ich fahre oft mit dem Rad von Ludwigshafen nach Mannheim und freue mich über den Wegfall der Rennstrecken.
??? Im Jahr 2018 wurde der Masterplan Green City vorgelegt. Wie geht es aus Ihrer Sicht in Bezug auf eine Umsetzung der dort genannten Punkte wie beispielsweise die Reduktion der Stickstoffdioxidbelastung, der Ausbau des ÖPNV und die Verbesserung des Fahrradverkehrs voran?
Helmut Buchholz: Es gibt ein paar Ansätze und Planungen in der Stadt, die in die richtige Richtung gehen, wie zum Beispiel die Öffnung von Einbahnstraßen für Fahrräder in beide Richtungen. Aber die Mühlen der Verwaltung mahlen aus unserer Sicht zu langsam. Und einen verbesserten Klimaschutz oder eine Reduktion der Abgase erreicht man bestimmt nicht dadurch, dass man Fußgängerzonen für den Verkehr öffnet.
??? Was würden Sie sich von der Stadtverwaltung wünschen?
Helmut Buchholz: Ein klares Bekenntnis zu einer Verkehrswende, die diesen Namen verdient. Denn eine lebenswerte Innenstadt ist auch in Ludwigshafen möglich. Dafür muss so etwas aber schon wollen…
Danke für das Interview! bas
Kommentar
von Charlotte Basaric-Steinhübl
Der Klimawandel ist DAS Thema der heutigen Zeit. Um ihn einzubremsen benötigen wir dringend eine Verkehrswende.
Die Erarbeitung eines Verkehrskonzeptes, das alle Bedürfnisse berücksichtig, ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer lebenswerten Stadt, in der sich alle Verkehrsteilnehmer*innen wohl fühlen.
Dies bedeutet, dass man den zur Verfügung stehenden Platz umverteilen muss: Weniger Platz für den ruhenden Verkehr, sprich weniger Dauerparkplätze in der Innenstadt. Dafür mehr Platz für Grünflächen, für Fußgänger*innen, (Lasten-) Fahrrad- oder E-Bike-Fahrer*innen, für Kinderwagen und Rollatoren.
In Mannheim läuft ein Verkehrsversuch, mit dem der Verkehr zumindest in Teilstrecken aus der Innenstadt ausgelagert werden soll. Große Metropolen wie Barcelona oder Kopenhagen haben es vorgemacht. Für eine lebenswerte Zukunft.
Autor:Charlotte Basaric-Steinhübl aus Ludwigshafen |
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