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Theater Carnivore spielt „Fast Faust“ mit mitreißender Spielfreude

Die beiden Schauspieler in Aktion | Foto: Brigitte Melder
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Mannheim. Am Abend des 6. Juli fand im „Atelier Altes Pumpenhaus“ unter blauem Himmel mit leichtem Lüftchen die Wanderbühne Carnivore ihr Zuhause. Die aus zwei Schauspielern bestehende „Truppe“ zeigte „Fast Faust“, ein Lustspiel von Albert Frank nach J. W. von Goethe. Es hätten gerne ein paar mehr Besucher sein dürfen, aber vielleicht haben die auch nicht gleich den Eingang gefunden – wie ich ;-). Dennoch war es hier in kuscheliger Atmosphäre gut besucht.

Veranstalter-Inhalt: André ist Gründer und Leiter des „Dramenterzetts“. Außer ihm gehören Hannah und Heiner dazu, die auch im richtigen Leben ein Paar sind. Das Trio hat es sich zur Aufgabe gemacht, alle klassischen Dramen mit jeweils nur drei Personen zur Aufführung zu bringen. Heute steht „Faust“ von Goethe auf dem Spielplan, doch Hannah ist nicht erschienen. André zwingt Heiner, Hannahs Rollen zu übernehmen. Unter Protest schlüpft dieser also in die Rolle des Gretchens. Somit beginnt ein Theaterabend, der immer wieder an der Rivalität der beiden Protagonisten zu zerbrechen droht.
Es spielten: Roland Heitz und Florian Kaiser unter der Regie von Roland Heitz.

Und nun lasset das Spiel beginnen! Nach dem dritten Läuten des Glöckchens hatten die Zuschauer ihre Plätze auf den bunten Bänken eingenommen. Die „Frau des Hauses“ Elke Ruby begrüßte mit herzlichen Worten die Zuschauer an diesem wundervollen Schaffensort. Der Regisseur und gleichzeitig Schauspieler trat mit einem gelben Reclam Heft vor die Zuschauer und meinte „Faust von Goethe kenne ja hier wohl jeder - Goethe ist für alle da“. Sie verzichten in ihrer Aufführung auf jeglichen Schnickschnack, sondern fühlen sich nur dem Dichter verpflichtet. Weg mit dem Ballast, hin zum Wesentlichen. Zuerst erschien André als Gott mit langem weißem Bart, Heiner hatte die Badekappe aufgesetzt und war nun Mephisto. Da die Dritte im Bunde, Hannah, sich wegen Krankheit entschuldigen ließ, mussten die Beiden die Rollen unter sich aufteilen. Später stellte sich heraus, dass sie schwanger sei, allerdings erst in der fünften Woche, was großes Gelächter hervorrief. Das Publikum wurde während der Vorstellung um das ein oder andere Mal ebenfalls integriert. So sollte ein Zuschauer statt eines Scheinwerfers die Taschenlampe auf Faust richten. Im Studierzimmer las André Goethe-Zitate, wobei die Bücher keine lange Lebensdauer haben dürften, denn die flogen ständig durch die Gegend. Heiner in einer Rolle mit freiem athletischem Oberkörper ließ den Puls leicht ansteigen. Kein Wunder, wie oft und schnell er seine Rolle ändern musste, immer in Bewegung und einmal überraschenderweise unter den Zuschauerbänken hindurch kriegend. Und wieder animierte er das Publikum mitzumachen, indem es mit enthusiastischer Stimme einmal „Hoch“ und einmal „Faust“ für den späteren Auftritt von Faust rufen sollte. Und dann war da auch noch der Pudel im Spiel mit dem Vergleich „Pudel oder Dogge, das ist hier die Frage“. Das war des Pudels Kern. Die beiden Akteure arbeiteten mit der dramatischen Tarnkappe. Als André einen Kochtopf hinstellte, überlegte Heiner, ob er wohl den Herd zuhause ausgemacht habe und verschwand. Damit ging es in die 20-minütige Pause, in der man etwas essen und trinken konnte.

Ich nutzte die Zeit, mich etwas umzuschauen und traf auf den Hausherrn und Künstler Rüdiger Krenkel, dessen nette Ehefrau Elke Ruby die Gäste begrüßt hatte. Die Beiden seien ein super Team, wohnen und arbeiten hier in den alten Gebäuden. Das Atelier befände sich im großen Haus und sie hätten öfter Veranstaltungen und gebuchte Führungen hier. Das große Gelände beherbergt etliche kunstvolle Objekte des Künstlers. Sie seien bei der Rhein-Neckar-Industriekultur mit im Boot.

Nach der Pause gab die spätere blaue Stunde der Bühne noch einmal einen besonderen Effekt. Weiter ging es mit Gretchen und dem verjüngten Faust, der sich in sie auf den ersten Blick verliebte und nun die Frau mit den blonden langen Zöpfen suchte. Meinte Heiner gemäß dem Lied der „Fantastischen Vier“ „Ist es die da? Oder ist es die da? ....“. Herrlich, wie er mit verstellter heller Stimme fragte: „Wo kommt das schöne Kästchen her? Was mag wohl drin sein?“. Später zupft er die Blätter einer Blume „Er liebt mich, er liebt mich nicht“. Ständig musste er seine Stimme entsprechend der Rolle verstellen. Es ist unglaublich, wieviel Text die beiden Protagonisten für dieses Stück lernen mussten. Es folgten noch das umgedichtete Lied von „Marmor, Stein und Eisen bringt“ und passend zur Liebe „Je t’aime“. Die folgenden Szenen waren eine Abfolge, die in einer Tragödie endete. Als Gretchen ihr Kind tötete und verhaftet wurde ertönte „Spiel mir das Lied vom Tod“. Die beiden Schauspieler verneigten sich unter Beifallsstürmen vor dem Publikum.

Ich hab mich pudelwohl gefühlt und vermute mal, dass dieser Ausdruck mit Faust zu tun hat ;-) Die Stimmung war toll, beiden Schauspielern sah man die Leidenschaft für’s Schauspielern an, die Gastgeber unheimlich freundlich und das Ambiente traumhaft. Es ist nicht aller Tage Abend, ich komm‘ wieder, keine Frage.

Falls nun jemand neugierig geworden ist, kann noch zu folgenden Auftritten fahren:
13.07.19 Faustmuseum Knittlingen
26.07.19 Domäne Bergstraße, Heppenheim
Infos unter www.WANDERBUEHNE.com (mel)

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Autor:

Brigitte Melder aus Böhl-Iggelheim

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