Zwei 3sat-Abende über die Elementarkraft Wind – Ein Gespräch mit Meteorologe Özden Terli

Inwiefern hängen das Phänomen Wind und der Klimawandel zusammen? Drei 3sat-Abende verdeutlichen anschaulich die Zusammenhänge | Foto:  pramot48/stock.adobe.com
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Klimawandel/3sat.Im Oktober und November wird es windig: In drei Sendungen befasst sich 3sat mit lauen Lüftchen, Böen, Stürmen und Jet-Streams – und den Auswirkungen dieser Naturkraft. Auftakt macht am Montag, 21. Oktober, 22.25 Uhr, Alexander Riedels dokumentarisches Roadmovie „Wind – Die Vermessung des großen Luftozeans“, in dem er dem Wind um den Globus folgt. Einer der Protagonisten: ZDF-Wetterexperte Özden Terli.

Einen Monat später, am Donnerstag, 21. November, zeigt 3sat im Rahmen von „WissenHoch2“ um 20.15 Uhr Alexander Riedels Wissenschaftsdokumentation „Wind im Klimawandel. Wetterextreme durch globale Erhitzung“, durch die Özden Terli führt. Bei dieser Spurensuche – von den Polarwinden über Spitzbergen bis zu den Südwestwinden über der Namibwüste – begegnet er Menschen, die engagiert daran arbeiten, den Wind und die verwandten meteorologischen Phänomene messbar zu machen und besser zu verstehen. Im Anschluss, um 21 Uhr, folgt die Sendung „SCOBEL – Der Klimakollaps“. Als Gäste begrüßt Gert Scobel die Direktorin des AWI und Meeresbiologin Antje Boetius, Neurowissenschaftlerin Maren Urner und Meteorologe Özden Terli.

Zwei 3sat-Abende über eine Elementarkraft

Wir haben mit ZDF-Wetterexperte Özden Terli über den Zusammenhang zwischen dem Wetterphänomen Wind und dem Klimawandel gesprochen und außerdem darüber, wie solche Themenkomplexe filmisch dargestellt werden können.

ZDF-Meteorologe Özden Terli | Foto: ZDF
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???: Wie war das erste Zusammentreffen mit Filmemacher Alexander Riedel? Konnte er Sie direkt von seiner filmischen Idee rund um das Thema „Wind“ begeistern?

Özden Terli: Wir beide haben uns auf Spitzbergen kennengelernt. Ich war vor Ort, um live für das ZDF am Tag der Meteorologie aus der Arktis zu berichten. Nach Drehende saßen das Team und ich an der Bar und auch Alexander Riedel war da. Wir hatten ihn die ganze Zeit schon immer wieder drehen gesehen. Das war ziemlich faszinierend – er hatte ein großes Gestell auf dem Rücken, das die Kamera trägt, das sah sehr imposant aus und vor allem war er ganz allein unterwegs. An der Bar kamen wir miteinander ins Gespräch und irgendwann hieß es: ‚Das kannst du mir doch morgen in der Lobby nochmal erzählen und wir nehmen das auf.‘ Daraufhin haben wir gleich am nächsten Morgen noch in der Hotel-Lobby die ersten Themen gedreht - das war im März 2022. Die Chemie zwischen uns stimmte sofort. Später kam Alexander Riedel die Idee, wir könnten den Film ja auch zusammen machen.

???: Wie genau sahen die Dreharbeiten für Sie aus? Was ist Ihre Rolle im Rahmen des Filmprojekts?

Özden Terli: Wir Meteorologen sind ja immer irgendwie im Mittelpunkt, aber bei Dreharbeiten an verschiedenen Orten zu sein, das war nochmal etwas Spezielles für mich. Oft war ich einfach ich selbst und Alexander Riedel hat mich mit der Kamera begleitet, während ich zentrale Orte erkunde und mit den verschiedensten Menschen spreche.

Es gibt ja zwei Filme: Den Dokumentarfilm, der am 21. Oktober auf 3sat laufen wird, und den wissenschaftlichen Film am 21. November. Den ersten Film „Wind – Die Vermessung des großen Luftozeans“ bekomme ich vorher gar nicht zu Gesicht. Ich lasse mich einfach überraschen, wie das wird und will es gar nicht vorher sehen. Es wäre zu schade, wenn ich schon alles wüsste.

Beim zweiten Film, der Wissenschaftsdokumentation „Wind im Klimawandel. Wetterextreme durch globale Erhitzung“, bin ich tatsächlich Protagonist. Es kommen viele meteorologische Elemente vor, die erklärt werden müssen. Das gilt auch für die größeren Zusammenhänge und die Personen, mit denen wir sprechen - das muss alles eingeordnet werden.

???: Wen durften Sie denn für die beiden Filme treffen?

Özden Terli: Wir haben wirklich mit sehr interessanten Persönlichkeiten gesprochen, zum Beispiel mit Geo-Physiker Ernst Rauch von der Münchner Rückversicherungs-Gesellschaft, mit der Juristin Roda Verheyen und dem Klimaforscher Markus Rex. Wir haben versucht, besonders im Dokumentarfilm, ein Gesamtbild aufzuzeigen. Der wissenschaftliche Film ist eher enger gefasst, weil er mehr versucht, die Zusammenhänge zu erklären.

???: Was unterscheidet denn diese Art von filmischer Aufbereitung von einem rein wissenschaftlichen Dokumentarfilm?

Özden Terli: Als Alexander Riedel und ich uns das erste Mal trafen, erzählte er mir von einem poetischen Ansatz mit schönen und beeindruckenden Bildern, aber auch, dass es ein durchaus wissenschaftlicher Film werden soll. Je länger wir uns unterhielten, desto mehr richtete sich unser Gespräch auf das Thema Klima. Weil Klima, Wetter und Wind sowieso so eng miteinander verzahnt sind, lässt sich das ja auch gar nicht mehr voneinander trennen.

???: Inwiefern hängen denn Klimawandel und das Phänomen Wind zusammen?

Özden Terli: Beides hängt sehr stark miteinander zusammen. Wir wissen ja - damit steigt auch der Film ein - dass wir die Strahlung von der Sonne abbekommen. Diese Strahlung kommt aber unterschiedlich auf unserem Planeten an – am Äquator stärker als am Nordpol zum Beispiel. Dadurch gibt es ein Ungleichgewicht und die Natur versucht dieses Ungleichgewicht auszugleichen. Dieses Ausgleichen ist das Wetter. Durch Windsysteme wird Energie, wird Wärme über weite Strecken transportiert, um einen Ausgleich zu schaffen. Das klappt natürlich nicht, weil die Sonne ja permanent auf uns strahlt. Dadurch, dass wir der Atmosphäre CO2 zufügen, bauen wir eine Barriere auf, durch die sich die Wärme weiter verstärkt und auf dem Planeten bleibt. Und auch hier wird von der Natur versucht, einen Ausgleich zu schaffen. Das gelingt ebenfalls nicht und dadurch wird das Wetter extremer, die Regenmengen werden extremer und auch der Wind wird extremer, weil die Luftmassen-Gegensätze stärker werden. Es hat alles einen direkten Bezug – es sind Klimafolgen.

Klima wird ja oft definiert als Durchschnitt einer Temperatur – wir schauen, wie warm es zwischen 1961 bis 1990 war, versuchen einen Bezug herzustellen und sagen: ‚jetzt ist es wärmer als in dieser Referenzperiode‘. Aber das ist hier gar nicht gemeint: Es ist die Physik gemeint, nämlich, dass sich die Erwärmung da draußen mittlerweile auf das Wetter auswirkt. Diese Auswirkung wird immer extremer. Es ist auch kein Zustand, sondern ein dynamisches ‚Weiter-so‘. Das, was wir vor drei Jahren als extrem bezeichnet haben, das verschärft sich immer weiter. Das ist leider eine Sache, die nicht verstanden wird, sonst wäre unser Handeln – vor allem unser politisches Handeln – ein komplett anderes.

Durch die Erhitzung weltweit entstehen immer mehr Extremwetterereignisse. Özden Terli und Filmemacher Alexander Riedel zeigen in zwei Filmen auf, was die Naturkraft Wind ausmacht und welche Auswirkungen sie hat | Foto: ohenze/stock.adobe.com
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???: Hatten Sie durch die Dreharbeiten die Gelegenheit, dem Phänomen Wind nochmal unter einem ganz anderen Aspekt zu begegnen?

Özden Terli: Für mich war es sehr spannend zu sehen, wie Menschen mit dem Wind umgehen oder wie sie auf Wind angewiesen sind. Es gibt zum Beispiel eine Gruppe von Menschen, die in der Namibwüste nur von der Feuchtigkeit, die der Wind vom Ozean in die Wüste treibt, leben. Die Pflanzen dort wachsen nur durch diese Feuchtigkeit und die Extrakte dieser Art Kürbispflanze wiederum, wird von den Menschen verkauft. Das ist dann ihr Einkommen. Das ist eine sehr spannende Sache, zu der wir im Film sehr schöne Bilder sehen werden.

???: Gab es Momente während der Dreharbeiten, die sie besonders berührt oder beeindruckt haben?

Özden Terli: Für mich war es schon sehr beeindruckend auf dem Gletscher hinter der Zugspitze, dem Schneeferner, zu stehen und zwar an einem Tag, an dem es - genau wie die Tage zuvor - sehr warm war und wir sehen konnten, wie das Wasser da runterrauschte. Dieses Runterrauschen bedeutet ja einfach, dass der Gletscher schmilzt. Im Prinzip verschwand der Gletscher direkt vor unseren Augen. Dieser Moment war sehr bewegend – ich glaube für uns alle.

???: Was ist Ihr ganz persönliches Anliegen in Bezug auf diese Themenreihe im Oktober und November?

Özden Terli: Mein Anliegen ist es immer, ein Gesamtbild zu zeigen. Das man nicht nur sieht ‚Hier schmilzt ein Gletscher‘, sondern begreift, wie das insgesamt zu sehen ist und dadurch ins Handeln kommt. Es ist ja eine globale Veränderung an allen Ecken. Alles verändert sich gleichzeitig und das ist etwas, was Menschen meiner Meinung nach besser verstehen sollten. Die Probleme sind global – alle haben gleichzeitig Probleme und müssen diese auch alle gleichzeitig angehen. Das Thema Klima ist kein Einzelthema, sondern es ist ein Querschnittsthema, das alle Bereiche berührt - das Soziale, das Miteinander, die Wirtschaft – alles, was um uns herum passiert, wird davon beeinflusst. [sic]

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Autor:

Jessica Bader aus Mannheim

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