Vier Werke der Ausstellung in Kunsthalle im Internet
Anselm Kiefer digital
Mannheim. Seit drei Monaten steht die Anselm-Kiefer-Ausstellung in der Mannheimer Kunsthalle. Wegen der durch die Corona-Pandemie geltenden Einschränkungen konnte die Schau von 18 Werken, die aus der Sammlung des im Mai 2019 verstorbenen Hans Grothe stammen, jedoch noch nicht eröffnet werden. Seit Montag sind wenigstens vier der Werke Kiefers in einer digitalen Präsentation zu sehen.
Möglich macht das Betrachten eines Teils der Ausstellung eine Kooperation mit dem ZDF, das im Internet eine „Digitale Kunsthalle“ eingerichtet hat. Dank einer besonders hohen Bildauflösung könne das Publikum die komplexen Strukturen und Oberflächen der Werke realitätsgetreu erleben, heißt es in einer Pressemitteilung des ZDF.
Ein umfangreiches digitales Rahmenprogramm soll schon vor der Eröffnung der Ausstellung Neugierde wecken. In seinem virtuellen Ausstellungshaus zeigt ZDFkultur neben einer Skulptur aus der Reihe „Frauen der Antike“ (2006) die Installation „Der verlorene Buchstabe“ (2011–2017) sowie die Arbeiten „Jaipur“ (2005) und „Der fruchtbare Halbmond“ (2010). Ergänzt wird die Präsentation um eigens produzierte Videoclips mit Erläuterungen zu den ausgestellten Werken von Johan Holten, dem Direktor der Kunsthalle.
Die von Sebastian Baden kuratierte und bis zum 22. August verlängerte Ausstellung verbindet drei entscheidende Werkgruppen miteinander: Von frühen Arbeiten wie „Die Große Fracht“ (1981/1996) mit appliziertem Bleiflugzeug über die 14 Meter große Installation „Palmsonntag“ (2007), die zum ersten Mal in Deutschland gezeigt wird, bis zu der raumgreifenden Skulptur „Der verlorene Buchstabe“ (2011-2017) werden monumentale Bilder und Skulpturen präsentiert. Durch die großen, offenen Räume des 2018 eröffneten Neubaus der Kunsthalle können die zum Teil überdimensionalen Arbeiten Kiefers ihre volle Wirkungskraft entfalten.
Zusammen mit zwei großformatigen Gemälden in einem Raum ausgestellt, spannt Kiefer in seiner Installation „Palmsonntag“ laut Pressemitteilung der Kunsthalle den Bogen vom Alten ins Neue Testament und rücke damit die kulturhistorische Macht jenes Moments in den Ausstellungsraum, als laut Überlieferung Jesus in Jerusalem einreitet. „Die Palme liegt als Ganzes quer im Raum und ist umgeben von einem Bilderfries aus getrockneten und mit Gips überarbeiteten Pflanzenteilen. Die Installation des Baumes erinnert zugleich an das liegende Kreuz und damit an die Idee der Auferstehung“, so der erläuternde Text.
Nicht nur durch ihre reine Größe, auch durch ihre haptische Materialität – die Lieblingswerkstoffe des Künstlers sind Asche und Blei – sind die Werke Anselm Kiefers überwältigend. Seine in aufwändigen Arbeitsprozessen entstehenden Skulpturen und Gemälde setzt Anselm Kiefer zusätzlich den Elementen, wie Wind, Wasser und Feuer oder sogar der Elektrolyse aus, sodass die Patina der Natur auf den Werkoberflächen sichtbar wird.
Der 1945 in Donaueschingen geborene Anselm Kiefer erlangte große Bekanntheit, indem er die Tabus der deutschen Nachkriegszeit offensiv anging. Seit seinem Umzug nach Frankreich 1993, wo er bis heute lebt und arbeitet, widmet er sich verstärkt der Verbindung von jüdischer und christlicher Religion, den Mythen und mystischen Lehren der Weltkulturen sowie den Medien der Erinnerungskultur. gai/ps
Weitere Informationen:
https://digitalekunsthalle.zdf.de
https://www.kuma.art/
Autor:Christian Gaier aus Mannheim |
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