Dieses Jahr 82 Jungstörche in 44 Nestern gezählt
Bauboom im Mannheimer Luisenpark
Mannheim. Mit 82 gezählten Jungstörchen im Luisenpark blicken die Parkbetreiber auch dieses Jahr wieder auf eine bemerkenswerte Nachwuchs-Schar bei Adebar. Den Rekord von 91 Storchenbabys aus dem letzten Jahr konnten die beliebten Federtiere damit zwar nicht brechen, aber das sei kein Grund zur Sorge, sagt Christine Krämer, die zoologische Leiterin des Luisenparks. Im Gegenteil sogar: „Trotz eines Kälteeinbruchs in den Vormonaten hat es wenig Ausfälle gegeben.“ Mit insgesamt 44 Brutpaaren in 44 Nestern, von denen letztendlich 35 erfolgreich Nachwuchs bekommen haben, verbucht der Luisenpark allerdings doch einen neuen Höchststand: Letztes Jahr waren es noch 42 Pärchen, die verliebt in ihren Nestern klapperten. Im Herzogenriedpark gibt es drei Jungtiere von einem Brutpaar zu vermelden.
Die störchische Erfolgsgeschichte im Luisenpark geht also weiter. Ihre Anfänge fand sie, wie Christina Krämer erzählt, im Jahr 1975 zur Bundesgartenschau. „Damals hatte man so genannte Lockpaare, die zum Beispiel in Volieren gehalten wurden, eingesetzt. Sie sollten Störche zum Brüten anziehen.“ Und es waren tatsächlich auch immer mal wieder Störche zu Gast, die jedoch wieder wegzogen. Doch dann, im Jahr 1985, kam Manfred. Und alles änderte sich. Der bulgarische Wildstorch, wahrscheinlich einst von Schmugglern nach Deutschland gebracht, blieb und legte damit den Grundstein für die stetig wachsende Storchenpopulation in Mannheims beliebtem Stadtpark. „Er hat bis 2016 bei uns gelebt“, so Christina Krämer, die davon ausgeht, dass er heute nicht mehr unter uns weilt. „Zumindest habe ich ihn schon lange nicht mehr gesehen“, sagt sie. Er könnte in etwa sagenhafte 37 Jahre alt geworden sein. Das Durchschnittsalter eines Weißstorchs in freier Wildbahn liegt hingegen eher bei acht bis zehn Jahren.
Manfreds erste Frau, mit der er 1985 Nachwuchs zeugte, war eine Französin aus Straßburg. „Mit ihr hat er quasi die Wildkolonie des Luisenparks gegründet“, sagt die Zoologin. Denn Störche brüten laut ihr gerne in Kolonien. Und sein Nest zog wiederum andere an. Seinem Storchendamengeschmack blieb Manfred nach dem Tod der Straßburgerin sogar treu. „Seine zweite Frau war auch eine Französin“, erzählt Christine Krämer mit einem Lächeln. An sich kommen die Störche, die sich im Luisenpark niederlassen, einerseits aus der Region, aber auch aus Ländern wie Frankreich, Schweiz oder Spanien.
Die Beweggründe, warum die Störche zu Manfreds Anfangsjahren eventuell nicht mehr aus dem Luisenpark weggezogen sind, sind nicht endgültig bekannt. Aber es gebe eine witzige Vermutung, so Christine Krämer, die damit ein wenig auf das Zugverhalten der großen Vögel eingeht. Laut ihr gebe es nämlich Tiere, die ihre Route ins Winterquartier über den Osten nehmen, und Tiere, die eine Westroute bevorzugen. Und das hat beim Aufeinandertreffen von Ost- und West-Ziehern im Luisenpark möglicherweise für Verwirrung gesorgt. „Vielleicht waren sie konfus, wussten einfach nicht mehr, wohin sie sollten – und blieben“, so die Tierexpertin lachend.
Gefüttert werden die Zugvögel im Luisenpark übrigens nicht. Das sei auch nicht nötig, so Christine Krämer. „Das Nahrungsangebot ist groß genug, auch im Winter.“ Wählerisch seien die Tiere bei ihrer Nahrung nicht, was allerdings auch problematisch sein kann. „Störche haben keinen ausgeprägten Geschmackssinn, sondern es läuft viel über die Optik. Und so wandert auch vermeintliche Nahrung in den Schnabel, die keine ist“, erklärt die zoologische Leiterin. Eine Zeit lang tauchten immer wieder lange Silikonreste in den Nestern auf, die die Störche vielleicht für Würmer hielten. „In diesem Jahr haben wir glücklicherweise davon deutlich weniger als in den beiden Vorjahren gefunden.“ Woher diese merkwürdigen, langen Silikonstücke stammten, kann sich Christine Krämer und ihr Team nicht erklären.
Die Nester der Störche verteilen sich großzügig im Park. „Manfreds Stammnest ist eines der tollsten, die wir hier haben“, schwärmt Christine Krämer. Es befindet sich nach wie vor auf dem Gärtnereikamin im Wirtschaftshof und ist das höchste Nest des Luisenparks. Einer, der sie vermutlich alle kennt, ist Helmut Stein, Weißstorchberinger im Auftrag der Vogelwarte Radolfzell. Er beringt die Jungstörche jedes Jahr, um einen Überblick über die Population zu behalten. Doch auch in dieser Hinsicht gibt es Positives zu berichten. Während die Weißstörche in den 1980er Jahren noch als streng bedroht galten, hat sich durch Schutzprogramme Einiges getan. „Zumindest in Baden-Württemberg hat sich die Weißstorch-Population zwischenzeitlich wieder gut entwickelt“, so die zoologische Leiterin Christine Krämer. Und so können sich die Parkbesucher jedes Jahr aufs Neue über die Vielzahl klappernder Gesellen freuen, bevor sich die Jungstörche im August auf ihre erste Reise machen – gefolgt von den Erwachsenen, die jedoch etwas später in wärmere Regionen ziehen. Aber nicht alle: Rund zehn bis 15 Störche fühlen sich in der Region so wohl, dass sie in Mannheim bleiben. ps
Autor:Christian Gaier aus Mannheim |
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