Ganz großes Tennis - Gerald Marzenell ist 54. Mannheimer Bloomaul
Mannheim.Ein Mannheimer durch und durch. Wenn Gerald Marzenell an seine Kindheit in Seckenheim zurückdenkt, sprudeln die Anekdoten nur so aus ihm heraus. Mit strahlenden Augen erzählt er von der morgendlichen Fahrt zum Lessing Gymnasium, auf der die Hausaufgaben von den Mitschülerinnen abgeschrieben wurden, oder vom Kicken auf dem Bolzplatz.
von Jessica Bader
Sport hat schon immer sein Leben geprägt. Aber dass schlussendlich Tennis sein Lebensmittelpunkt werden würde, war nicht immer klar. „Mein Herz hat mit acht, neun Jahren angefangen für den Fußball zu schlagen. Ohne Wenn und Aber war das meine Leidenschaft. Wir haben jeden Tag gespielt“, blickt Marzenell zurück. Später am Lessing Gymnasium trainierte Fips Rohr den 16-Jährigen und bereitete die Mannschaft für „Jugend trainiert für Olympia“ vor.
Ein Schlüsselerlebnis und ein Vorsatz
Eine seiner Halbzeitpredigten ist ihm noch heute im Gedächtnis und stellt ein Schlüsselerlebnis auch für Marzenells spätere Trainertätigkeit dar. Rohr behielt die Mannschaft in der Halbzeitpause trotz strömenden Regens auf dem Feld und schwor sie darauf ein, dass sie die Chance hätten, alles zu erreichen. Letztendlich wurde die Mannschaft Deutscher Vizemeister und Gerald Marzenell nahm sich vor: „Wenn ich später mal selbst aktiv bin als Trainer, dann will ich den Kindern und Jugendlichen genau das mitgeben - was man erreichen kann, wenn man zusammenhält.“ Für ihn schloss sich ein Kreis, als er nach der Verkündung, er werde das neue Bloomaul, las, dass Fips Rohr diese Auszeichnung bereits 1981 erhalten hatte.
Als ihm das Verleihungsgremium, bestehend aus Bert Siegelmann, Markus Haass und Achim Weizel, Ende Oktober verkündete, dass er das Bloomaul 2024 werden solle, war Gerald Marzenell vollkommen überrascht. Damit hatte er absolut nicht gerechnet, „nicht eine Sekunde“. Bis Dezember hieß es dann allerdings absolute Geheimhaltung. Umso überwältigender war für Marzenell die Resonanz auf die öffentliche Bekanntmachung. Innerhalb eines Vormittags erreichten ihn zwischen 170 und 200 Anrufe - Menschen die ihn zu dieser großen Ehre beglückwünschen wollten. Unter den Anrufern waren auch viele Schulfreunde, sogar ein Mitschüler aus Grundschulzeiten.
Gerald Marzenell denkt gerne zurück. Viele Erinnerungsstücke hat er immer im Blick. Im Wohnzimmer seiner Feudenheimer Wohnung stehen Sportpokale neben Familienfotos, Fasnachtsorden sind in einer Vitrine zu sehen sowie Bierkrüge vom verstorbenen Vater und die Bettflasche aus Kindertagen. An seine vielen Reisen erinnern Mitbringsel - zum Beispiel aus Südafrika, Australien oder Mexiko. Zwischen 70 und 75 Länder habe er durch den Sport bereisen können, berichtet Marzenell. Doch sein Herz schlägt in und für Mannheim. „Seiner Stadt“ und dem TK Grün-Weiss ist er immer verbunden geblieben.
Vom Bolzplatz auf den Tennisplatz
Dabei ist er eher zufällig auf dem Tennisplatz gelandet. Der jüngere Bruder war es, der auf den neu gebauten Plätzen des TC Kurpfalz an der Waldrennbahn mit dem Tennisspielen begonnen hatte. Wenig später, mit elf Jahren, erhielt auch Marzenell seine erste Trainerstunde und wechselte ab da unter der Woche zwischen Fußball- und Tennistraining. Besonders problematisch war der Samstag - Turnier- und Spieltag bei beiden Sportarten. Mit 14 dann musste eine Entscheidung her. „Ich habe mit mir gekämpft, mich drei Tage in mein Zimmer eingeschlossen, weil ich nicht wusste, was ich tun sollte“, erinnert Marzenell sich.
Training mit Boris und Steffi
Die Entscheidung fiel für den Tennissport und in kürzester Zeit folgten enorme Erfolge: Mit 15 holte er sich den Badischen Meistertitel und trainierte dann im Landesleistungszentrum unter Boris Breskvar. Gerald Marzenell war Teil der Gruppe, in der auch Boris Becker und Steffi Graf trainierten. Von zwölf Kindern waren später acht unter den Top 200 der Weltrangliste. Der Kontakt, darauf ist Gerald Marzenell stolz, besteht über die ganzen Jahre hinweg.
Für den Tennisklub Grün-Weiss spielte er erstmals 1981 in der Bundesliga. In den folgenden 16 Jahren bestritt er insgesamt 213 und damit die meisten Bundesligaeinsätze eines Spielers in Deutschland jemals. Weitere Highlights seiner Laufbahn sind der Meistertitel im Herrendoppel (1992) sowie zwei Deutsche Mannschaftsmeisterschaften. Unter ihm als Chef-Trainer bei Grün-Weiss holte die Bundesligamannschaft sechs Mal den Meistertitel nach Mannheim.
Den Nachwuchs fördern und begeistern
Wenn er gerade die Anfangszeit seiner Karriere reflektiert, wird deutlich: „In dieser Zeit hätte ich jemanden gebraucht, der mich betreut und begleitet.“ Und so entsteht der Wunsch, genau das später machen zu wollen. Von 1991 bis 1993 als Co-Trainer von Boris Breskvar in dessen Tennisakademie bekommt er die Chance dazu und bald darauf wird er als Verbandstrainer in Baden verpflichtet (1993 bis 1995). Später wird Marzenell Co-Trainer des Deutschen Damen Fed-Cup Nationalteams und Nationaltrainer des B-Kader Nachwuchses weiblich. Es folgen zahlreiche Stationen und Erfolge als Trainer.
2003 gründete er dann beim Tennisklub Grün-Weiss die Tennisschule Marzenell & Steinbrenner. „Mein Hobby ist mein Beruf geworden“, fasst es Gerald Marzenell zusammen. Die Arbeit mit Nachwuchstalenten begeistert ihn jeden Tag aufs Neue. „Man denkt Tennis ist ein Sport nur für Individualisten, doch mit dem richtigen Team drumherum kann ein Individualist noch einen viel größeren Erfolg erzielen.“ Diese Erkenntnis zieht sich durch Marzenells Leben und wird ihn sicherlich auch in seinem neuen „Amt“, als Mannheimer Bloomaul, begleiten.
Am Sonntag, 18. Februar, wird Gerald Marzenell der in Mannheim als höchste bürgerschaftliche Auszeichnung gewertete Bloomaulorden im Oststadttheater im Rahmen des Stückes „Die Tanzstunde“ von Mark St. Germain verliehen. Die Laudatio auf den „Neuen“ hält sein Vorgänger Thomas Siffling, das Mannemer Bloomaul 2023. [sic]
Die "Bloomäuler" der letzten Jahre:
Autor:Jessica Bader aus Mannheim |
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