Narrengottesdienst in St. Franziskus
„In der Kerch, moin Schatz,

„In der Kerch, moin Schatz, des haldsch im Kopp net aus, geh’n die Narre alle heit mol oi un aus…
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Narrengottesdienst in St. Franziskus

(BT) Inzwischen hat er Kultstatus. Zum 29.Mal bebte die vollbesetzte Kirche St. Franziskus am Taunusplatz auf dem Waldhof beim Närrischen Gottesdienst. Be-sinnlich und lustig ging es wieder zu. Der etwas andere Gospelchor „Joyful Voices“, der bereits seit dem ersten närrischen Gottesdienst im Jahre 1995, sie traten damals noch als „Rotes Mikrofon“ unter der Leitung von Friedemann Stih-ler auf, sorgten bereits eine halbe Stunde vor Beginn des Gottesdienstes mit einem „Warm-Up“ mit provokativen Liedern wie „Laut sein“, aber auch Gospels wie „This little light of mine“, „Bless the Lord“ oder auch „Days of Elijah“ für mitrei-ßende Stimmung. Musikalisch verstärkt wurden sie einmal mehr durch die drei Bandmitglieder Volker, Alex und Peter. Sehr zum Bedauern der Chormitglieder muss der Chor künftig auf eine ihrer Bassstimmen, Bohdan, verzichten, der auch als Klarinettist die Stimmgewalt des Chores in den letzten Jahren bereichert hatte.
Das Stadtprinzenpaar Sarah I. von den Rheinauer Sandhase und Marco II. vom Großen Feuerio gaben sich an diesem Morgen die Ehre, ebenso wie Vertreter des benachbarten CCW, der Sandhofer Stichlern, des Mannheimer Traditionschorps, der Fröhlich Pfalz sowie des Narrenschiffs zum Teil mit ihren Lieblichkeiten nebst Gefolge. Auch von driwwe (aus der Pfalz) war Besuch da, die Dürkheimer Kraw-ler.
Seit der Narrengottesdienst 1995 aus der Taufe gehoben wurde, wird er eingeleitet mit dem närrischen Lied „In der Kerch, moin Schatz, des haldsch im Kopp net aus, geh’n die Narre alle heit mol oi un aus…“, bei dem alle eingeladen sind, mit zusingen und mitzuklatschen. Wohl dem, der monnemarisch schwätze kann und den Text versteht.
Miriam von den JV übernahm die Moderation für den musikalischen Teil und Diakon Thomas Friedl von der „Fröhlich Pfalz“ den geistlichen Teil des Gottesdienstes, von der Begrüßung, über das Geistliche Wort, bis zum Vaterunser und dem abschließenden Segen. Pointiert wie immer, egal ob gereimt oder nicht, immer gesellschaftskritisch und närrisch, betonte er den freude- und wärmeschaf-fenden Verdienst von Fasnacht für die Menschen, malte deren kulturprägende und die gesellschaftliche Ordnung persiflierende Bedeutung aus, kurz in drei Worten zusammengefasst bedeute Fasnacht Frieden, Freiheit, Frohsinn. Die große Friedenstaube, die am Ambo hing, unterstrich bildhaft seine akzentuierten Ausführungen und spekulierte, sicher nicht zu Unrecht, dass auch Jesus mitgemacht und mitgelacht hätte. Gelacht wurde auch, gelacht wurde viel, zwerchfellerschütternd viel. Verantwortlich dafür waren nicht zuletzt die närrischen Einlagen von Fasnachtsengel Jokus und Frl. Baumann.
Der unvergleichliche Vollblutfasnachter Horst „Hotte“ Siegholt flog ein mit einem Halleluja und Ahoi als Himmelsbote „Jokus“ und berichtete, scharfzüngig wie eh und je, von seinem himmlisch närrischen Stammtisch, wo diskutiert wird, wo denn mehr Kokolores gemacht werde, an einschlägigen Beispielen festgemacht, in der aktuellen Berliner Politik oder doch in der Fastnacht.
Und der Weinheimer Kabarettist Dr. Markus Weber verwandelte sich – „nicht real, aber wirklich“ mit einem Dreh um die eigene Achse – in sein Alter Ego Frl. Baumann und ließ die Gottesdienstbesucher teilhaben an seinen urkomischen All-tagsbegebenheiten mit Frl. Baumann und ihren Freundinnen Lisbeth und Greta. Uwe Grundei betonte einmal mehr, dass solche speziellen Gottesdienste auch ei-nem caritativen Aspekt haben, und zwar anderen Menschen, denen es nicht so gut geht, etwas Gutes zu tun. Dieses Jahr wurde erneut für einen guten Zweck gesammelt und am Ende des Gottesdienstes konnte er eine wahrlich stolze Kollekte von 1.600 Euro verkünden.
Die von den Joyful Voices gewählten Lieder und Gospels zogen die närrischen Besucherinnen und Besucher nicht nur mit Schwung und Frohsinn klatschend von ihren Bänken, es fanden auch überaus kritische und aufrüttelnde Lieder Gehör wie etwa das Lied „Laut sein“ von Oliver Gies oder „Man in the Mirror“ von Michael Jackson mit der Botschaft „Ich fange bei mir an, beim Menschen, der mir aus dem Spiegel entgegenblickt, und engagiere mich oder tue etwas für eine bessere Welt oder einfach für einen guten Zweck“. Auch das ist Fasnacht.
Mit „Oh Happy Day“ und der nicht enden wollenden Hymne „Amen“ versammelten sich schließlich alle närrischen Lieblichkeiten und anwesenden Akteure auf der Bühne – oder besser gesagt, im Altarraum. Der eine oder die andere hätte vielleicht noch etwas Nachhilfe beim (wirklich so schwierigen?) Liedtext gebrauchen können, um im nächsten Jahr vielleicht doch mitsingen zu können. Denn letztlich sind die beiden Begriffe „Ahoi“ und „Amen“ gar nicht so verschieden – beide unterstreichen das zuvor Gesagte auf ihre ganz eigene Art.

Text : Beata Tilg - Bilder: Wolfgang Neuberth

Autor:

Wolfgang Neuberth aus Mannheim-Nord

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