Unterwegs mit dem 9-Euro-Ticket
Mannheimerin schildert ihre Erlebnisse
Von Marion Schatz
Mannheim. Eigentlich bin ich ja eher Autofahrer, weil es für mich einfach bequemer ist. Inzwischen steige ich aber immer öfter um auf das Fahrrad, der Umwelt zuliebe und natürlich auch wegen der Fitness. Aber genau genommen fahre ich ja auch gerne mal mit der Bahn, da kommt das 9-Euro-Ticket gerade recht. Derzeit haben mein Mann und ich nämlich recht viele (Arzt-) Termine in Heidelberg und Mannheim. Dort kommt man mit dem ÖPNV ganz gut hin, es ist aber teuer. Für uns beide sind das mal schlappe 11.20 Euro. Da ist sogar das teure Parkhaus billiger.
Zahlen mit 20-Euro-Schein nicht möglich
Aber mit dem neuen Ticket macht es natürlich Sinn. Da stört es auch nicht wirklich, dass man die Tickets am Automaten nur einzeln kaufen und auch nicht mit einem 20 Euro Schein bezahlen kann, weil der Betrag dazu zu gering sei. Nachdem diese erste Hürde genommen war, ging es los in Richtung Heidelberg. Einmal am frühen Vormittag und einmal schon morgens um 7 Uhr.
Was soll ich sagen. Die Bahn war nicht überfüllt, auch nicht morgens um 7 Uhr, sie kam pünktlich, wir waren begeistert und hatten ein gutes Gefühl, weil wir das Auto haben stehen lassen und so etwas für die Umwelt getan haben. Das machen wir wieder. Wir sind aber auch mit der Stadtbahn im Nahverkehr gefahren.
Die Bahn versagt
Bei der Deutschen Bahn sieht das im Fernverkehr wohl ganz anders aus, da war man mit dem Ansturm wohl vollkommen überfordert. Nun ist die Bahn für ihre Verspätungen ja bekannt. Das Chaos kam mit dem 9-Euro-Ticket. Und damit meine ich nicht die Verrückten, die wirklich nach Sylt gefahren sind. Ich meine die ganz normalen Menschen, die am Pfingstwochenende einfach mal raus wollten. Nun könnte man ja sagen, die Menschen hätten sich denken können, dass es voll wird. Die Bahn aber auch, aber sie haben versagt, wie die zahllosen Berichte über überfüllte Bahnhöfe und Züge, die niemanden mehr mitnehmen konnten, zeigten.
Dazu gehörte auch mein Sohn. Er wollte zu Rock im Park nach Nürnberg und nutzte das günstige 9-Euro-Ticket. Um es vorweg zu nehmen, er konnte nicht als neuer Kunde der Bahn gewonnen werden. Sein Zug sollte um 13.15 Uhr am Mannheimer Hauptbahnhof abfahren und wäre dann, mit vier Umstiegen, gegen 18 Uhr in Nürnberg gewesen.
Kein Zug ist pünktlich
Das Unternehmen scheiterte jedoch schon bei der Abfahrt in Mannheim. Der Zug hatte Verspätung, der Anschlusszug in Frankfurt war weg. So setzte sich das dann fort. Kein einziger Zug war pünktlich. Dass die Züge überfüllt waren und man Probleme hatte, überhaupt einen Stehplatz zu bekommen, muss man da gar nicht extra erwähnen. Nun, mein Sohn kam total entnervt und mit mehr als zwei Stunden Verspätung dann doch noch in Nürnberg an. Aber wie gesagt, so schnell macht er das nicht mehr. Eigentlich hatten wir uns ja überlegt, mit diesem Ticket mal unsere Kinder in Köln zu besuchen. Ich glaube aber, wir gönnen uns dazu doch lieber den teuren ICE und schonen unsere Nerven.
Nur kurze Strecken
Was wir aber auf jeden Fall machen werden, ist eine Zugfahrt mit unserer kleinen Enkeltochter. Sie wohnt in Köln und ist schon von Klein auf gewohnt, immer die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen. Bei einer solchen Fahrt erklärte sie mir einmal: „Oma, weißt du was, ich fahre ja so gerne mit der Bahn“. Diesen Wunsch werden wir ihr gerne erfüllen. Aber nur auf einer kurzen Strecke auf der wir möglichst auch nicht umsteigen müssen. Zum Beispiel in den Zoo nach Karlsruhe.
Das Fazit
Mein persönliches Fazit nach gut zwei Wochen 9-Euro-Ticket: Im nahen Regionalverkehr macht es durchaus Sinn, im Fernverkehr in meinen Augen eher nicht. Und anstatt ein Ticket zum Spottpreis deutschlandweit anzubieten, hätte man das Geld besser in den Ausbau des ÖPNV gesteckt. Ob man damit neue Fahrgäste auf die Schiene lockt, wage ich nämlich zu bezweifeln.
Autor:Christian Gaier aus Mannheim |
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