Neonazi-Eklat beim SV Waldhof Mannheim
Stadionsprecher tritt zurück
+++UPDATE+++
Mannheim. Wie Fußball-Drittligist SV Waldhof Mannheim am 19. Oktober, 14.59 Uhr, mitteilte, übernimmt der langjährige Stadionsprecher Stephan Christen nach den Vorfällen des Pokalspiels vom Vortag Verantwortung für sein Handeln und tritt mit sofortiger Wirkung von seinem Amt zurück.
Die Stellungnahme im Wortlaut: "Mir ist im Rahmen des Pokalspiels gegen den 1. FC Nürnberg ein Fehler unterlaufen, der mir nach 29 Jahren Tätigkeit als Stadionsprecher so nicht passieren darf. Bei der Widmung der Mannschaftsaufstellung habe ich einer verstorbenen Person gedacht, die der rechten Szene angehörte. Die Person und die Hintergründe waren mir persönlich nicht bekannt. Meiner Sorgfaltspflicht hinsichtlich der Recherche zum Hintergrund der Person bin ich nicht nachgekommen. Dieses tut mir von Herzen leid. Um Schaden vom SV Waldhof Mannheim abzuwenden übernehme ich die alleinige Verantwortung und trete aus freien Stücken mit sofortiger Wirkung zurück. Ich distanziere mich hiermit persönlich und ausdrücklich von jedem rechten Gedankengut. Dieses liegt mir komplett fern, und wer mich kennt weiß das auch. Mir tut es in der Seele weh, dass ich nach 29 Jahren mein Amt als Stadionsprecher niederlege. Ich werde dem Verein natürlich weiterhin die Treue halten," so Stephan Christen."
Weiter heißt es in der Pressemitteilung, dass sich sowohl Stephan Christen als auch alle Gremien des SV Waldhof Mannheim 07 von rechtem Gedankengut distanzieren und sich auch zukünftig wie in den vergangenen Jahren für Vielfalt, Toleranz und gegen Rassismus einsetzen.
Von Christian Gaier
Mannheim. Fußball-Drittligist SV Waldhof Mannheim hat bundesweit Schlagzeilen produziert. Allerdings nicht mit dem erhofften Sieg im Pokalduell mit Zweitligist 1. FC Nürnberg – das Spiel wurde mit 0:1 verloren – sondern mit einem handfesten Skandal. Dass der Stadionsprecher die Aufstellung der Mannheimer neben einer weiteren Person dem am 16. Oktober im Alter von 53 Jahren verstorbenen Neonazi Christian Hehl widmete, hat viele Menschen im und außerhalb des Stadions geschockt. Wie brisant dieses Ereignis ist, zeigt der Umstand, dass der SV Waldhof Mannheim am Dienstag, 18. Oktober, noch um 23.04 Uhr eine Pressemitteilung verschickte.
„Diese Aktion war vor der Partie nicht mit den Verantwortlichen des SV Waldhof Mannheim 07 abgesprochen. In einer ersten Aufarbeitung versicherte uns Stephan Christen die Personen und deren Vita nicht gekannt zu haben. Er wollte wie in den 29 vorangegangen Jahren üblich, ihm privat zugetragene Wünsche eigenständig erfüllen“, heißt es in der Stellungnahme. Der Verein kündigte an, „klare Regelungen zu schaffen, welche Personen genannt werden, eine Gedenkminute erhalten und in welchen Fällen ein Trauerflor von der Mannschaft getragen wird“. Dazu soll es einen Austausch mit dem Ehren- und Ältestenrat des SV Waldhof Mannheim geben. „Selbstverständlich distanzieren sich der SV Waldhof, sowie unser Stadionsprecher, weiterhin von rechtsradikalem Gedankengut“, versichert des SVW, der ankündigte, auch künftig „positive Zeichen für Vielfalt“ setzen zu wollen.
Interessanterweise ist von einer „ersten Aufarbeitung“ die Rede. Eine vertiefende Aufarbeitung ist auch dringend angezeigt. Es ist kaum zu glauben, dass die Personalie Christian Hehl dem Stadionsprecher nicht bekannt gewesen sein soll. In Waldhof-Fanforen in Sozialen Medien waren Tod und politische Gesinnung bereits vor dem Pokalspiel ein Thema. Abgesehen davon, dass Hehl ein bundesweit bekannter Neonazi war, hatte der SV Waldhof 2014 ein zweijähriges Stadionverbot gegen mehrfach vorbestraften Hehl verfügt, weil dieser Vereins-T-Shirts mit polizeifeindlichen Botschaften versehen hatte. Fest steht bereits jetzt, dass der Verein durch dieses öffentliche Gedenken an einen verstorbenen Neonazi einen erheblichen Imageschaden erlitten hat. Umso dringlicher ist es jetzt, nochmals zu hinterfragen, wie es dazu kommen sollte und dann notfalls auch konsequent zu handeln.
Autor:Christian Gaier aus Mannheim |
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