Mannheimer Demokratiepreis vergeben
"Wichtiges Signal für die Stadt"
Mannheim. Am Tag der Deutschen Einheit wurde erstmals der Mannheimer Demokratiepreis 2020 verleihen. Für ihre herausragenden Projekte wurden die Justus-von-Liebig-Schule, die Mannheimer Abendakademie und die Friedrich-List-Schule ausgezeichnet. Die Alevitische Gemeinde erhielt den Sonderpreis „Sprache“. Den mit insgesamt 5.500 Euro dotierten Preis hat ein Bürgerbündnis aus Kirche, Kultur, Schule und Sport ausgelobt. Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz betonte in seinem Grußwort, dass dieser Preis „ein wichtiges Signal“ sei für die gesamte Stadtgesellschaft.
Es sei wichtig, dass es Initiativen gebe, die sich auf einen solchen Preis bewerben, denn „unsere Gesellschaft braucht dieses Engagement dringend“, sagte Oberbürgermeister Kurz. Er betonte die besondere Rolle von Institutionen beim Schutz der Demokratie. Zudem sei die Dialogfähigkeit innerhalb der Gesellschaft die Voraussetzung für ein vernünftiges Miteinander, und diese drohe abhanden zu kommen. Deshalb sei es so wichtig, Möglichkeiten zum Dialog und Begegnungen zu schaffen.
Genau zwei Jahre vor der jetzigen Preisverleihung brachte der Initiator*innenkreis am Tag der Deutschen Einheit mit der Großveranstaltung „Für Demokratie, Menschlichkeit und Rechtsstaat“ mehr als 10.000 Menschen auf die Straße. Aus diesem Engagement erwuchs Anfang 2020 die Initiative zum Mannheimer Demokratiepreis. Mit ihm, betonte Prof. Deborah Heidrun Kämper nun am 3. Oktober bei der Preisverleihung im Eintanzhaus, werde in Mannheim ein Zeichen gesetzt. „Wir sind überzeugt: Mannheim braucht diesen Demokratiepreis, um das bürgerschaftliche Potenzial dieser Stadt zu ehren, Bekenntnisse zu demokratischen Werten zu würdigen und – sichtbar zu machen.“ Für Mit-Initiator Dekan Ralph Hartmann sind die innerhalb von wenigen Wochen eingereichten 21 Bewerbungen ein sehr beachtliches Zeichen für das breite Engagement für ein demokratisches Miteinander in Mannheim. „Wie ein roter Faden zieht sich durch alle Einreichungen die Frage, wie angesichts der wachsender Vielfalt von Lebensbedingungen und Lebensorientierungen ein gutes und friedliches Zusammenleben möglich ist“, so Hartmann. „Das stimmt mich mit Blick auf unser Miteinander in Mannheim zukunftsfroh.“
Den mit 2.500 Euro dotierten Preis erhielt die Justus-von-Liebig-Schule für ihre Projekte „Hand drauf“ und „Zusammenhalt und Solidarität in Vielfalt“. Bei „Hand drauf“ gestalteten rund 1.000 SchülerInnen eine Vorlage (ausgestreckte Hand) zum Thema Schule ohne Rassismus, mit ganz persönlichen Botschaften und oft in den Nationalfarben der Herkunftsländer. Das Projekt fand in allen Abteilungen und Klassen statt, das Thema Rassismus war Bestandteil vieler Unterrichtseinheiten. Die farbig gestalteten Handvorlagen wurden auf große Plakate aufgeklebt und im Treppenhaus der Schule aufgehängt. Mit dem Projekt „Zusammenhalt und Solidarität in Vielfalt“ entstehen individuell gestaltete Sitzmöbel auf dem Schulhof. In der gewerblichen Berufsschule lernen junge Menschen aus 60 Nationen und sind in einer Gemeinschaft zusammen. Insbesondere mit den beiden Projekten lernen sie „die demokratische Form von gemeinschaftlichem Agieren und Denken – ohne Ausgrenzungen, aber mit Berücksichtigung der unterschiedlichen kulturellen Prägungen. Die Beteiligung aller Schüler*innen macht die Projekte der Schule so besonders“, begründete Laudator Prof Dr. Alfried Wieczorek, Generaldirektor der Reiss-Engelhorn-Museen, die Entscheidung der Jury.
Für das Theaterstück „Treibholz. Ein Fundstück“ wurde das Projektteam der Mannheimer Abendakademie mit dem 2. Preis ausgezeichnet und freute sich über die damit verbundenen 1.500 Euro. Von leidenschaftlichen Amateurschauspieler*innen 2019 an mehreren Orten in Mannheim aufgeführt, geht „Treibholz“ der Frage nach, was eine Gesellschaft im Kern zusammenhält und wie ein gemeinsames Kulturgefühl entstehen kann. „In ihrem Tun, in ihrer gemeinsamen Arbeit, im gemeinsamen Handeln mit dem Ensemble mussten sie Grenzen überschreiten und sich, um den Zusammenhalt zu fördern, immer wieder neu verbinden – und das ist ihnen gelungen“, sagte Laudator Thilo Dieing, Vorsitzender des Stadtschülerrats Mannheim.
Den mit 1.000 Euro dotierten 3. Preis nahm die Friedrich-List-Schule für ihr Projekt „Kultur des Erinnerns“ mit nach Hause. An der Schule ist Demokratiearbeit ein fest verankerter fachübergreifender Schwerpunkt. Die Schüler*innen aus über 30 Nationen befassen sich durch die „Kultur des Erinnerns“ mit der Aufarbeitung der Geschichte und dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. „Die Kontinuität der Erinnerungsarbeit, die an dieser Schule geleistet wird sowie die Beteiligung der Schüler*innen der verschiedenen Schularten auf vielfältige Weise ist bemerkenswert“, sagte Laudator Tim Sperber.
Für besondere sprachliche Leistungen hat das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) einen mit 500 Euro dotierten Preis gestiftet. Diese Auszeichnung erhielt die Alevitische Gemeinde Rhein Neckar Kreis e.V. und die Alevitische Jugend Rhein Neckar für ihr Projekt „Colorful is beautiful! – Eine Aktion gegen Rechts und Alltagsrassismus“. Der Verein publiziert Straßeninterviews und Statements, in denen junge Menschen über ihre Erfahrungen mit Alltagsrassismus sprechen. Es erfordert Mut, eine Sprache insbesondere für eigene Erfahrungen zu finden, die lange Zeit kleingeredet wurden. Das Projekt spüre dem alltäglichen Rassismus nach, der sich vor allem darin zeige, wie die Menschen miteinander und übereinander sprechen. „Sprache hat Macht, Realität zu verändern oder zu zementieren, Grenzen zu ziehen oder zu überwinden und Zugehörigkeiten festzulegen“, sagte NTM-Schauspieldirektor Christian Holtzhauer in seiner Laudatio. „Worte sind Waffen. Wir müssen lernen, auf unsere Worte und die Wirkungen, die sie erzeugen, zu achten. Wir müssen aber auch lernen, über Rassismus zu lernen.“ Dafür leiste das Projekt „Colorful is beautiful!“ einen wichtigen Beitrag, der auch unter https://www.facebook.com/CemeviMannheim zu sehen ist.
Baren Alpayci vom Interkulturellen Haus Mannheim, die den Abend moderierte, dankte allen Bewerbern für ihre Einreichungen. Denn jedes der Projekte trage dazu bei, direkt und bei den Beteiligten die Sensibilität rund um das friedensstiftende Thema Demokratie zu stärken.Musikalisch wurde die Preisverleihung umrahmt von der Musikgruppe „Mosaik“ des Interkulturellen Hauses Mannheim.
Am 15. Juli 2020 hatte das Bürgerbündnis mit Vertreter*innen aus Kultur, Kirche, Schule und Sport erstmals den Mannheimer Demokratiepreis ausgelobt. Gemeinsames Anliegen ist, die Bekenntnisse zur Demokratie und damit zur Zivilgesellschaft, zu Teilhabe und zu einem respektvollen Miteinander in den Mittelpunkt zu stellen und zu würdigen. Bis zum Einsendeschluss am 7. September wurden 21 Beiträge eingereicht, aus denen die Jury vier Preisträger*innen für die mit insgesamt 5.500 Euro dotierten Preise auswählte. Der Mannheimer Demokratiepreis wird fortgesetzt. dv
Autor:Christian Gaier aus Mannheim |
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