Nächste Schritte im Aufholprogramm in Baden-Württemberg
Lernen mit Rückenwind
Baden-Württemberg. Am Montag, 8. November, startet die Schule nach den Herbstferien – und damit beginnt auch die nächste Phase des Aufholprogramms „Lernen mit Rückenwind“ (LmR). Vom 8. November an beginnen die teilnehmenden Schulen nach und nach mit ihren fachlichen Förderungen, um Lerndefizite aufzuholen. Weiterhin spielen auch die sozial-emotionalen Rückstände eine große Rolle bei der Arbeit mit den betroffenen Schülern.
Weitere Informationen zu „Lernen mit Rückenwind“:
Wie geht es nach den Ferien los?
In den vergangenen Wochen haben sich Schulen und Unterstützungskräfte beziehungsweise Kooperationspartner auf einem virtuellen Marktplatz registriert. Erste Vereinbarungen zur Zusammenarbeit sind getroffen. Das Personal, das bereits an den Schulen tätig ist, wie Lehrkräfte oder pädagogische Assistenten, und das sich für das Förderprogramm gemeldet hat, kann unmittelbar nach den Herbstferien mit der Förderung beginnen. Sukzessive werden Schulen hinzukommen, weitere Unterstützungskräfte einbezogen und weitere Kooperationsvereinbarungen abgeschlossen. Da das Programm auf zwei Jahre angelegt ist, können die Schulen ihr Förderkonzept stufenweise entwickeln und stetig an den Bedarf anpassen. Konkretes Beispiel: An einer beruflichen Schule im Regierungsbezirk Karlsruhe beginnt nun im November die Kooperation mit der Schülerhilfe vor Ort. Dabei stehen laut Vereinbarung Förderungen in Mathematik, Deutsch und Englisch auf dem Programm. Jeder Kurs umfasst jeweils zehn Termine mit einer Dauer von 90 Minuten.
Warum beginnen die Maßnahmen sukzessive?
Lernen mit Rückenwind ist so angelegt, dass das Programm sukzessive startet und als Prozess verstanden wird. Es ist ein sehr detailliertes Programm, bei dem darauf geachtet wurde, die Schulen und Leitungen von Mehraufwand zu entlasten. In der jetzigen Phase werden nach und nach die Verträge geschlossen. Deshalb startet Lernen mit Rückenwind jetzt mit Kooperationspartnern und Bestandslehrkräften, aber zum Beispiel noch nicht mit allen Unterstützungskräften. Um die weiteren, noch folgenden Vertragsabwicklungen unbürokratisch ausführen zu können, wird eine entsprechende Software zur Verfügung gestellt.
Wann startet das Programm dann konkret?
Den konkreten Startpunkt des Programms legen die Schulen vor Ort fest. Zunächst beginnen die Bestandslehrkräfte, es folgen dann sukzessive die Kooperationspartner und die einzelnen externen Unterstützungskräfte. Zudem bleibt der virtuelle Marktplatz geöffnet. Somit können auch Schüler gefördert werden, deren Förderbedarf sich erst im Laufe der beiden Schuljahre herausstellt. Mit dieser Flexibilität sollen den Kindern und Jugendlichen sowie den Schulen Spielräume gegeben werden, um auf die individuellen Bedingungen und die Voraussetzungen vor Ort eingehen zu können.
Wie lauten die aktuellen Teilnehmerzahlen?
Zum Stand 3. November haben sich knapp 4.500 Unterstützungskräfte auf dem virtuellen Marktplatz registriert. Hinzu kommen etwa 500 Kooperationspartner sowie 435 Kurse, die auf der Plattform von Schulen direkt ausgeschrieben wurden, also eine Art Stellenanzeige für Unterstützungskräfte. Für fast 2.000 Förderkurse sind Unterstützungskräfte „gebucht“ worden. Nicht angegeben werden kann die Zahl der Bestandskräfte an Schulen, die nicht über den virtuellen Marktplatz gefunden werden, sondern mit denen durch die Schulen direkt Vereinbarungen geschlossen werden.
Warum ist es schwierig, Zielzahlen zu definieren?
Da das Programm fließend angelegt ist und von der Nachfrage abhängt, ist es nicht möglich, genaue Zielzahlen zu definieren. Zudem zeigt das Missverständnis mit der benötigten Anzahl an Unterstützungskräften, warum es schwierig ist, mit Zahlen zu operieren. Zu Beginn waren 25.000 Unterstützungspersonen als Schätzung kommuniziert worden, die notwendig seien. Das war falsch, es ging um etwa 25.000 Gruppen. Da eine Person auch mehrere Gruppen übernehmen kann, sind die Zahlen zu unterscheiden. Zudem waren auch die 25.000 Gruppen eine Maximalkalkulation, die ganz zu Beginn des Programms aufgelegt wurde und mit der das Kultusministerium mittlerweile nicht mehr operiert. Denn es fließen zu viele Faktoren (freiwillige Nachfrage, Lernstand, Angebot, Länge und Größe der Kurse, Förderung im Regelbetrieb, etc.) ein – und diese Faktoren können sich auch im Laufe des Programms verändern. Hinzu kommt, dass auch Bildungsgutscheine zur Förderung verwendet werden können. Wenn ein Bildungsgutschein verwendet wird, sind dafür keine Unterstützungskräfte bei den Schulen notwendig beziehungsweise auch keine Gruppe, der Schüler kann dann direkt beim Kooperationspartner gefördert werden.
An was orientiert sich das Kultusministerium dann?
Der Ansatz ist, denjenigen Schülern, die mittels Lernstandserhebungen sowie aufgrund der Expertise der Lehrkräfte, die ihre Schüler am besten kennen, eine Förderung anzubieten. Hierfür werden den Schulen verschiedene Möglichkeiten an die Hand gegeben. Ziel ist es, so viele Lernlücken zu schließen wie möglich. Es wird von einem Programm über zwei Schuljahre gesprochen. Erst in der Umsetzung beziehungsweise bei den Evaluationen und Berichten wird sich zeigen, was die optimale Zielzahl an Unterstützungskräften ist. Der aktuelle Stand mit etwa 4.500 Unterstützungskräften und 500 Kooperationspartnern stimmt zuversichtlich, dass man auf dem richtigen Weg ist.
Welche Möglichkeiten gibt es, um Schüler zu fördern?
Grundsätzlich können Schüler integrativ im Unterricht und additiv, also außerhalb des Regelunterrichts gefördert werden. Es können Unterstützungskräfte im Unterricht den Lehrern helfen und sich um Einzelpersonen oder Gruppen kümmern. Zudem können Förderkurse an der Schule angeboten werden, sodass beispielsweise eine Fördergruppe eine Stunde länger Unterricht hat. Darüber hinaus können die Fördermaßnahmen im Rahmen des Ganztags implementiert werden, und die Schüler können mittels Bildungsgutscheinen bei Nachhilfeinstituten eine Förderung erhalten. Auch hier zeigt sich die Vielfalt an Möglichkeiten, um passend auf die Bedarfe vor Ort und die Voraussetzungen bei den Schülerinnen und Schülern zu reagieren.
Wie sehen die aktuellen Erkenntnisse bezüglich des Lernstands und der daraus resultierende Förderbedarf aus?
Sowohl die vorläufigen Ergebnisse von Lernstand 5 als auch die der Lernstandserhebungen VERA 3 und 8 verdeutlichen, dass der Förderfokus auf den Schülern liegen muss, denen das Lernen auch unabhängig von Corona ohnehin schwerfällt. Im Schnitt sind etwa 20 bis 25 Prozent aller Schüler besonders förderbedürftig. Dabei haben die „untersten“ fünf Prozent unter der Pandemie auch in Bezug auf ihren Lernfortschritt besonders gelitten. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass Corona Lücken gerissen hat, wenngleich diese im zweiten Corona-Schuljahr generell nicht größer geworden sind. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass Lehrkräfte sowie Schüler besser mit dem Fernunterricht zurechtgekommen sind.
Diese Lernstandserhebungen sind aber nur ein Teil der Diagnoseinstrumente zur Feststellung des pandemiebedingten Förderbedarfs. Schulen setzen insbesondere auch vor Ort etablierte Methoden unter Einbeziehung der Expertise ihrer Lehrer ein, die ihre Schüler am besten kennen. Hierbei helfen beispielsweise schriftliche und mündliche Lernstandsfeststellungen sowie Beobachtungen der Kinder und Jugendlichen.
All diese Ergebnisse sind Grundlage für das Förderkonzept der jeweiligen Schule. Und vor allem zeigen sie: Der Ansatz von Lernen mit Rückenwind ist richtig, das Programm zielt auf diejenigen Kinder und Jugendlichen ab, bei denen die Corona-Pandemie Lücken gerissen hat.
Wie steht Baden-Württemberg im Rahmen des Bund-Länder-Programms „Aufholen nach Corona“ da?
Der Bund hat viel Geld in die Hand genommen, um die Lücken bei Kindern und Jugendlichen zu schließen. Baden-Württemberg hat den Anteil der Fördermittel, die auf den Südwesten fallen, verdoppelt, um den Kleinen und Kleinsten der Gesellschaft zu helfen. Bei „Lernen mit Rückenwind“ liegt der Fokus auf einer passgenauen Förderung der Kinder und Jugendlichen sowie darauf, die Schulen so gut es geht beim damit einhergehenden Organisationsaufwand zu entlasten. Schüler, die eine Förderung benötigen, sollen diese erhalten – unabhängig von ihrem Alter, ihrer Schulart oder ihrem Wohnort. Denn es geht bei Lernen mit Rückenwind nicht nur grundsätzlich um Chancengerechtigkeit, diese soll auch in der Umsetzung eine Rolle spielen. Da sich beispielsweise auch bei LmR zeigt, dass die Versorgung mit Unterstützungskräften in ländlichen Gebieten schwieriger ist als im urbanen Raum, fußt das Förderkonzept auf mehreren Säulen. So können in Regionen, in denen sich weniger Unterstützungskräfte melden, beispielsweise Bildungsgutscheine zum Tragen kommen, um den Förderbedarf zu decken.
Sind Bewerbungen weiterhin möglich?
Ja. Der virtuelle Marktplatz ist weiterhin geöffnet. Demnach können sowohl Unterstützungskräfte und Kooperationspartner als auch Schulen weiterhin aktiv werden. Denn Lernen mit Rückenwind ist auf zwei Jahre angelegt und es ist auch so angedacht, dass hier noch länger Bewegung drin sein wird. ps
Weitere Informationen:
Detaillierte Informationen zum Aufholprogramm sind unter www.lernen-mit-rueckenwind.de abrufbar.
Direkt zur Bewerbung über das Portal www.lobw.de des Landes geht es hier.
Autor:Jessica Bader aus Mannheim |
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