Meistertrainer Helmut Lüthy gestorben
Disziplin und Menschlichkeit
von Peter Engelhardt
Mannheim. Unter dem Motto „Klassentreffen“ feierte Grün-Weiss Mannheim an einem schönen Spätsommerabend im September 2021 seine Meistermannschaften der vergangenen Jahrzehnte. Fester Bestandteil dieser nostalgischen Gratulationscour war natürlich auch Meistertrainer Helmut Lüthy. Es war sehr wahrscheinlich einer der letzten glücklichen Momente für ihn. Beim Gruppenfoto im Kreise seiner erfolgreichen Schützlinge strahlte er über das ganze Gesicht. „Ich habe so viele Jahre auf dieses gemeinsame Foto gewartet.“
Seit vergangenen Montag ist Grün-Weiss Mannheim, die Metropolregion Rhein-Neckar und die nationale Tenniswelt um eine großartige Persönlichkeit ärmer. Helmut Lüthy ist, wenige Tage nach seinem 83. Geburtstag, seiner schweren Lungenkrankheit erlegen.
„Ein Vogelhändler, der Wellensittiche verkauft, muss auch nicht fliegen können“ – dieser fast schon legendäre Satz, gesagt von Helmut Lüthy, wird immer mit ihm in Verbindung bleiben. Von der Laufbahn eines klassischen und erfolgreichen Tennis-Profis war der gebürtige Weinheimer weit entfernt. Gekickt hat er in jungen Jahren für Weinheim 09 und den VfR Mannheim, sein Geld hat er in der Unterhaltungselektronik verdient. Doch die eine oder andere Trainerstunde auf dem Tennisplatz hat seine Neugierde für den Sport mit dem kleinen gelben Filzball geweckt. Und so begann Anfang der 70er Jahre eine Tennis-Trainerkarriere auf Umwegen. Bereits 1981 wurde er Trainer bei Grün-Weiss Mannheim, 1988 erreichte Patrick Kühnen unter seiner Ägide das Viertelfinale in Wimbledon, dreimal gewann er als Teamchef mit Deutschland den Davis-Cup. Und damit nicht genug: Im Jahre 1993 führte er den Mannheimer Tennisclub zur ersten Deutschen Meisterschaft nach 71 Jahren. 1996 wiederholte er das Kunststück. Spieler wie Karim Alami, Dirk Dier, Carsten Arriens, Marcello Craca erlebten unter Lüthy ihre sportliche Blütezeit. Alexander Popp, Denis Gremelmayr, Marcello Craca, Markus Naewie und Simon Stadler sind nur einige der Spieler, die in der „Schleiferei Lüthy“ den zwischenzeitlichen Sprung unter die Top 100 der Welt schafften.
Im Jahr 2019 wurde er mit dem DTB-Trainer Award 2019 von Verbandspräsident Ulrich Klaus für sein Lebenswerk geehrt.
Rückblickend auf seine Karriere als Trainer ist diese Auszeichnung eine Würdigung ohne Wenn und Aber. Mit autodidaktischem Wissen, mit Detailversessenheit und enormer Disziplin hat sich Lüthy im Lauf der Jahre sein großes Wissen um den Weißen Sport angeeignet. Einen Ranglistenplatz oder Übungsleiterschein besaß er nie.
Nach seiner Zeit bei Grün-Weiss Mannheim gründete er das „Lüthy Duravit Team“. Auf dem Club-Gelände des TC Lützelsachsen arbeitete er mit ambitionierten und talentierten Jugendlichen, um ihnen das nötige technische und taktische Rüstzeug für eine mögliche erfolgreiche Tennis-Laufbahn zu ermöglichen. Für Lüthy stellte sich anfangs immer wieder die gleiche Frage: Was will ich erreichen? Was habe ich heute dafür getan?
„Disziplin, Wille, mentale Stärke in Grenzsituationen und vor allem und trotz aller harten Arbeit Spaß und Freude an der Schufterei sind die wesentlichen Bausteine für den langfristigen Erfolg.“
„Das Hochhaus fängt im Keller an“, hatte der Grand Seigneur Lüthy ganz klare Ansprüche und Vorgaben an seine Eleven. „Wer nicht bereit ist, diesem Ziel alles unterzuordnen, der wird es nicht schaffen, die Luft nach oben wird immer dünner“, so sein klares Statement.
2018 übergab er dieses Team an Simon Stadler. „Ich wollte unbedingt Tennis-Profi werden, aber ich hatte zwischen 17 und 20 eine Art Stillstand in meiner Tennis-Entwicklung. Dass ich mit Helmut Lüthy zusammenkam, war ein großer Glücksfall für mich. Ich habe sehr viel gelernt in all diesen Jahren. Lüthy hat allen Spielern hier weitaus mehr beigebracht, als einfach nur gut Tennis zu spielen. Disziplin, Professionalität auf dem Platz und außerhalb, das Überwinden des berühmten Schweinehundes - diese Vorgaben haben mich und alle anderen sehr geprägt.“
Neben der intensiven Arbeit, den Durchhalteparolen, dem eisernen Willen, den Lüthy seinen Eleven immer wieder aufs neue vermittelte, war er jedoch zu jeder Zeit auch väterlicher Freund, gepaart mit einer gehörigen Prise Humor. Gerade an diesem Septemberabend verrieten seine einstigen Zöglinge manch amüsante und unvergessene Anekdote mit ihrem Lehrer. Auf der Terrasse von Grün-Weiss Mannheim wird man ihn zukünftig vermissen. Da gab er oftmals manch guten Witz zum Besten. Aber sicher ist eins: Dort oben wird er mit dem ein oder anderen Weggefährten viel zu Lachen haben. Er war ein Disziplinfanatiker und ein Menschenfreund.
Autor:Peter Engelhardt aus Mannheim |
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