Saisonrückblick MotoGP
Duell bis zum Schluß
Franceso Bagnaia ging im Frühjahr als amtierender Weltmeister und Titelverteidiger in die neue Saison, Jorge Martin sah sich als Vizeweltmeister aus dem Vorjahr wieder in der Rolle des Herausforderers. Bereits beim 1. Grand Prix des Jahres in Qatar wurde schnell klar dass der WM - Titel auch 2024 nur über diese beiden Ausnahmepiloten mitentschieden werden wird, spannend war zu diesem Zeitpunkt allerdings wer von den anderen Fahrern noch in den WM-Kampf würde eingreifen können. Sprintsieger Martin und Grand Prix Sieger Bagnaia lagen jedenfalls nach dem 1. Rennwochenende bereits wieder an der Spitze der WM-Gesamtwertung. Und dies sollte sich bis zum 20. und letzten Grand Prix des Jahres nicht ändern. Jorge Martin zeigte sich im ersten Saisondrittel sehr stark, gewann die Sprintrennen in Qatar, Spanien, und Frankreich, dazu die Grand Prix von Portugal und Frankreich und setzte damit den Titelverteidiger mächtig unter Druck. Und Bagnaia zeigte tatsächlich Nerven. Sturz in Portimao, Platz 5 ( Grand Prix ) und 8 (Sprint ) in Austin, Sturz in den Sprints von Jerez, le Mans und Barcelona - das waren nicht die Ergebnisse die der Weltmeister für sich beanspruchte. Bereits früh in der Saison zeigte sich dass Martin abgeklärter und ruhiger an die Sache heranging wie im Jahr zuvor während Bagnaia den ganzen Druck als Titelverteidiger zunächst nicht kontrollieren konnte so dass zu diesem Zeitpunkt bereits das WM - Pendel Richtung Jorge Martin ausschlug.
Im zweiten Saisondrittel war Bagnaia dann zunächst wieder ganz der Alte, holte sich in Mugello, Assen, am Sachsenring und in Spielberg 4 Grand Prixsiege sowie einen Sprintsieg ( Spielberg ), hatte aber auch in zwei Sprintrennen jeweils einen Sturz zu verzeichnen und damit keine Punkte. Herausforderer Martin hatte in dieser Phase der WM zwar weniger Einzelsiege in den Rennen gegenüber Bagnaia, doch der "Martinator " kam oftmals unmittelbar hinter seinem Widersacher ins Ziel und konnte damit seinen Punktevorsprung verwalten bzw. halten. Mit Marc Marquez und Enea Bastianini konnten sich im Sommer zwei weitere Piloten als WM - Anwärter zu Bagnaia und Martin gesellen - wenn auch mit deutlichem Punkteabstand. Aber regelmässige Top 5 Platzierungen, Einzelsiege und so gut wie keine Rennstürze brachten die beiden in diese günstige Ausgangsposition. Dass alle 4 WM-Führenden ihre Rennen mit Ducatis bestritten zeigt einerseits die technische Überlegenheit der Motorräder aus Bologna, anderseits läuft die MotoGP damit jedoch auch Gefahr das Image eines Markenpokals zu bekommen was nicht im Interesse der Beteiligten sein dürfte. Das letzte Saisondrittel zeigte dann die ganze Klasse von Bagnaia und Martin die in einzelnen Rennen dem Feld einfach wegfahren und ihr eigenes Rennen auf höchstem Niveau austragen konnten. Stellenweise waren der Italiener und der Spanier scheinbar in einer anderen Liga unterwegs. Mit einem weiteren bitteren Sturz und damit null Punkten begann dieses letzte Saisondrittel für den Weltmeister in Misano sehr unbefriedigend während Martin sich mit Platz 2 sowohl im Sprint als auch im Rennen sehr stark und souverän zeigte. Bagnaia schlug dann in Indonesien zurück, Sieg im Grand Prix vor Martin der jedoch tags zuvor das Sprintrennen für sich entscheiden konnte. Mit einem Doppelsieg in Japan ( Sprint und Grand Prix ) machte der noch amtierende Weltmeister dann klar dass er um seinen Titel kämpfen werde bis zum Schluss und noch alle Chancen intakt waren. Doch schon in Australien kam es zu einer ersten Vorentscheidung. Zwar hiess der Grand Prix Sieger Marc Marquez, doch mit Platz 2 und dem Sieg im Sprintrennen festigte Jorge Martin seine WM-Führung und baute diese sogar noch weiter aus. In Thailand und Malaysai konnte Bagnaia wieder die beiden Grand Prix für sich entscheiden, doch mit jeweils 2. Plätzen und dem Sieg im Sprintrennen hielt sich Martin schadlos und büsste nichts vor seinem Vorsprung ein. Begünstigt wurde dies auch von einem weiteren Sturz Bagnaias im Sprint von Malaysia der damit eine echte Vorentscheidung in der WM erbrachte. Mit 24 Punkten Vorsprung traten die beiden Titelkontrahenten in Barcelona zum finalen Rennen um die WM Mitte November an und diesmal gelang Jorge Martin der Coup der im 2023 versagt blieb. Während sein Widersacher Bagnaia beide Rennen für sich entscheiden konnte blieb Martin besonnen, vermied jedes Risiko und holte sowohl im Sprint als auch im Grand Prix jeweils Platz 3 was ihm mit 10 Punkten Vorsprung den lang ersehnten Weltmeistertitel einbrachte. Martin ist damit der erste Pilot in der MotoGP Ära der in einem privat finanzierten Team - Prima Pramac Ducati - den WM-Titel erringen konnte. Auch der Herstellertitel geht nach Italien zu Ducati, zu groß war deren Dominanz der GP23 bzw. GP24 während der abgelaufenen Saison. 19 von 20 Grand Prix konnten Ducatipiloten für sich entscheiden - Bagnaia (11 ), Martin (3), Marquez (3), Bastianini (2) - , nur in Austin konnte mit Apriliapilot Maverick Vinales ein Fahrer mit einem anderen Fabrikat beide Rennen gewinnen. Das Francesco Bagnaia trotz 11 Rennsiegen seinen Titel nicht noch einmal verteidigen konnte war der großen Ausgeglichenheit von Jorge Martin und dessen Stärke in den Sprintrennen geschuldet. 7 dieser verkürzten Rennen jeweils Samstags nach dem Abschlusstraining konnte der „Martinator“ für sich entscheiden, ebenfalls 7 konnte zwar auch sein Kontrahent Bagnaia gewinnen doch im Gegensatz zum Italiener hatte Martin wesentlich weniger Nullergebnisse auf Grund von Rennstürzen zu verzeichnen. Diese Konstanz brachte ihm letztendlich den WM-Titel 2024 ein.
Text: Hartmut Reuschel
Bilder: moto – foto
Autor:Hartmut Reuschel aus Mannheim |
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