Hertie-Umbau: Ein Neustadter Drama - die Entdeckung der Langsamkeit

Foto: Markus Pacher
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Neustadt.Nichts erregt die Gemüter der Neustadterinnen und Neustadter in den letzten Jahren so sehr wie der Umbau des Hertie-Gebäudes. Die Geschichte des einstmals florierenden Einkaufsherzens der Weinmetropole hat sich zu einem traurigen Drama entwickelt, das weit und breit seinesgleichen sucht und sogar die bundesweit für Gesprächsstoff sorgende Klemmhof-Problematik in den Hintergrund gerückt hat.

Von Markus Pacher


Emotionen

Von einem Schandfleck für Neustadt ist die Rede, von einer fürchterlichen Bauruine, die bei manchen Assoziationen zu Stuttgart 21 oder den Berliner Flughafen weckt. Es ist die Entdeckung des Stillstands oder zumindest der Langsamkeit, die beunruhigt und Emotionen hochkochen lässt. Und die Gefühle sind verständlich. Dazu reicht allein der Blick auf die Fertigstellungsprognosen, die in den letzten Jahren getroffen und immer wieder über den Haufen geworfen wurden. Dabei stand das Projekt von Anfang an unter keinem guten Stern. Planungsunsicherheiten beim Innenausbau im Zuge der instabilen Hauptmietersituation, Probleme mit den Baufirmen und schließlich die Pandemie. Ob unsere Generation die Eröffnung des Gebäudes noch erleben darf? In den letzten Wochen scheint es wieder etwas voranzugehen. Die Hoffnung stirbt zuletzt - erst vor wenigen Tagen wurden fünf Arbeiter auf dem Deck der Bauruine entdeckt und wer weiß, was sich derzeit hinter der Betonfassade im Innern des Gebäudes abspielt …

Fakten

2009ff.: Hertie zieht aus, zeitweise ist ein Billigkaufhaus untergebracht, die meiste Zeit steht das Gebäude leer.
Dezember 2012: Von mehreren ernsthaft interessierten Investoren spricht Oberbürgermeister Hans Georg Löffler nach einem Gespräch mit dem Makler. Es lägen laut Aussage des Maklers auch marktgängige Preisangebote vor, die weiter verhandelt werden.
August 2018: Baugenehmigung von Oberbürgermeister Marc Weigel liegt vor. Mit der Investorfirma Devello AG ist ein Unternehmen gefunden, welches das 12-Millionen-Projekt umsetzen möchte.
September 2018: Abrissarbeiten und Entkernungsarbeiten beginnen, u. a. wird die „Spindel“ zum Parkhaus zügig entfernt. Als einer der Mieter kündigt sich der Bio-Supermarkt-Abraxas an. Fertigstellungsprognose: Frühjahr 2020.
September 2018: Abrissarbeiten und Entkernungsarbeiten beginnen, u. a. wird die „Spindel“ zum Parkhaus zügig entfernt. Als einer der Mieter kündigt sich der Bio-Supermarkt-Abraxas an. Fertigstellungsprognose: Frühjahr 2020.
Januar 2019: Ankermieter Moses GmbH stellt Insolvenzantrag.
März 2019: Insolvenz des Ankermieters Moses GmbH.
April 2019: Abrissarbeiten gehen voran. Fertigstellungsprognose: Weihnachten 2020
Juli 2019: Gebäude komplett entkernt, alte Fassade entfernt, nur noch Rohbau zu sehen.
August 2019: Baustelle ruht zwei Wochen; Arbeiten beginnen wieder langsam; erste Sanierungsmaßnahmen im Innern.
Mai 2020: Seit Beginn der Corona-Krise steht die Baustelle fast völlig still. Die Beauftragte Baufirma S & B Bau aus Frankreich hat keine Einreisemöglichkeit. Mit der Öffnung der Grenzen und der Mitteilung, dass Devello einen Vertrag mit dem H & M-Konzern als Hauptmieter abgeschlossen hat, keimt wieder Hoffnung auf.
August 2020: Kein Fortschritt seit Mai, trotz der positiven H & M-Ankündigung.
September/Oktober/November 2020: Seit 13 Monaten ruht die Baustelle. Oberbürgermeister Marc Weigel gibt im September die Baufirma Berlinka aus Berlin als neuen Generalunternehmer bekannt. Devello-Geschäftsführer Christian Zöll kündigt im Oktober den Beginn der Bauarbeiten an. Die Baufirma Berlinka übernimmt die Baustelle und verspricht „hohe Taktzahlen“, um die verlorengegangene Zeit aufzuholen. Dazu soll im Dreischichtbetrieb mit bis zu 70 Arbeitern gebaut werden. 70 Prozent der Gewerbefläche seien laut Devello bereits vermietet. Am Bachgängel werden Container aufgestellt und die Baustelle mit einem neuen Zaun mit Sichtschutz gesichert. Das sanierte ehemalige Hertie-Gebäude soll „eine Brücke schlagen zwischen der Altstadt und moderner Architektur“. Vorgesehen ist unter anderem eine Art perforierter Schleier aus Aluminum, der die Struktur von Fachwerk aufgreift. Geplant sind drei Verkaufsgeschosse mir 8.300 Quadratmeter Fläche und zwei Parkdecks für 165 Fahrzeuge.
November 2020 bis Juli 2021: In den letzten acht Monaten sind wenig Baufortschritte bemerkbar.
Januar 2021: Oberbürgermeister hofft, dass die Bauarbeiten rasch voranschreiten und bis zum Frühjahr 2022 die Eröffnung stattfinden kann. pac

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Autor:

Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße

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