Interessante Ausstellung in der Alten Post
Kunst kennt keine Grenzen
von andrea katharina kling-kimmle
Pirmasens. Grenzenlose Kreativität in der Alten Post: „Zusammentreffen“ heißt die Gemeinschaftsausstellung der Via-Regia-Stipendiaten, die jährlich am Artist-in-Residence-Programm teilnehmen. Das Spektrum reicht von figurnahen Tops aus gepressten Gemüseblättern über „Bodenverlegungen“ bis zum Anti-Kriegs-Appell „Du sollst nicht töten“. Die Präsentation, die am 19. Juni endet, ist von Mittwoch bis Sonntag jeweils von 10 bis 17 Uhr zu sehen.
Seit sieben Jahren besteht ein jährlicher Künstleraustausch zwischen Schloss Königsheim an der Via Regia im Landkreis Görlitz und der Kunststation Kleinsassen bei Fulda. In einer Wanderausstellung, kuratiert von Dr. Elisabeth Heil, werden ausgewählte Werke der 13 Teilnehmer vorgestellt. Charlotte Veit, Koordinatorin der Alten Post, zeigte sich beim Besuch auf Einladung der Kunststation Kleinsassen so begeistert, dass sie die Präsentation nach Pirmasens holte. Die Horebstadt ist auf dem Weg der Wanderausstellung nach Brüssel, Leipzig und Breslau (Moskau wurde wegen des Ukraine-Krieges gestrichen) die zweite Station nach Fulda. Um die Werke in den Räumlichkeiten der Alten Post wirkungsvoll zeigen zu können, hat Charlotte Veit diese Präsentation eigens kuratiert, wobei sie aus Platzgründen auf einige Exponate verzichtete.
Die Via Regia, die dem Projekt seinen Namen gab, ist eine uralte Handels- und Militärroute, die auch als Pilgerweg bekannt ist. Der „goldene Pfad“ führt durch acht europäische Länder von Ost nach West. Die Straße hat schon viele Menschen zusammengebracht und wurde 2006 als „Kulturroute des Europarates“ ausgezeichnet. Die Via Regia hat einige der Künstler inspiriert, darunter auch Bettina Böhme, die Stipendiatin in Kleinsassen war. Ihre Arbeiten, Mischtechniken und Collagen auf Papier und Stoff erzählen vom Unterwegssein, von der Kraft und der Verzweiflung auf dem Lebensweg. Auch Kathrin Christoph hat sich von der „Königsstraße“ inspirieren lassen bei ihren Collagen, die nach Existenzbedingungen des Menschen fragen.
Eine beklemmende Darstellung zeigt ein einsames dunkelhäutiges „Waisenkindes“, das bei der großen Flüchtlingswelle aus Syrien 2015 alleine unterwegs war. In der offiziellen Sprache wurden diese Kleinen als „Tourist“ bezeichnet, sehr zur Bestürzung des Künstlers. So flossen die damaligen Ereignisse in die Arbeit von Bernd Baldus aus dem Westerwald, Stipendiat in diesem Zeitraum in Königshain, ein. Bei der Reflexion gesellschaftlicher Ereignisse hat sich Frank Hiller aus Görlitz mit den Begriffen Hass, Krieg, Neid, Missgunst und Dummheit auseinandergesetzt. Eines seiner faszinierenden Kunstwerke mit Titel „Empathie“ fordert: „Du sollst nicht töten“. Angesichts der Invasion der Ukraine durch Russland mit unzähligen Opfern erhalten diese Stahlstelen eine ganz neue Dimension.
Wie sehr Veronika Zyzik, die erste Stipendiatin in Königshain, ihren Aufenthalt in ihrer ehemaligen Heimat Schlesien genoss, zeigen ihre heiteren und teils farbenprächtigen Bilder. Schloss, Wald und See inspirierten sie zu immer neuen Gemälden: „Was für eine schöne Zeit“, so ihr Fazit. Auch Ulrike Kuborn aus Fulda lobt das Ambiente von barocker Pracht und idyllischem Park. Diese besondere Atmosphäre, insbesondere auch die Entdeckung eines Friedhofs, wo viele junge Menschen im Zweiten Weltkrieg ihre letzte Ruhe fanden, haben ihre künstlerische Arbeit nachhaltig bereichert. Gut zu erkennen bei dem Gemälde „dark blue Spur VIII“.
Neugierig machen filigran anmutende ärmellose Tops, die sich befestigt an der Decke kokett im Kreise drehen. Den Betrachter lockt das „Berühren der Figüren“, doch das ist strengstens verboten. Denn die modischen Teile sind aus gepressten Gemüse- und Obstfasern gearbeitet. Viviane Niebling aus der Rhön hat während ihres Aufenthaltes 2021 in Königshain „natürliche Materialien zu neuen Kompositionen verarbeitet“. Kohlblätter, Kiwi und Karotten werden so zu „Klamotten“.
Bilder beherrschen unser Leben, wechseln in rascher Folge, geben Welten vor, in denen sich die Menschen auch in ihrer Freizeit bewegen. Doch ein längeres Verweilen ist nicht drin. Lukas Bleuel aus Hamburg hat sich mit diesem Phänomen auseinandergesetzt. Mit seinen Gemälden, die er als „Betrachtungsspiele“ versteht, will er zur gedanklichen Auseinandersetzen mit den modernen Bildwelten anregen.
Rund 40 Arbeiten von 13 Künstlern eröffnen den Besuchern der Alten Post auf diese Weise Einblick in die fantasievolle Welt der Kunst mit ihren zahlreichen Facetten. Die Gemeinschaftsausstellung der Via Regia-Stipendiaten 2014 -2021 im Kulturforum ist bis 19. Juni zu sehen. Die Öffnungszeiten sind Mittwoch bis Sonntag, jeweils von 10 bis 17 Uhr.
Als Ergänzung zu der Präsentation hat das museumspädagogische Team ein Begleitprogramm mit künstlerischen Workshops für Kinder und Jugendliche sowie öffentlichen Führungen zusammengestellt. Corona bedingt ist eine Teilnahme nur mit Anmeldung möglich. ak
Info:
Telefon: 06331 2392716; altepost@pirmasens.de
Autor:Andrea Kling aus Pirmasens |
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