Internationale Musiktage 2024: Hoffnungsklänge am Dom zu Speyer
Speyer. Die „Internationalen Musiktage Dom zu Speyer“ gehören zu den Höhepunkten des Musiklebens in Speyer und der Region. In neun Konzerten wird auch in diesem Jahr geistliche Musik auf höchstem Niveau geboten. Domkapellmeister Markus Melchiori hat das Festival 2024 unter das Thema „Hoffnung“ gestellt. Die christliche Hoffnung auf eine Gemeinschaft mit Gott vor und nach dem Tod, welche Halt und Zuversicht gibt, kommt auch und gerade in der Kirchenmusik zum Ausdruck.
Besonders ein Komponist hat diese Hoffnung vertont: Anton Bruckner, dessen Geburtstag sich in diesem Jahr zum 200. Mal jährt. Selbst von Selbstzweifeln und Ängsten geplagt, fand er Hoffnung und Halt im katholischen Glauben. Im Eröffnungskonzert am Samstag, 21. September, sind musikalische Vorbilder Bruckners und mit der d-Moll Messe das erste bedeutende eigene Werk zu hören. Wurzeln seines Schaffens werden im Konzert in der Krypta am Dienstag, 24. September, beleuchtet. Im Schlusskonzert begegnen sich dann die Musik Bruckners und die seines Widersachers Johannes Brahms. Zu den Highlights des Festivals gehört sicher der Aufritt des Mandelringquartetts am Donnerstag, 26. September. Das Streichquartett aus Neustadt gelangte inzwischen zu Weltruhm.
Von den Wurzeln bis zur Ewigkeit – Das Programm im Einzelnen
Zu Beginn der Internationalen Musiktage 2024 findet am Samstag, 21. September, ein Studientag mit Prof. Dr. Meinrad Walter statt, der mit dem geistlichen Werk Anton Bruckners bekannt macht. Bruckners Schaffen im Kontext seiner Biographie und deren Rezeption sind Inhalte dieses Studientages mit dem renommierten Musikwissenschaftler und Autor.
Am Abend des 21. September, startet um 19.30 Uhr, das Musikfestival im Dom. Das musikalische Programm des Eröffnungskonzerts steht unter der Überschrift „Himmel und Erde“. Mit der „Messe in d-Moll“ ist das Schlüsselwerk aus Anton Bruckners Feder zu hören, das seinen Ruhm als Komponist begründet. Dieses Stück wird in Beziehung zu Allegris berühmten Bußpsalm „Miserere mei“ und Mozarts nicht minder genialem „Ave verum corpus“ gesetzt. Beide Werke verarbeitete Bruckners Zeitgenosse Franz Liszt in seinem Orgelwerk „Evocation à la chapelle Sixtine“ als Inbegriff von Kirchenmusik der damaligen Zeit. Der KathedralJugendChor, der Domchor und die Kammerphilharmonie Mannheim musizieren zusammen mit den Vokalsolisten Katharina Persicke, Sopran, Elvira Bill, Alt, Christian Rathgeber, Tenor, und Marcel Brunner, Bass. Die Orgel spielt Domorganist Markus Eichenlaub. Die Gesamtleitung liegt bei Domkapellmeister Markus Melchiori.
Das Konzert am Sonntag, 22. September, 20.15 Uhr, in der Krypta des Doms verspricht „italienische Kost“. Das renommierte Ensemble „LaReverdie“ für Musik des Mittelalters unternimmt eine musikalische Reise durch drei italienische Städte mit ihren unterschiedlichen politischen Realitäten zwischen Mitte des 14. und Beginn des 15. Jahrhunderts: die Signoria Mailand, die Stadt Florenz und die Republik Venedig. Und diese Reise zeigt, wie eng Musik seinerzeit mit Politik verbunden war.
Am Dienstag, 24. September, und in der darauffolgenden Woche am 1. Oktober lädt das traditionelle Format „Orgel 3.0“ in den Dom. Es bietet jeweils um 15 Uhr eine halbe Stunde „Faszination Kathedralorgel“ mit populärer Orgelmusik in der einzigartigen Akustik des romanischen Domes bei freiem Eintritt. Es spielt Domorganist Markus Eichenlaub.
Back to the roots geht es gleichsam am Dienstag, 24. September, ab 21 Uhr in der Krypta des Doms. In diesem Konzert werden die musikalischen Wurzeln Bruckners beleuchtet: Vokalwerke der Gregorianik und der Renaissancezeit werden mit kleineren, frühen Chorwerken Bruckners gepaart. Der junge Bruckner entwickelt seinen „Personalstil“ erst sehr langsam und schöpft dabei Inspiration aus seinem unmittelbaren musikalischen Umfeld: seiner Kindheit als Sängerknabe im Stift Sankt Florian, seinen Lehrjahren als Schulgehilfe und Dorfschullehrer, in denen er sich zunächst autodidaktisch das Klavier- und Orgelspiel sowie erste Kompositionstechniken erarbeitete. Die für die liturgische Praxis entstandenen Chorwerke zeugen von seiner tiefen Frömmigkeit und vom frühen Ausdruckswillen. Es spielt die Capella Spirensis unter der Leitung von Domkantor Joachim Weller.
Das renommierte Mandelringquartett ist am Donnerstag, 26. September, 20 Uhr, in der Krypta des Doms zu Gast. Zusammen mit Roland Glassl an der Viola stellen sie Musik von Bruckner und Brahms einander gegenüber. Anton Bruckner und Johannes Brahms werden zumeist als Widersacher gesehen: Während von Brahms entweder das Bild eines musikalischen Konservators oder uninspirierten Handwerkers gezeichnet wird, gilt Bruckner wahlweise als genialer Neuerer oder unsicherer Außenseiter. In diesem Kryptakonzert ist das einzig vollwertige kammermusikalische Werk Bruckners, sein „Streichquintett F-Dur“, zu hören. Dies wird dem etwa fünf Jahre zuvor entstandenen „Streichquartett c-Moll“ von Johannes Brahms kontrastierend gegenübergestellt. Den musikalischen Opponenten zum Trotz trägt dieser Kammermusikabend die Überschrift „Zuversicht“.
Musik von Vorbildern und Antipoden Bruckners vereint ein Orgelkonzert am Freitag, 27. September, 19.30 Uhr. Gereon Krahforst spielt Orgelimprovisationen und Transkriptionen mit Musik von Richard Wagner, Franz Schubert und Johannes Brahms. Anton Bruckner war Zeit seines Lebens in erster Linie als Organist und Improvisator berühmt. Er galt als wichtiger Orgelvirtuose seiner Epoche. Auf seinen wenigen Auslandsreisen improvisierte er in den Kathedralen von Nancy, Paris und London. Auf Bitten von Cosima Wagner, der Ehefrau Richard Wagners und Tochter von Franz Liszt, spielte er beispielsweise am 3. August 1886 im Requiem für Liszt die Orgel und improvisierte über Themen aus Wagners Oper „Parsifal“. Die Kunst des ad-hoc-Orgelspiels will das Konzert mit einem ausgewiesenen Experten dieses Genres lebendig werden lassen.
Die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz ist musikalischer Partner der Internationalen Musiktage. Am Samstag, 28. September, 19.30 Uhr, wird das Orchester unter der Leitung seines Chefdirigenten Michael Francis ein Symphoniekonzert im Dom spielen. Unter der Überschrift „Halt“ erklingt die Symphonie Nr. 4 Es-Dur, WAB 104 „Romantische“ von Anton Bruckner. Das Publikum reagierte auf dieses Stück anfangs mit Kopfschütteln. Doch was ist die äußere Form gemessen am Fantasiereichtum, mit denen er Klänge auch in diesem symphonischen Werk zu zaubern versteht: das einmalige Hornmotiv aus unergründlichen Welten zu Beginn, das Träumerische des Andante, die sich auftürmenden Steigerungswellen im Scherzo und das Münden des Finales in allumfassenden Jubel.
Ihren Abschluss finden die Internationalen Musiktage Dom zu Speyer am Donnerstag, 3. Oktober. „Ewigkeit“ lautet der Titel des Konzerts, das um 16 Uhr beginnt. Es spielt die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz. Den Chorpart gestalten der KathedralJugendChor sowie der Domchor und Gäste. Als Solisten agieren Elisabeth Breuer, Sopran, Bettina Ranch, Alt, Henning Jendritza, Tenor, und Christof Fischesser, Bass. Die Gesamtleitung liegt bei Domkapellmeister Markus Melchiori.
Im musikalischen Programm stehen sich wieder die beiden großen Zeitgenossen Brahms und Bruckner gegenüber. Musikalisch auf den ersten Blick sehr gegensätzlich, vereint beide doch das Leben in der Hoffnung: Nach Brahms‘ „Tragischer Ouvertüre“ erklingt der III. Satz aus seinem „Deutschen Requiem“ mit dem Zitat aus Psalm 39 „Ich hoffe auf dich…“. Das „Credo“ aus Bruckners „Messe in f-Moll“, der langsame Satz der V. Symphonie und sein „Te Deum“ zeugen von der unerschütterlichen Glaubenshoffnung Bruckners. Er selbst – zeitlebens von Selbstzweifeln geplagt – war der festen Überzeugung, dass sein „Te Deum“ eine Art Eintrittskarte in die jenseitige Welt sein könnte.
„Wenn mich der liebe Gott einst zu sich ruft und fragt: ‚Wo hast du die Talente, die ich dir gegeben habe?‘, dann halte ich ihm die Notenrolle mit meinem Te Deum hin, und er wird mir ein gnädiger Richter sein.“ Bis heute hat dieses wohl berühmteste Werk Bruckners nichts von seiner Faszination verloren und erfüllt die Zuhörenden mit Andacht und Bewunderung für dieses Musik gewordene Glaubensbekenntnis eines großen Komponisten, das mit den Worten endet: „In te Domine speravi: non confundar in aeternum.“ – „Auf dich, o Herr, habe ich meine Hoffnung gesetzt. In Ewigkeit werde ich nicht zuschanden.“
Weitere Informationen
https://www.dom-zu-speyer.de/dommusik/konzerte/internationale-musiktage/
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