BriMel unterwegs
Lebhafte Premierenlesung „Letzte Lese“
Speyer: Bereits die lange Menschenschlange vor dem Buchladen „Osiander“ ließ am 23. Februar erahnen, dass hier etwas Besonderes geboten würde. Um 19.30 Uhr war dann Einlass zur Premierenlesung „Letzte Lese“ des Speyerer Krimiautors Uwe Ittensohn. Dieser wurde sogleich von seinen Fans umringt, die er sich im Laufe seiner Autorenjahr „erlesen“ hat. Natürlich sollte ihm auch am heutigen Abend wieder seine ehemalige Filialleiterin Dagmar Strubl (sie hat andere Aufgaben bei Osiander übernommen) zur Seite stehen. Hinzu gesellte sich zwischendurch die seit 1,5 Jahren fungierende Filialleiterin Johanna Reichert und Karoline Gaul vom gleichnamigen Weingut Gaul. Es sollte zu Beginn, in der Pause und zum Abschluss nämlich eine „3-Gänge-Weinprobe“ geben. Auch die Speyerer Bürgermeisterin Monika Kabs zeigt sich auf jeder seiner Lesungen in Speyer. Die „Letzte Lese“ ist noch blutjung und gerade erst im Februar herausgekommen und im Publikum sinnierte man über den Titel, ob es wohl das letzte Buch sein würde? Es klingt ultimativ, aber nein, weit gefehlt, denn er hat sich sozusagen erstmal warmgeschrieben und es folgen noch viele weitere Krimis und Weinführer.
Johanna Reichert begrüßte das Publikum, das zahlreich erschienen war, und die Protagonisten auf der Bühne: Dagmar Strubl und Karoline Gaul gaben den weiblichen Rahmen um Uwe Ittensohn in der Mitte, der sich sichtlich wohl fühlte. Das Dreamteam Strubl/Ittensohn war also wieder vereint. Hier bei Osiander begann seine Karriere mit seinem Erstlingswerk „Requiem für den Kanzler“. Monika Kabs freute sich über die Lesung des mittlerweile sechsten Krimis und zwischendurch hatte er auch noch einen beachtenswerten Vinothekenführer geschrieben. Und wer Uwe Ittensohns Akribie kennt, weiß, dass alles, was er schreibt penibel recherchiert wurde und seine Zeit in Anspruch nahm. Auch in diesem Krimi sollte sie eine kleine Rolle als Annika Raps erhalten und sei bisher immer gut dabei weggekommen. Auch Karoline Gaul ergriff das Mikrofon, begrüßte und führte ein wenig in die Weinkunde des heutigen Abends ein. Dagmar Strubl dachte an die Buchpremiere vor fast genau 5 Jahren zurück, in denen sie praktisch nicht mehr von seiner Seite wich, aber nur bei Lesungen. Ittensohn ließ wissen, wenn es um Wein ginge, seien die Schwestern Karoline und Dorothee Gaul seine Ansprechpartnerinnen. Er bedankte sich bei ein paar Personen, die maßgeblich seinen Weg begleitet haben und auch in rechtlichen Fragen berieten. Das nächste Buch sei auch schon in Arbeit. Nichts anderes erwartete ich von diesem umtriebigen Mann.
Er las den ersten Prolog (Anmerkung: Alle hatten ein Datum und eine Uhrzeit, da verschiedene Handlungsstränge). Das erste Mordopfer – oder war es doch ein Unfall? – roch die feuchte Erde und dann erlosch sein Leben wie eine Kerze im Wind. Na das hat er ja sehr poetisch beschrieben! Das Totenmal: Auf den Seziertisch des Bestatters kam eine schwer zugerichtete Leiche, die unter einen Traubenvollernter geraten war. Den Zustand beschrieb der detailverliebte Ittensohn sehr plastisch, so dass Strubl fragte, ob er nicht einen Szenenwechsel machen wolle. Dem kam er gerne nach und las über einen deutschen Marinehubschrauber, der über türkischen Hoheitsgewässern (Schwarzes Meer) flog, um zwei Schwerverbrecher auszufliegen. Mit diesem Szenenwechsel wechselte Ittensohn auch sein Gebaren und seine Sprache ins norddeutsche Plattdeutsch. Dieses Kapitel war eine Herausforderung für den Autor, da er selbst nie gedient hatte und sich alles Wissen über die Marine-Pressestelle in Norderstedt aneignen musste.
Im Dialog zwischen Strubl und Ittensohn kam die Sprache auf Gerüche, wie die letzten Gedanken des Winzers und ob er auch solche Gerüche kenne. Ja, er hat in seinem häuslichen Garten viele Sträucher und Büsche, die alle einen besonderen Geruch ausströmten. Manchmal sitzt er nur da, schließt die Augen und inhaliert diese Gerüche um ihn herum. Nach der Pause, in der Ittensohn auch schon fleißig Bücher signierte ging es um 21 Uhr schon wieder weiter. In diesem Kapitel kam der zweite Unglücksfall vor. Ein Polizist namens Florian Bachert wurde auf der Landstraße überfahren, was die Kriminalbeamten und den Staatsanwalt Siegmar Mühlenkamp natürlich nachdenklich machte. Nächster Handlungsstrang beschreibt das Geschehen um den 78-jährigen Seniorchef des Weingutes Ernst Eberhardter, einem typischen Pfälzer mit roten Backen und mit feinen Äderchen durchzogener Knollennase und Bartstoppeln. Er wurde mit dem ersten Opfer in Verbindung gebracht und solle nun eine Aussage machen. Hier war Uwe Ittensohn wieder in seiner Paraderolle als Urpfälzer mit seinem urigsten Dialekt. Die Kriminalbeamtin musste für den hochdeutsch sprechenden Staatsanwalt immer übersetzen, da dieser nur „Bahnhof“ verstand. „Haben Sie etwas getrunken an dem Tag?“ Nach dem ersten Nein folgten dann doch drei Weinschorle, die er über den Tag zu sich genommen habe. Das sei aber normal in der Pfalz und beeinträchtige nicht das Gedächtnis. Das war natürlich wieder ein Thema, auf das Ittensohn tiefer eingehen musste, denn er als Weinfachmann gab preis, dass sich nicht jeder Wein zur Schorle eigne und auch das Mineralwasser müsse für eine richtig gute Schorle perfekt sein. Und eines lernte man auch noch an diesem Abend, und zwar dass man niemals Dubbegläser ineinander stellen dürfe.
Die nächste Szene spielte sich in Nußdorf ab, in der sich Studentin Irina (man kennt sie aus den vorhergehenden Büchern als Hobbyermittlerin) einer Protestaktion mit Marek und Waldemar anschloss. Nun ja, es waren erst drei Personen und sie hofften, dass sich einige Passanten noch anschließen würden mit dem Ruf „Keine Macht den Ölmultis“ und „Rettet die Natur“. Und zack, klebte sie mit Sekundenkleber am Zaun fest. Zu guter Letzt kam dann auch noch der BND aus München ins Spiel. Die folgenden Sätze waren intellektuell nicht mehr zu überbieten so viele Fremdwörter benutzte Uwe Ittensohn. Es ging um seltsame Textnachrichten, in denen Irina eine Rolle spielte. Ob er vielen Handlungsstränge war Dagmar Strubl ein wenig irritiert und wollte wissen, wie sich alles zusammenfüge. Daraufhin fragte Ittensohn, wann er denn einmal eine ganze Lesenacht bekäme, in der er den kompletten Krimi lesen und aufklären würde.
Unter kräftigem Applaus wurde die Lesung dann beendet. Das Publikum strömte zur dritten Weinprobe, zum Ausgang oder zum Buchtisch mit Uwe Ittensohn, der nach dieser geglückten Premierenlesung ein zufriedenes Gesicht machte. (mel)
Autor:Brigitte Melder aus Böhl-Iggelheim |
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