Diözesanversammlung tagt erstmal
Bistum Speyer steht vor großen Herausforderungen

Am Samstag tagte erstmals die Diözesanversammlung des Bistums Speyer, pandemiebedingt als Videokonferenz.  | Foto: Bistum Speyer / Klaus Landry
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Speyer. Am Samstag tagte erstmals die Diözesanversammlung des Bistums Speyer, pandemiebedingt als Videokonferenz. Im Mittelpunkt standen die Erstellung der Wahllisten für die Gremien der Diözesanversammlung, die ersten Ergebnisse des Visionsprozesses und die Setzung pastoraler Schwerpunkte im Blick auf rückläufige finanziellen Mittel. Die Mitglieder berieten außerdem über den ökumenischen Prozess „Zusammen Wachsen“ und das geplante Leitungsmodell der Pfarrei Heilig Kreuz in Homburg.

In seiner Begrüßung machte Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann deutlich: „Trotz der aktuellen Kontaktbeschränkungen wollten und konnten wir die Diözesanversammlung nicht verschieben. Denn wir haben die Herausforderungen der Pandemie zu meistern.“ Die Pandemie habe viele Entwicklungen beschleunigt. Die neue Diözesanversammlung nannte er „ein zukunftsweisendes Instrument von hoher Bedeutung, um gemeinsam zu beraten und zu entscheiden, wie wir die Zukunft des Bistums gestalten.“

In einem als Videobotschaft eingespielten Grußwort an die Mitglieder der Diözesanversammlung würdigte Kirchenpräsident Dr. h. c. Christian Schad die enge Verbundenheit zwischen dem Bistum Speyer und der Evangelischen Kirche der Pfalz. Der vor fünf Jahren unterzeichnete „Leitfaden für das ökumenische Miteinander“ habe den Boden für viele gelungene ökumenische Projekte bereitet. Schad warb für ein weiteres Zusammenwachsen von Bistum und Landeskirche. „Das, was uns schon jetzt verbindet, lässt uns die Unterschiede, die es nach wie vor zwischen uns gibt, wechselseitig als Reichtum verstehen. Der Auftrag Jesu ‚Auf dass wir alle eins seien‘ ist wichtiger, als das Beharren auf konfessionellen Identitäten“, so der Kirchenpräsident.

Gerade in der Corona-Pandemie tue es gut, dass die Kirchen fest zusammenstehen. Den Prozess „Zusammen Wachsen“ bezeichnete Schad als Chance „auszuloten, wo wir noch mehr und noch intensiver miteinander kooperieren können, auch im Bereich von Landeskirchenrat und Ordinariat sowie im Blick auf die gesamtkirchlichen Dienste.“ Das geschehe nicht nur, „weil uns die personellen und finanziellen Ressourcen keine andere Wahl lassen, sondern weil wir überzeugt sind, dass unser Zeugnis wirksamer und glaubwürdiger ist, wenn wir gemeinsam reden und gemeinsam handeln, wo immer es theologisch sinnvoll und strukturell möglich ist.“

Oberkirchenrat Manfred Sutter von der Evangelischen Kirche der Pfalz und Dr. Thomas Stubenrauch, bisher Ökumenebeauftragter der Diözese und seit Anfang November persönlicher Referent des Bischofs, stellten der Diözesanversammlung die Grundlinien des Projekts „Zusammen Wachsen“ vor. Es soll die positiven Erfahrungen, die durch den „Leitfaden für das ökumenische Miteinander“ auf der Ebene der Gemeinden angestoßen wurden, auf der Leitungs- und Verwaltungsebene fortschreiben und in einem Gesamtprozess bündeln. Alle kirchlichen Handlungsfelder werden daraufhin in den Blick genommen, wo die Kirchen künftig noch enger zusammenarbeiten können. „Dabei kann ein vertieftes Miteinander in dreifacher Weise geschehen: gemeinsam, arbeitsteilig oder auch stellvertretend“, betonten Sutter und Stubenrauch.

Eine vertiefte Zusammenarbeit liege zum Beispiel in der Aus-, Fort- und Weiterbildung, beim Personaleinsatz oder der Bildungsarbeit nahe. Auch die gemeinsame Nutzung von Gebäuden biete Synergieeffekte und Einsparpotentiale. Weitergehende Kooperationen seien unter anderem in der Öffentlichkeitsarbeit, bei der Digitalisierung, in der Umweltarbeit, in Beschaffung und EDV oder bei caritativen und diakonischen Einrichtungen vorstellbar.

Der Prozess „Zusammen Wachsen“ wird von einer Steuerungsgruppe koordiniert, der von katholischer Seite Generalvikar Andreas Sturm, Ordinariatsdirektorin Dr. Irina Kreuch, Dr. Thomas Stubenrauch sowie von evangelischer Seite Oberkirchenrätin Karin Kessel, Ökumenedezernent Manfred Sutter und Pfarrerin Anja Behrens angehören. „Es geht in dem Projekt um mehr als um bloße Organisationsentwicklung, Haushaltskonsolidierung oder effizientere Verwaltungsstrukturen“, unterstrichen die beiden Ökumeneverantwortlichen. „Was wir vorhaben, ist ein partizipativer, nach vorne offener Prozess, bei dem wir auf den Beistand des Gottesgeistes hoffen.“Bei den Mitgliedern fand die Vorstellung des Projekts eine positive Resonanz. Die Mitglieder bestärkten die Steuerungsgruppe in der Absicht, den Prozess partizipativ zu gestalten und vor allem auch Ehrenamtliche stark mit einzubeziehen.

Um den Vorstand und den Hauptausschuss der Diözesanversammlung zu konstituieren, wurden bei der Sitzung der Diözesanversammlung zunächst Wahllisten aufgestellt. Zur Wahl als Vorsitzende wurde Gaby Kemper vorgeschlagen. Sie wohnt in der Pfarrei Heiliger Theodard in Rülzheim, arbeitet dort seit 2009 in den Gremien und Ausschüssen mit und ist seit 2016 Pfarreiratsvorsitzende. Als Delegierte des Dekanats Germersheim ist sie seit 2016 Mitglied des Katholikenrats und seit 2018 Mitglied im Vorstand des Katholikenrats. Gaby Kemper hat bei der Sitzung der Diözesanversammlung für den Fall ihrer Wahl ihre Bereitschaft zur Übernahme des Amtes erklärt.

Für die Mitarbeit im Vorstand der Diözesanversammlung kandidieren Thomas Heitz (Katholikenrat/ BDKJ), Maria Lajin (Katholikenrat) und Klaus Scheunig (Vertreter der Berufsgruppe der Pastoralreferent/innen).
Für die Mitarbeit im Hauptausschuss der Diözesanversammlung kandidieren als Mitglieder des Priesterrats Axel Brecht (Dekan Landau), Frank Aschenberger (Waldsee, Dekan Speyer), Dr. Udo Stenz (Queidersbach) und Michael Kapolka (Schönenberg-Kübelberg, Dekan Kusel). Als Mitglieder des Katholikenrates kandidieren Stefan Angert, Kathrin Burkart, Christiane Arendt-Stein, Dominik Jöckel, Jessica Schlimmer und Maria Lajin. Die eigentlichen Wahlen für den Vorsitz, den Vorstand und den Hauptausschuss der Diözesanversammlung finden im Nachgang zur Diözesanversammlung als Briefwahl statt.

Felix Goldinger stellte erste Ergebnisse des Visionsprozesses SEGENSORTE vor, den das Bistum Speyer beim Katholikentag im September 2019 gestartet hat. Trotz der Pandemie ist die Einladung zur Mitwirkung auf fruchtbaren Boden gefallen: Rund 4350 Personen quer durch alle kirchlichen Handlungsfelder und Dekanate des Bistums haben sich bei 262 sogenannte „Ortsterminen“ zu einer Vision für das Bistum Speyer Gedanken gemacht. „Auch wenn es anders geworden ist als geplant, so ist es doch gut geworden“, würdigte Felix Goldinger die hohe Beteiligung. Angesichts der 85 Hilfsangebote, die seit dem Lockdown im Frühjahr auf der Segenslandkarte eingetragen wurden, sprach er von einer „Welle der Solidarität, die in diesem Jahr durch unser Bistum geht“. Auch habe sich bei der Sichtung und Bündelung der Eingaben eine hohe Übereinstimmung mit den pastoralen Konzepten der Pfarreien gezeigt.

Der vorgestellte Entwurf beschreibt die Vision im Bild eines gemeinsamen Hauses. Das Wertefundament des Hauses wird mit den vier Adjektiven „inspirierend, wertschätzend, verantwortungsvoll und solidarisch“ umschrieben. Sechs Räume – das Zuhause, die offene Tür, der Tisch, der Garten, die Werkstatt und der Raum der Stille – stehen für unterschiedliche Dimensionen der Vision. Sie wird gebündelt in der Aussage: „Wir wollen Segensort sein. Mit einem Segensort ist es wie mit einem gemeinsamen Haus: Wir gestalten ihn als offenen und gastfreundlichen Ort, an dem wir als Geschwister Freude und Hoffnung, Trauer und Angst teilen. Hier wird Gott in seiner Güte und Freundlichkeit erfahrbar. Von hier aus sendet Gott uns in die Welt.“.
Mit der Vorstellung des Entwurfes startet im Visionsprozess jetzt die zweite Etappe, die als „Resonanz-Phase“ angelegt ist. „Wir wollen uns das Gehörte durch Kopf und Herz gehen lassen“, erklärt Felix Goldinger und lädt alle Interessierten zu Rückmeldungen ein. Dazu wird auf der Homepage zum Visionsprozess ein digitaler Resonanzraum eröffnet. Auch über Videokonferenzen für kleine Gruppen, den Segensort-Messenger oder Resonanzveranstaltungen von Gruppen, Pfarreien, Verbänden, Schulklassen und anderen Einrichtungen können Rückmeldungen eingebracht werden. Die ersten Reaktionen der Mitglieder der Diözesanversammlung auf den vorgestellten Entwurf zeigten ein hohes Maß an Zustimmung.

„Wir müssen die Perspektive ändern“

Auf die Notwendigkeit, im Blick auf die rückläufigen finanziellen Mittel pastorale Schwerpunkte zu setzen, ging Generalvikar Sturm in einem Impulsvortrag am Nachmittag ein. Das Bistum rechnet in diesem Jahr mit 15 bis 20 Millionen weniger Einnahmen. „Corona hat unsere Probleme verschärft und beschleunigt. Aber Corona ist nicht der Auslöser, sondern eher eine Art Brandbeschleuniger“, machte er deutlich. Nach einer Prognose der Universität Freiburg werde sich die Zahl der Katholiken im Bistum Speyer bis zum Jahr 2060 voraussichtlich um mehr als 50 Prozent verringern. Das habe massive Auswirkungen auf die Finanzen, denn die Diözese finanziere ihre Arbeit hauptsächlich über die Kirchensteuer. Den Synodalen Weg der Kirche in Deutschland bezeichnete er als eine „Nagelprobe der Glaubwürdigkeit“. Wenn hier nicht Wesentliches passiere, seien Enttäuschungen vorprogrammiert und damit auch eine weitere Verschärfung der Probleme.

„Corona und die finanziellen Einbrüche zwingen uns jetzt zum Handeln. Wir können nicht warten“, machte Sturm klar. Er erinnerte an die Maßgabe des Diözesansteuerrats, dass künftige Bistumshaushalte mit der schwarzen Null zu planen sind. Eindringlich warnte er davor, „immer nur vom Downsizing her“ zu denken. Das erzeuge viel Angst und verhindere Chancen und Neuaufbrüche. Er rief zu einem Perspektivwechsel auf, orientiert an der Vision: „Was wollen wir? Wo wollen wir hin? Wo wollen wir Segen sein?“
Generalvikar Sturm kündigte an, dass das Bistum Speyer auch Bereiche aufgeben und den Stellenabbau sozialverträglich gestalten werde. „Wir können nicht mehr so weitermachen wie bisher. Wir haben schon zu oft ein paar Prozentpunkte weggenommen und dann erwartet, dass man doch irgendwie weiterarbeiten kann. Das ging auch auf Kosten der Mitarbeitenden“, so Sturm. Daher wird das Bistum Speyer im November unter den Mitgliedern der Diözesanversammlung eine Umfrage dazu starten, wofür das Bistum seine Kraft und Finanzen künftig einsetzen soll. Die Mitglieder sind aufgefordert, aus allen Arbeitsbereichen des Bistums zehn Arbeitsbereiche auszuwählen, die aus ihrer Sicht besonders wichtig sind, damit die Kirche von Speyer ihrer Vision und ihrem Auftrag gerecht wird. Zugleich kündigte der Generalvikar an, dass alle Hauptabteilungen und Arbeitsbereiche für Informationen bereitstehen.
Das Bistum will auch prüfen, wo durch eine vertiefte ökumenische Zusammenarbeit Energien gebündelt und Mittel schonender eingesetzt werden können. Sturm rief dazu auf, ein Einsparvolumen zwischen 15 und 20 Prozent anzupeilen. Das Ergebnis aus den Rückmeldungen wird bei der nächsten Sitzung der Diözesanversammlung Ende Januar zur Diskussion gestellt. „Wir sollten die Chance nutzen, um dann offen, leidenschaftlich und geisterfüllt diese Diskussion zu führen und so zu einer Richtung zu kommen, bei der viele mitgehen können“, so Sturm.

Die Mitglieder der Diözesanversammlung bekräftigten die Notwendigkeit zum Perspektivwechsel. „Es bringt uns nicht weiter darüber zu klagen, was wir nicht mehr tun können. Wir müssen umgekehrt das in den Mittelpunkt stellen, wofür wir uns zukünftig engagieren wollen“, so ein Mitglied der Diözesanversammlung. Der Visionsprozess und der Prozess der Schwerpunktsetzung müssen in Verbindung miteinander gesehen werden, waren sich die Mitglieder der Diözesanversammlung einig. „Wir müssen Kirche neu denken und herauskommen aus dem Klein-Klein“, unterstrich Generalvikar Sturm. Jeder habe die Verantwortung, für das Ganze des Bistums mitzudenken, bekräftigte Bischof Wiesemann.

Im Februar dieses Jahres startete eine Arbeitsgruppe mit dem Auftrag, auf der Basis des Kirchenrechts ein neues Leitungsmodell für die Pfarrei Heilig Kreuz in Homburg zu entwickeln. Dr. Thomas Kiefer, Leiter der Abteilung Seelsorge in Pfarrei und Lebensräumen, gab einen Rückblick auf die Entstehung des Modells und präsentierte das Ergebnis der Arbeitsgruppe, das mit allen entscheidenden Gremien abgestimmt worden war. Für die Aufgabe des moderierenden Pfarrers hat Bischof Wiesemann Domkapitular Franz Vogelgesang, Leiter der Hauptabteilung Seelsorge, beauftragt. „Wichtig ist auch, dass die Pfarrei von der Gemeindeberatung begleitet und unterstützt wird“, betonte Kiefer.

Die Gremien in der Pfarrei nehmen ihre Aufgaben wie bisher wahr. Eine „Findungsgruppe“ habe inzwischen eine „Stellenausschreibung für Ehrenamtliche im Pfarreiteam“ formuliert. Um das neue Leitungsmodell verständlich zu erklären, wurde ein Flyer mit dem Titel „Pfarrei gestalten in gemeinsamer Verantwortung“ entwickelt. Das Pastoralteam habe sich seit dem Start im August gut eingearbeitet und jetzt werde „das Papier mit Leben gefüllt“.
Unter dem Motto „Zukunft braucht Leitung in gemeinsamer Verantwortung“ begrüßte der Katholikenrat in einer Stellungnahme, die Theo Wieder vorstellte, das neue Leitungsmodell. An Bischof Wiesemann ging die Bitte, das neue Leitungsmodell auch für andere Pfarreien in Erwägung zu ziehen.

In seinem Schlusswort würdigte Bischof Wiesemann die verantwortungsvolle und konstruktive Gesprächs- und Beratungskultur in der Diözesanversammlung: „Diese hatte schon die Diözesanen Foren positiv bestimmt. Es ist gelungen, sie auch in die Diözesanversammlung zu übernehmen.“ Bei allen Herausforderungen ermutigte er zum Vertrauen auf Gottes Gegenwart und Wirken in der Welt. „Wir müssen Segen nicht machen, sondern er kommt vom lebendigen Gott“, so Wiesemann. Begonnen hatte der Tag mit dem Bistumsgebet. Beschlossen wurde er von den Mitgliedern mit dem zweiten ökumenischen Gebet zur Corona-Krise.

Die Diözesanversammlung löst im Bistum Speyer die Diözesanen Foren ab. Sie hat die Aufgabe, die Themen und Anliegen der verschiedenen diözesanen Gremien zusammenzuführen und den Bischof zu beraten. Sie setzt sich zusammen aus den Mitgliedern des Allgemeinen Geistlichen Rates, des Priesterrates und des Katholikenrates sowie Vertreterinnen und Vertreter der Ständigen Diakone, der Pastoral- und Gemeindereferent/innen, der Ordensleute, des Diözesansteuerrates und des Caritasverbandes. Insgesamt zählt die Diözesanversammlung rund 120 Mitglieder. Im Sinn des Kirchenrechts nimmt die Diözesanversammlung die Aufgaben eines Diözesanpastoralrates für das Bistum Speyer wahr.

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Cornelia Bauer aus Speyer

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