Verkehrsberuhigung in Etappen
Die Schützenstraße als Nadelöhr?
Speyer. Am Mittwoch, 2. März, befassen sich Bau- und Verkehrsausschuss in einer gemeinsamen Sitzung mit dem Stufenplan der Stadtverwaltung zur Verkehrsberuhigung rund um den Postplatz in Speyer; am Donnerstag, 10. März, kommt das Thema dann in den Stadtrat. Im Vorfeld waren rund 60 Teilnehmer bei einer virtuellen Informationsveranstaltung dabei, in der die Verwaltung ihre Pläne vorstellte und Fragen beantwortete.
"Es ist nichts in Stein gemeißelt", schickte Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler voraus. Die Voraussetzungen für die Verkehrsberuhigung seien längerfristig durch politische Entscheidungen zu Verkehrsentwicklungs- und Nahverkehrsplan geschaffen worden, die Themen müssten jedoch transparenter an die Bürger kommuniziert werden, so die Erfahrung der OB aus der zum Teil sehr kontrovers geführten Debatte zu den Verwaltungsplänen. Die Verwaltung will den Fachausschüssen und dem Stadtrat eine Lösung in Etappen vorschlagen, bei der drei unterschiedliche Ansätze jeweils neun Monate lang ausprobiert, begleitend ausgewertet und miteinander verglichen werden sollen. Der "ganz behutsame Weg" soll die Bürger mitnehmen.
"Das ist ein Versuch, der immense Chancen bietet", sagte dazu Robin Nolasco, der Leiter des Fachbereichs Stadtentwicklung und Bauwesen. Anwohner, Bürger, Gewerbetreibende - alle sollen gemeinsam daran mitarbeiten, die bestmögliche Lösung für die Verkehrsprobleme am Postplatz zu finden - und anschließend auch an der Neugestaltung dieses "Eingangstors zur Innenstadt" mitwirken. Tatsache ist: Bald soll es viel mehr Busfahrten in der Innenstadt geben, der Postplatz eine neue Gestaltung erfahren. Damit das funktioniert, wird der Busumstieg an den Postgraben verlegt; die Innenstadt soll von Autoverkehr entlastet werden.
Künftig soll nur noch derjenige mit dem Auto durch die Innenstadt fahren, der auch tatsächlich ein Ziel im Zentrum ansteuert. Alle anderen Kraftfahrzeuge sollen leistungsfähigere Trassen benutzen und die Innenstadt umfahren. Lärm und Schadstoffe sollen so reduziert, das Stadtzentrum aufgewertet werden. Bis zum Frühjahr 2025 will die Verwaltung drei unterschiedliche Verkehrsführungen rund um Gilgen- und Bahnhofstraße erproben und detailliert betrachten, welche Veränderungen die jeweiligen Verkehrsberuhigungsmaßnahmen bringen und wie sich der Verkehr verlagert.
Los geht es mit einer Variante, die den Lkw-Verkehr aussperrt, Radfahrer und Fußgänger dem motorisierten Individualverkehr gleichberechtigt, in der Autos Schrittgeschwindigkeit fahren, grundsätzlich aber noch alle Fahrbeziehungen möglich sind. Am Ende steht 2024 die Testphase, in der Gilgenstraße und Postplatz komplett als Fußgängerzone ausgewiesen werden. Das stufenweise Vorgehen soll messbare Ergebnisse bringen, die sich miteinander vergleichen lassen. "Es beginnt ein Dialog, der über Jahre fortgeführt wird", sagt Nolasco. Das Ziel: größtmöglicher Konsens bei allen Beteiligten.
Dabei besonders spannend - auch für die betroffenen Anwohner: Wird sich das reine Rechenmodell Verkehrsmengenprognose im Praxistest bestätigen? "Die Hochrechnungen sagen, dass es funktionieren kann - auch mit den geplanten Baustellen", sagte OB Seiler. Aber auch ihr ist klar, dass sich zum Beispiel die Schützenstraße mit ihrem Bahnübergang als Nadelöhr erweisen könnte. Nolasco sieht Möglichkeiten, nachzujustieren: mit entsprechenden Ampelregelungen oder zusätzlichen bevorrechtigten Abbiegespuren zum Beispiel. Eine Anwohnerin der Schützenstraße kann er damit nicht überzeugen. "Ich sehe die Schützenstraße mit den Schließzeiten an der Bahnschranke nicht als 'leistungsstarke Ausweichstraße'", sagt sie. Schon jetzt sei das Verkehrsaufkommen mit vielen Rückstaus hoch; sie fürchtet, es wird noch schlimmer. Auch die Dudenhofener Straße biete keine zusätzlichen Kapazitäten mehr. "Mir fehlt ein Gesamtkonzept im Umgang mit dem dann ausweichenden Verkehr", lautet ihr Fazit.
Die Verwaltung vertraut auf ihr attraktiveres Buskonzept und damit auf mehr Menschen, die künftig aufs Auto verzichten, sowie auf die Umfahrung der Innenstadt. Inzwischen liegen auch die Ergebnisse einer Umfrage der Grünen unter Passanten in der Gilgenstraße vor. Befragt wurden 119 Passantinnen und Passanten. Eine klare Mehrheit, nämlich 59,4 Prozent empfinden die Verkehrssituation in der Gilgenstraße als weniger bis gar nicht angenehm. 68 Prozent der Befragten würden die Umwandlung der Straße in eine Fußgängerzone begrüßen, während 24 Prozent der Umwandlung skeptisch bis ablehnend gegenüber stehen. Die befragten Passanten hatten die Gilgenstraße zu 46 Prozent zu Fuß erreicht, 34 Prozent waren mit dem Auto in die Speyerer Innenstadt gekommen. Interessant: Drei Viertel der befragten Autofahrer fänden die Umwandlung in eine Fußgängerzone gut oder sehr gut. Umgekehrt waren aber auch ein Drittel der befragten Radfahrer nicht für die Verbannung der Autos. Weitere Informationen zur Umfrage finden sich hier.
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