Bimbam statt Bimbim
Glockengeläut - eine freundliche Einladung in den Dom
Speyer. Wenn in der vergangenen Woche die große Kaiserglocke des Speyerer Domes läutete, dann war das kein Grund zur Sorge. Normalerweise kündet das alleinige Geläut der größten Glocke des Doms vom Tod des Papstes oder des Bischofs. Dieses Mal wurde sie jedoch geläutet, um die Feineinstellungen der neuen Läutemaschinen vornehmen zu können. Rund drei Wochen dauerte die Maßnahme und kostet etwa 40.000 Euro. Ende der Woche sollen die Glocken wieder läuten.
Mit mehr als 60 Jahren war die Läuteanlage in die Jahre gekommen. „Wenn immer mehr Reparaturen anstehen, dann zieht man irgendwann die Notbremse“, erläutert die Glockensachverständige des Bistums Birgit Müller die Notwendigkeit der Maßnahme. Sie hatte daher Dombaumeisterin Hedwig Drabik empfohlen, die Läuteanlage komplett erneuern zu lassen. Diese hatte die Maßnahme geplant und mit den Verantwortlichen abgesprochen. Mit ihm Boot ist beim Thema Glocken beispielsweise auch Domkapellmeister Markus Melchiori, der für die Läuteordnung des Doms verantwortlich ist. Er hatte 2019 zusammen mit Birgit Müller 113 Läutemotive erarbeitet und bestimmten Anlässen zugeordnet.
Da klar war, dass die Glocken am Dom für drei Wochen schweigen, mussten die Arbeiten so terminiert werden, dass sie außerhalb großer kirchlicher Festzeiten durchgeführt werden konnten. „Zentral war auch das Thema Brandschutz“, so Müller. Die ganze Elektronik wurde ausgetauscht und es wurden neue speziell geschützte Kabel verlegt. Durch das Abschalten der Elektronik war ein Läuten der Glocken zwischenzeitlich nicht möglich. „Nun ist alles auf dem neuesten Stand der Technik“, sagt Müller.
Glockengeläut ist weit mehr als ein technischer Vorgang. „Die Glocken laden die Menschen dazu ein, in den Dom zu kommen“, sagt Müller, „und diese Einladung muss freundlich klingen“. Damit drückt sie aus, welche Bedeutung das Geläut einer Kirche für sie hat: Es gibt ihr quasi ein musikalisches Gesicht. Auch wenn sie für 5.000 Kirchen zuständig ist, bekommt sie beim Dom immer noch Gänsehaut, wenn eine der großen Glocken klingt. Steht man, wie sie und die Fachtechniker direkt nebendran, gehen die Schwingungen der Glocke durch den ganzen Körper.
André Vögele, Chef der Firma Marx aus St. Wendel, ist, wie Müller, absoluter Fachmann auf dem Gebiet und arbeitet beispielweise auch bei der Wiederherstellung des Geläuts von Notre Dame in Paris mit. Neben handwerklichen Kenntnissen benötigt man für diese Arbeit auch Gespür für die Glocken und ihren Klang.
Bewegt werden die insgesamt neun Glocken des Doms über große Läuteräder, die über Ketten mit den Motoren der Läutemaschinen verbunden sind. Im Rahmen der Maßnahme wurden diese Läuteräder entfettet, gesäubert und haben anschließend einen neuen Schutzanstrich erhalten. Beim Anschluss der neuen Läutemaschinen wurde dann darauf geachtet, dass keine Kette an einer der Glocken entlang schleift.
„Dann beginnt das Feintuning“, wie Georg Schneider von der Firma Marx Kirchentechnik erläutert. Die Glockensachverständige Birgit Müller erklärt: „Wenn die Glocke ,bimbam‘ macht, ist das ideal“. Bewegt sie sich zu langsam oder zu schnell, dann schlägt der Klöppel nicht richtig an oder man hört „bimbim“, ein ungewollter Doppelschlag. Die große Kaiserglocke, die 5.350 Kilogramm auf die Waage bringt, benötigt zwei Läutemaschinen.
1822 wurden die vier großen Glocken des Doms von Peter Lindemann aus Zweibrücken gegossen; ein selten erhaltenes Großgeläute des 19. Jahrhunderts. Dazu kamen 1963 fünf kleinere Glocken, die die Möglichkeit von liturgisch wertvollen Teilgeläuten enorm erhöhten. Aus diesem Jahr stammten auch die alten Läutemaschinen, die nun ausgetauscht wurden. Gesteuert werden die Glocken seither elektronisch, was vom Glockenstuhl oder der Domsakristei aus möglich ist.
Einen vertiefenden Einblick in das Thema bietet die Dom-Homepage www.dom-zu-speyer.de/bauwerk/glocken. Dort werden die einzelnen Glocken vorgestellt und man kann diese über ein Glockenmischpult einzeln oder zusammen läuten lassen.
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