Mareike und Andreas Steyer retten in Speyer und Umgebung Lebensmittel

Haben sich gesucht und gefunden: die Lebensmittelretter Mareike und Andreas Steyer aus Speyer | Foto: Cornelia Bauer
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Speyer. Mareike und Andreas Steyer aus Speyer waren schon Lebensmittelretter, da gab es dafür noch nicht mal ein richtiges Wort. Als vor etwa 21 Jahren die Tafel in Speyer noch in den Kinderschuhen steckte, half Andreas Steyer dort als Fahrer mit. Und merkte schnell, dass sehr viel mehr Lebensmittel weggeschmissen wurden, als die Tafel damals überhaupt Kapazitäten hatte, um Lebensmittel an Bedürftige weiterzugeben. Mareike und Andreas Steyer sprangen in die Lücke, liehen sich einen Hänger und ergänzten fortan die Tafel als Lebensmittelretter.

Es gibt Paare, die finden sich, ohne dass sie sich überhaupt gesucht haben. Und dann passt auf einmal alles. Bei Mareike und Andreas Steyer war das so. Bei einem Doppeldate mit Freunden beim Darts haben sie sich am 13. Februar 2001 kennengelernt. Obwohl keiner von beiden auf der Suche nach einer Beziehung war, stand Andreas Steyer am nächsten Tag, dem Valentinstag, mit Sack und Pack vor der Tür seiner Auserwählten, um einzuziehen. "Mich wirst Du nicht mehr los", so die gar nicht mal so romantische Ankündigung an die Angebetete. Doch zum Glück wollte die das auch gar nicht. Bis heute ist Mareike Steyer überzeugt: "Das ist der passende Deckel."

Sechs Monate später waren die beiden verheiratet. Heute haben sie sechs Kinder und zwei Enkel. Mareike Steyer ist eine, die sich gerne kümmert. Um ihre Familie, um ihre Hühner und Schafe, aber eben auch um andere Menschen. Und Andreas Steyer ist gerne draußen, kümmert sich um seine Bienen oder um seine exotischen Ameisen. Langweilig ist es den beiden nie. Lebensmittel zu retten bestimmt den Tagesablauf von Familie Steyer. "Jeder Tag ist wie ein Überraschungsei", erklären die beiden. Denn das Retten von Lebensmitteln ist keine Aufgabe, die sich in fünf Werktage mit festen Arbeitszeiten quetschen oder überhaupt besonders gut planen lässt.

Die geretteten Lebensmittel verteilten sie in der Anfangszeit vor ihrer Haustür und bei Andreas' Mutter in Harthausen. Noch ganz ohne WhatsApp-Gruppe funktionierte damals alles übers Weitererzählen. Bis heute unterscheiden sich die Lebensmittelretter von der Tafel dadurch, dass sie ihre geretteten Lebensmittel an jeden abgeben. Jeder kann vorbeikommen und Lebensmittel mitnehmen. Es braucht keine Berechtigungskarte, und es fließt auch kein Geld. "Wir urteilen nicht", sagt dazu Mareike Steyer. Und ergänzt: "Man sieht jemandem nicht an, ob es bei ihm gerade finanziell eng ist."

Sonntags geht die ganze Familie aufs Feld und "stoppelt"

Inzwischen haben Steyers 32 Helferinnen und Helfer, die sie unterstützen. Und die ganz Familie hilft mit, wenn es etwa darum geht, sonntags aufs Feld zu gehen, um zu "stoppeln". Dienstags und donnerstags machen die Lebensmittelretter St. Hedwig zum Umschlagplatz für Lebensmittel, mittwochs fährt Andreas Steyer für "Silbertaler" Kisten voller Nahrungsmittel an bedürftige Senioren aus. Und zwischendurch gehen dann noch gerettete Lebensmittel in die umliegenden Dörfer: nach Haßloch, nach Dudenhofen, nach Waldsee, nach Otterstadt, nach Harthausen.  „Der Bedarf steigt", sagt Andreas Steyer. Gerade bei Alleinerziehenden und Senioren. Zwischen 600 und 700 Haushalte in der Region versorgen die Speyerer mit geretteten Lebensmitteln.

"Auch wenn wir nicht viel haben, uns geht es gut", weiß Mareike Steyer nach vielen Gesprächen mit Menschen über deren persönliche Schicksale. Mareike und Andreas Steyer sind glücklich miteinander und mit dem, was sie tun, auch wenn sie selbst das Leben nicht nur von seiner sonnigen Seite kennen. Andreas Steyer ist Frührentner, Mareike Steyer hatte 2015 einen Schlaganfall und ist seitdem leicht gehandicapt. Als Mareike Steyer noch auf der Intensivstation liegt, verspricht ihr Mann ihr eine Schafherde. Und eine kirchliche Trauung. Die Mittelalter-Fans heiraten am 26. September 2015 im Gewand. In der freien Natur,  irgendwo zwischen Hanhofen und Dudenhofen. 

"Das Beste daraus machen", so könnte ihr gemeinsames Motto lauten. Aus dem Leben, aber eben auch aus den geretteten Lebensmitteln. "Kein Geld in der Tasche, aber das beste Essen auf dem Tisch", grinst Mareike Steyer. Ihr Talent, aus quasi nichts eine tolle Mahlzeit zu zaubern, stellt sie auch bei der Speyrer Mittwochssuppe unter Beweis, wo sie für den erkrankten Koch Stefan Jaik eingesprungen ist.

Lebensmittelretter Andreas Steyer versorgt Bedürftige mit geretteten Lebensmitteln | Foto: Lebensmittelretter Speyer
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In Deutschland werden laut Welthungerhilfe rund zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel jährlich in den Müll geworfen. Lebensmittel, die noch verzehrbar wären, nur leider nicht dem Schönheitsideal entsprechen. Solche Lebensmittel vor der Vernichtung zu retten und damit der Lebensmittelverschwendung einen Riegel vorzuschieben, ist an und für sich schon richtig und wichtig. Steyers setzen noch einen drauf, indem sie Bedürftige mit den zuvor geretteten Lebensmitteln versorgen.

Dabei sind sie keine Konkurrenz  zur Tafel, denn sie retten die Lebensmittel, die noch übrig sind, wenn die Tafel bereits bedient wurde. "Wir nehmen die Reste", präzisiert Andreas Steyer. Bruch, der liegen bleibt, zum Beispiel. Oder Lebensmittel, die nur mit hohem Aufwand aussortiert werden können. Außerdem fährt Steyer auch schonmal nachts auf den Großmarkt. Dennoch: Weitere Betriebe, die Produkte an die Lebensmittelretter abgeben, wären ausdrücklich willkommen. Sie tun damit nicht nur etwas Gutes und beugen der Lebensmittelverschwendung vor, sie sparen auch: Entsorgungskosten, aber auch Arbeitszeit, die das Personal ansonsten fürs Aussortieren bräuchte. Ein Haftungsausschluss sichert die Supermärkte rechtlich ab. An Abnehmern, das wissen Steyers ganz genau, gibt es vorerst keinen Mangel. [cobc]

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Cornelia Bauer aus Speyer

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