Rucksackschule Speyer: "Kinder sollen den Wald kennen, lieben und schützen lernen"

Derzeit für die Rucksackschule des Forstamtes Pfälzer Rheinauen verantwortlich: Försterin Beate Werner und Förster Volker Westermann | Foto: Rucksackschule Speyer
  • Derzeit für die Rucksackschule des Forstamtes Pfälzer Rheinauen verantwortlich: Försterin Beate Werner und Förster Volker Westermann
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Speyer. Die Rucksackschule Speyer gibt es schon gut ein Vierteljahrhundert. Sie ist ein Umweltbildungsangebot des Forstamtes Pfälzer Rheinauen und richtet sich an Schulen, Jugendgruppen und Kindergärten im Rhein-Pfalz-Kreis, im Landkreis Germersheim sowie in den kreisfreien Städten Frankenthal, Ludwigshafen und Speyer. Cornelia Bauer sprach mit Försterin Beate Werner, die das waldpädagogische Angebot 1998 gemeinsam mit Förster Albert Jung ins Leben gerufen hat.

???: Sie haben die Rucksackschule mit begründet. Was war der Anlass, was Ihre Ziele?
Beate Werner: Ich hatte ein Schlüsselerlebnis bei den Waldjugendspielen in Speyer. Eine neunjährige Teilnehmerin aus Ludwigshafen erzählte mir damals, dass sie zum ersten Mal im Wald ist. Das hat mich damals sehr schockiert und mir vor Augen geführt, dass der Wald für Kinder aus der Stadt weit weg ist und dass es nicht länger normal ist, dass Kinder im Wald spielen. Schon damals wuchsen viele Kinder eher naturfern auf, ohne einen frühkindlichen Bezug zum Wald zu entwickeln.

Zeitgleich wurde 1997 der erste Waldkindergarten in Speyer gegründet. Das zeigte zum einen, der Bedarf ist da, aber das hat auch einen gewaltigen Boom ausgelöst. Während es davor hauptsächlich Nachfragen aus Regelkindergärten nach Gruppenführungen gab, wollten auf einmal ganz viele Institutionen Waldtage oder Waldwochen organisieren und mit dem Förster in den Wald - das war für die einzelnen Förster nicht mehr zu stemmen. Die Rucksackschule wurde gegründet. Ihr Ziel: Menschen - und da ganz besonders Kindern - im Wald Naturerfahrungen ermöglichen und Zusammenhänge begreifbar machen. Die Kinder sollen den Wald kennen, lieben und schützen lernen. Albert Jung und ich wurden zwischenzeitlich abgeordnet, dann hat Jürgen Render die Idee ausgebaut.

???: Den Wald erleben, die Natur verstehen und Zukunft gestalten - so steht es im Konzept der Speyerer Rucksackschule, die beispielgebend für ganz Rheinland-Pfalz war. Wie hat sich Ihre Arbeit mit den Jahren verändert?
Werner: Wir sind gestartet mit Grundschulen und Kitas als Zielgruppe; oft waren das geschlossene Gruppen einer Einrichtung. Inzwischen hat sich der Kreis der Interessierten ausgedehnt, und wir bieten Programme für alle Altersgruppen - vom Kleinkind bis zum betagten Menschen. Außerdem haben wir ein umfangreiches Walderlebnisprogramm für Familien entwickelt. Längst gehen wir mit unseren Teilnehmerinnen und Teilnehmern nicht mehr nur bei schönem Wetter in den Wald, sondern auch dann, wenn es kalt und kahl ist.

Als außerschulischer Lernort ist die Rucksackschule ein wichtiger Partner für die Bildungsarbeit der Schulen und durch das Pädagogische Landesinstitut als Lernort Nachhaltigkeit Rheinland-Pfalz anerkannt. Wir erreichen im gesamten Forstamts-Bereich, der sich von Bobenheim-Roxheim etwa 90 Kilometer entlang des Rheins bis Neuburg erstreckt, übers Jahr mehr als 10.000 Teilnehmer. Neben Angeboten für offene und geschlossene Gruppen und als Ferienprogramm gibt es auch Fortbildungsveranstaltungen für Lehrkräfte und Erzieher sowie Praktika im Rahmen der Ausbildung zum zertifizierten Waldpädagogen. Wir leben Inklusion. Menschen mit Beeinträchtigungen sind uns bei all unseren Angeboten stets willkommen, wir bieten aber auch gezielt Veranstaltungen für Einrichtungen an, wenn diese das möchten. 

???: Sie bieten Naturerlebnisse an. Ist der Wald den Kindern heute fremder, Ihre Arbeit damit heute noch wichtiger als zum Zeitpunkt der Gründung?
Werner: Der Wald ist den Kindern heute nicht fremder als seinerzeit ihren Eltern. Aber die Kinder haben viele Termine und sind in ihrer knappen freien Zeit auch noch häufig virtuell unterwegs. Unbefangen draußen zu spielen, das fehlt. Und damit auch die Erfahrung mit der Natur. Kreative Langeweile können die wenigsten aushalten; die Kinder scheinen heute mehr Animation zu brauchen. Den Wald und die Natur direkt vor ihrer Haustür müssen sie erst kennenlernen. Da ist es gut, dass wir mit unserem mobilen Angebot in genau den Wald kommen, der für die Gruppe ohne Probleme zu erreichen ist. Hier sollen die Kinder den Wald nicht als bloße Kulisse, sondern als Entdeckungsraum erleben, über Stock und Stein gehen statt indoor über einen künstlich angelegten Parcours, Moos befühlen, Kleinstlebewesen mit der Lupe suchen, die verschiedenen Gerüche wahrnehmen und sich die Hände in der Erde dreckig machen.

???: Klimakrise und Naturschutz sind heute in aller Munde. Was kann Umweltbildung vor diesem Hintergrund leisten?
Werner: Wir können die Kinder auf ihren ersten Schritten hin zu einem Verständnis der Zusammenhänge in der Natur begleiten. Die Klimakrise ist von Menschen gemacht. Wir zeigen die Einflüsse des Menschen auf, aber auch Handlungsalternativen. Viele Kinder erleben bei uns einen Aha-Moment, verstehen zum ersten Mal, wie wichtig Bäume für das Leben von Mensch und Tier sind und wie das Ökosystem Wald funktioniert. Sie verstehen es durch eigenes Erleben mit allen Sinnen draußen in der Natur, nicht indem man es ihnen eintrichtert. Eigenes Erkennen weckt Empathie und Betroffenheit und gibt den Anreiz, das Handeln zu verändern. 

???: Wenn Sie einen Blick in die Zukunft werfen könnten: Wird es die Rucksackschule auch künftig noch geben? 
Werner: Ich hoffe, dass die Idee noch viele Jahre weiter lebt. Wir leisten gute Arbeit;  viele unserer Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen mehr als einmal. Die Nachfrage ist so hoch, dass wir den Bedarf aktuell nicht decken können. Tatsache ist, dass die Förster derzeit auch in ihren Revieren dringend gebraucht werden, weil wir aktuell einen hohen Personalbedarf haben. In Zukunft haben wir Unterstützung durch zertifizierte Waldpädagogen, die die Idee weiterführen. Mit dem Konzept bleiben wir dabei stets auf der Höhe der Zeit und passen es an. Es ist mir eine Herzensangelegenheit, dass das Projekt auch weiterhin im Wald statt findet - und nicht im Klassenzimmer, dass wir nicht Bilder einer Eiche zeigen, sondern die Rinde der Eiche anfassen, die Blätter der Eiche sammeln und Eicheln in der Erde vergraben, um einen neuen Baum zu säen. Der Wald liefert so viel Lehrmaterial, das sollten wir nutzen.

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Cornelia Bauer aus Speyer

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