Schulstart: Schulseelsorger gibt Tipps - nicht nur für Erstklässler
Speyer. Die Schule geht wieder los, für viele das erste Mal! Die Schule ist für die Erstklässler noch absolutes Neuland, eine komplette Umstellung. Statt spielerischer Beschäftigung in der Kita wird jetzt die Schulbank gedrückt – und „für‘s Leben gelernt!“ Doch wie bereiten Eltern ihre Kinder am besten auf diese neue Situation vor? Thomas Stephan ist Leiter der Schulseelsorge im Bistum Speyer und als Schulseelsorger tätig – in Krisen und bei Notfällen. Er hält Tipps zum Schulstart bereit.
Schulstart ist eine Entdeckungsreise
Was sind also gute Ideen, um als Eltern Kinder optimal auf diese neue Herausforderung vorzubereiten? „Ich würde mir wünschen, dass der Schulstart wie eine Entdeckungsreise verstanden wird“, sagt Thomas Stephan. „Dass die Kinder an die Hand genommen werden, dass sie Fähigkeiten entwickeln dürfen, dass sie etwas entdecken, ausbauen oder erwerben können, was ihnen für ihr späteres Leben hilft. Sie können neue Freunde gewinnen - das geht sehr schnell in Schulen - und sie können ganz tolle Dinge lernen, das ist etwas ganz Wichtiges.“
Vor allem sollte das Ganze ohne jegliche Form von „Druck“ stattfinden. „Angst machen vor Noten - das halte ich für sehr kontraproduktiv. Ein Beispiel aus der Praxis: Mir hatte ein Vater eines Grundschulkindes erzählt, das er jetzt schon spart für das Studium seiner Tochter. Da muss ich ehrlich sagen, das halte ich für problematisch. Dem Kind vom Anbeginn an die Karten zu legen, dass es Leistung bringen muss. Damit es dann das Abitur macht, um ein erfolgreiches Jurastudium zu absolvieren und dann erfolgreich im Leben zu sein. Ich glaube, das wäre eine völlige Überfrachtung und Überforderung für die Kinder. Das ist viel zu früh und setzt die Kinder unter Druck", so Thomas Stephan.
„Es sollte das Ziel sein, die Kinder neugierig zu machen“
Schule soll für Schulanfänger vor allem eines machen: Spaß! Eltern sollten ihren Kindern die Angst vor dem Schulstart nehmen, so Thomas Stephan: „Ich finde es keine gute Idee, in Sachen Schule vom 'Ernst des Lebens' zu sprechen. Damit bauen die Eltern ein Szenario auf, das die Schule überhaupt nichts mit Spaß, Freude und Entdeckung zu tun hat, sondern, dass das etwas Gruseliges ist, wovor ich möglicherweise Angst bekomme. In der Schule geht es aber darum, seine Fähigkeiten zu entdecken. Es sollte das Ziel sein, die Kinder neugierig zu machen.“
Gemeinsam mit seiner evangelischen Kollegin Anke Lind, Beauftragte für Schulseelsorge bei der Evangelischen Kirche der Pfalz, kümmert sich Thomas Stephan um die Schulseelsorge in der Region. Es sei, so Thomas Stephan vor allem auch wichtig, dass die Eltern das offene Gespräch mit dem Kind suchen: „Ich glaube, Ängste sind oftmals so diffuse Dinge. Umso konkreter sie benannt werden können, desto schneller können sie auch wieder weggehen. Dem Kind Beistand und Unterstützung zusagen, ist sehr wichtig.“
Zwei Wochen vor Schulbeginn empfiehlt der Schulseelsorger den Eltern, aktiv mit dem Kind über die Einschulung zu sprechen. „Die Vorbereitung auf den großen Tag beginnt jedoch viel früher. Spätestens, wenn es darum geht, welchen Schulranzen, welches Mäppchen kaufe ich. Je schöner man die Vorbereitungszeit für das Kind gestaltet, indem das Kind eigene Ideen mit ein fließen lassen kann, desto geringer sollten dann auch die Hemmschwellen sein.“ Das wichtigste sei auch, dass die Eltern für ihre Kinder da sind.
Thomas Stephan: „Ich glaube, drei entscheidende Aspekte sollten wir dem Kind nah bringen, zum einen Nähe. Du bist jetzt ein Schulkind und dennoch bist du mein Kind. Du bist nicht berufstätig geworden. Ich bleibe auch deine Mama und dein Papa genauso wie vorher. Zweiter Punkt wäre für mich das Thema Verständnis. Es ist wichtig, dem Kind zuzuhören. Und am Ende, der dritte Punkt, dem Kind zu signalisieren, egal was passiert, ich bin für dich da. Das ist der Schlüssel für die Anfangszeit.“
Doch was ist mit den Kindern, die jetzt nach den Ferien in eine weiterführende Schule kommen? Sie haben vier Jahre Grundschule hinter sich und plötzlich ist mit der fünften Klasse wieder alles neu: Eine neue Schule, eine neue Klasse und völlig neue Schülerinnen und Schüler. Auch da hat Thomas Stephan Tipps für die Eltern: „Also ich glaube eine gute Idee ist es, darauf hinzuweisen, dass die Kinder ja schon die Grundschule geschafft haben. Sie haben schon viele Erfahrungen gesammelt und Fähigkeiten erworben.“ Dabei betont der Schulseelsorger: „Es ist eine Umstellung. Sie waren die Großen in der Grundschule, jetzt sind sie die Kleinen in der weiterführenden Schule. Doch die Kinder müssen den Neubeginn nicht alleine durchstehen. Es gibt Freunde und Freundinnen, die vielleicht mit ihnen diesen Wechsel machen. Und auch die Eltern stehen weiterhin dem Kind zur Seite.“
Fähigkeiten in Arbeitsgruppen der Schule stärken
Kleine Rituale helfen den Schülerinnen und Schülern vor dem Neubeginn in der weiterführenden Schule. Thomas Stephans Tipp: „Den Schulranzen ausmisten, der möglicherweise in der Ferienzeit in der Ecke gestanden ist, das Mäppchen auffüllen, neue Hefte kaufen. Dann steigt die Vorfreude. Und dabei nicht vergessen, dass Schule eben nicht alles ist.“ Es sei auch wichtig, dass die Freizeitaktivitäten nicht zu kurz kommen. Denn ein viel zu voll gepackter Wochenplan ist auch problematisch.
Thomas Stephan: „Jedes Schuljahr bietet die Möglichkeit, ein bisschen zu entstressen und zu entzerren. Und da finde ich, sollte man mit den Kindern ins Gespräch kommen. Was hat sich im letzten Schuljahr bewährt, was wäre sinnvoll für das neue Schuljahr. Zum Beispiel kann man auf die Suche nach einer passenden AG gehen, die an vielen Schulen angeboten wird. Eine gute Möglichkeit, wo die Fähigkeiten des Kindes gestärkt werden.“
Was ist, wenn die Kinder dennoch Probleme zum Schulstart haben sollten? Schulseelsorger Stephan hat einen Ratschlag: „Unterstützung findet man zum Beispiel bei der 'Nummer gegen Kummer'. Oder man telefoniert mit der Telefonseelsorge, die Eltern auch helfen können. Selbstverständlich gibt es auch spezielle Online-Beratungsangebote, wie die 'Internetseelsorge.de', wo sich Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrer und Lehrerinnen hinwenden können.“ Und in der Schule selbst? Hier kann man Rat bei der Schulseelsorge, Vertrauens- oder Verbindungslehrern- und Lehrerinnen suchen. „Denn keinem ist daran gelegen, dass Kinder in der Schule scheitern oder Angst haben“, so Thomas Stephan. Parviz Khosrawi
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