Soziale Anlaufstelle Speyer: "Niemand wird obdachlos geboren"
Speyer. Viel wird geredet über Menschen, die im reichen Deutschland leben und von Armut betroffen sind. In Speyer soll ein in der Form in der Pfalz einzigartiges Projekt bald dafür sorgen, dass Menschen, die obdachlos oder von Obdachlosigkeit bedroht sind, eine stationäre Anlaufstelle vorfinden, die sie und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt.
Möglich macht das die Zusammenarbeit zwischen der Stadt, der städtischen Bauchhenß-Spies-Stiftung und einer etwa zwölfköpfigen Gruppe Ehrenamtlicher um Stefan Wagner. Zweck der Bauchhenß-Spies-Stiftung ist es, die Armen der Stadt Speyer zu unterstützen. Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler sieht die Stiftungsgelder in einem Umbau des Kiosks am Festplatz sehr gut investiert. Im Herzen Speyers und ganz und gar nicht an den Rand gedrängt sollen die Menschen hier künftig einen Platz haben, an dem es heißen Kaffee gibt, warme Kleidung, gute Gespräche, aber auch die Möglichkeit, sich zu duschen sowie Wäsche zu waschen und zu trocknen.
Weil bei Obdachlosen die Suche nach einem sicheren Schlafplatz und die Organisation von Mahlzeiten im Vordergrund steht, komme bei vielen die Körperhygiene zu kurz, erläutert Stefan Wagner. Auch hier will das Projekt Abhilfe schaffen. Alles vollkommen anonym, ohne Zwang, ohne Angabe von Daten. Weitere Hilfen können vermittelt werden - aber eben nur auf ausdrücklichen Wunsch.
"Armut kann jeden treffen". Stefan Wagner kann gar nicht oft genug betonen, wie schnell das geht, dass Menschen aus ihrem Leben gerissen werden. Durch Arbeitslosigkeit oder eine Trennung zum Beispiel. Und wie schwierig ist dann für sie sein kann, ihr Leben wieder in die Spur zu bringen. Wer helfen möchte, der muss ein Vertrauensverhältnis aufbauen. Und dafür sorgen, dass das Gegenüber sich nie als Bittsteller fühlt. "Niemand wird obdachlos geboren", erinnert Wagner.
"Wir wollen auf die Menschen zugehen, sie unterstützen und ihnen auf diese Weise ihre Würde zurück geben", sagt Seiler. Wagner ergänzt: "Wir wollen Speyer ein Stück weit besser machen." Der Start mit dem Winterbus im vergangenen Jahr habe gezeigt, dass man mit niederschwelligen Angeboten auf dem richtigen Weg sei, soziale Kontakte herzustellen. Und die Bereitschaft der Speyerer zu spenden, sei überwältigend gewesen - vom Haarschnitt bis zum Schlafsack.
Nach der Sommerpause sollen die Umbaupläne konkreter werden. Bis zur kalten Jahreszeit will man die knapp 70 Quadratmeter großen Räumlichkeiten auf Vordermann bringen. Am Dringlichsten: ein neues Dach und neue Fenster. Vorher sei das Gebäude nicht nutzbar. Was der Umbau genau kosten wird, steht noch nicht fest. Etwa 50.000 Euro könnten aus der Stiftung in das Projekt fließen. Aber Seiler will auch Spenden akquirieren und hofft auf ehrenamtliches Engagement beim Umbau.
Zunächst soll das Kiosk zwei Mal pro Woche offen sein - die Duschen werden aber auch außerhalb der Öffnungszeiten zugänglich sein. Wie viele Obdachlose in Speyer leben, ist nicht bekannt. "Menschen, die durchs soziale Raster fallen, werden statistisch nicht erfasst", erklärt die OB. Wohnungslose Menschen, die etwa in Schrebergärten oder auf Campingplätzen leben, gibt es in Speyer um die 140.
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