Leben mit Parkinson
Theo Germann greift zum Pinsel und schwelgt in Farbe
Speyer. In seiner Galerie im Glashaus hängen großformatige Bilder, die vor Farbe nur so strotzen, neben zarten Zeichnungen und Bleistiftstudien. Immer wieder begegnen einem im ehemaligen Gewächshaus Speyerer Motive: der Dom natürlich, das Altpörtel in knalligem Grün, aber auch die Theke und die Bugholzstühle im Café Plüsch. Der Speyerer Theo Germann zeichnet und malt, was er kennt und liebt. Sein Speyer. "Hier kenne ich jeden Meter", schreibt er in einem seiner Texte, "und doch bin ich wieder verzaubert; bin verzaubert von meiner Stadt."
Der 75-jährige Autodidakt greift erst seit ein paar Jahren zu Pinsel und Stift. Ein Berufsleben lang war er Gärtner. Dann die Diagnose: Parkinson. Eine schleichende und bislang unheilbare Krankheit. Vor sechs Jahren war das, vielleicht auch vor sieben. "Ich zähle nicht mit", sagt Theo Germann. Parkinson ist nicht einfach zu diagnostizieren; es ist die Fülle an Symptomen - das Zittern der Hände, die abnehmende Bewegungsfähigkeit, die Trippelschritte, Gleichgewichtsstörungen, die vorne über gebeugte Körperhaltung - die auf Morbus Parkinson schließen lässt. Ursache für die "Schüttellähmung": ein Nervenzellsterben im Hirnstamm und damit einhergehend ein Mangel am Botenstoff Dopamin.
Parkinson lässt sich zwar nicht heilen, aber gut medikamentös behandeln. "Ich bin gut eingestellt", sagt Theo Germann. Mit den Einschränkungen hat er gelernt zu leben, akzeptiert inzwischen die Hilfe von Freunden und Familie. Doch von seiner Krankheit will er sich nicht beherrschen lassen. Dabei helfen ihm das Malen, Zeichnen und Schreiben. "Vor allem die Malerei fordert mich geistig - wenn ich meine Bilder durchdenke, mir den Bildaufbau vorstelle oder mir überlege, wie ich die Spiegelung der Sonne auf dem Wasser hinbekomme", erzählt er. Sein Ziel: Jeder Pinselstrich soll sitzen.
"Tu etwas, etwas Neues, etwas, das Du noch nie probiert hast!" Diesen Tipp hat Germann von seinem Physiotherapeuten erhalten. Und beherzigt. Weil es ihm Spaß macht und weil er das Gefühl hat, dass eine positive Einstellung den Verlauf seiner Erkrankung wesentlich beeinflusst. "Mein Geruchssinn ist nicht zurückgekehrt, aber meine Schrift ist wesentlich besser geworden", sagt er. Bei seinem jüngsten Besuch beim Neurologen musste die Dosis seines Medikaments nicht erhöht werden. Ein Erfolg.
Anfangs hat er gezeichnet, doch das sei für seine Parkinson-Hand anstrengend gewesen. Der Griff zum Pinsel und die intensive Beschäftigung mit Farbe waren jedoch Volltreffer. "Ich male noch mit kräftigen Farben; die leisen Töne will ich noch lernen", sagt Germann selbstkritisch. Auch am Schattenwurf will er noch arbeiten. Dennoch traut er sich jetzt, seine Arbeiten auch auszustellen. Und hat den Kopf bereits voller neuer Ideen. "Ich hoffe, dass ich anderen Parkinson-Patienten einen Anstoß geben kann, selbst etwas Neues, Unbekanntes auszuprobieren", sagt er.
Von 30. September bis 8. Oktober plant Theo Germann in seiner ehemaligen Gärtnerei eine Ausstellung mit den Werken Parkinson-Betroffener. Eine Woche lang kann man sich dann täglich von 14 bis 18 Uhr einen Eindruck davon verschaffen, was auch mit der Krankheit alles möglich ist. Gezeigt werden Zeichnungen, Gemälde, Fotografien und Keramik. Noch ist Platz für weitere Werke.
Weitere Informationen & Kontakt
Theo Germann
Galerie im Glashaus
Am Rübsamenwühl 22, Speyer
Telefon: 06232 63040
E-Mail: gaertnerei-germann@t-online.de
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