Wie unser Leben nach Corona aussehen könnte
Wird alles so wie früher, Klaus Fresenius?
Speyer. Was macht Corona mit unserer Gesellschaft? Rücken wir näher zusammen - oder spaltet uns die Pandemie? Ändert sich dauerhaft etwas - oder wird alles wieder so wie früher? Das "Wochenblatt" stellt diese Fragen Speyererinnen und Speyerern aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen und fragt sie nach ihrer Einschätzung. Heute: Klaus Fresenius, bildender Künstler und Vorsitzender des Kunstvereins Speyer.
Das komplette öffentliche Leben runtergefahren, Geschäfte zu, die Kulturstadt Speyer leer, keine Konzerte, keine Theateraufführungen. Klaus Fresenius steht noch ganz unter dem Eindruck des noch nie Dagewesenen, eines Lockdown, der vor allem auch die Kultur in Speyer massiv getroffen hat. Für Maler oder Bildhauer habe sich die Arbeit alleine im Atelier zwar nicht verändert, wohl aber die Möglichkeiten, ihre Werke zu verkaufen. Einige Kollegen hätten sich andere Arbeit suchen müssen, um ihre Miete weiterhin zahlen zu können. Die Region sei keine einfache für freischaffende Künstler - und Corona habe die Situation noch weiter verschlimmert. So mancher seiner Kollegen werde sich wohl nicht über Wasser halten können.
"Nicht alles ist digital möglich"
Für Fresenius ist die Pandemie noch lange nicht vorbei - nicht für die Gesellschaft und nicht für die Kunst. Gerade sitzt er über den Einladungen für die nächste Ausstellung des Kunstvereins. Eine Vernissage scheint aktuell nicht möglich, also grübelt er über andere Wege, Begegnungen mit dem Künstler zu ermöglichen. Über allem hängt das Damoklesschwert einer möglichen vierten Welle im Herbst.
"Das Virus wird bleiben und wir werden uns zumindest alljährlich damit beschäftigen müssen, wenn es darum geht, ob wir uns dagegen impfen lassen", glaubt er. Und was bleibt sonst von Corona? "Viele Menschen haben in dieser Zeit gemerkt, was ihnen am meisten fehlt", sagt Fresenius. Und dass einiges digital möglich ist, aber eben nicht alles. Videos über Ausstellungen oder Künstler anzuschauen ersetze nicht den Besuch in der Galerie, die Auseinandersetzung mit den Originalen, den Austausch mit anderen Besuchern oder gar mit dem Künstler selbst - davon ist Klaus Fresenius fest überzeugt. Dennoch: "Less is more", zitiert er Mies van der Rohe und glaubt, dass die Konzentration auf die wesentlichen Dinge im Leben am ehesten das sein könnte, was an Positivem bleibt für ein Leben nach der Pandemie.
Fresenius hofft, dass die Menschen jetzt nach dem hungern, was sie so lange haben entbehren müssen: die Auseinandersetzung mit der Kunst. "Es ist die geistige Nahrung, die uns in Spannung hält", sagt er. Wenn sich im September an zwei Wochenenden die Ateliers in Rheinland-Pfalz wieder öffnen, dann will Fresenius dabei sein. "Ich hoffe auf regen Besuch, gute Gespräche und auch auf Verkäufe", sagt der 69-Jährige.
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