#briefwechsel
Ist jetzt bald mal Schluss mit all den Einschränkungen?
Wertgeschätzte Kollegin, liebe Frau Schwitalla,
ist jetzt bald mal Schluss mit all den Corona-Einschränkungen? Ich frage für einen Freund, genauer für einen Facebook-Fan. Der stellte heute morgen als Kommentar zu den aktuellen Corona-Fallzahlen im Rhein-Pfalz-Kreis die Frage, ob angesichts der dort genannten Zahlen die Corona-Vorsichtsmaßnahmen überhaupt noch gerechtfertigt seien. Schließlich habe man bei der Grippewelle 2017/18 mit 6.000 Erkrankten in Rheinland-Pfalz keine derartigen Maßnahmen ergriffen.
Und jetzt überlege ich, was ich dem Mann antworten soll. Deutschland sei bislang gut durch die Coronakrise gekommen, heißt es. Natürlich auch dank besonnen getroffener politischer Entscheidungen. Bei uns haben sich im Vergleich zu Ländern wie Italien, Frankreich, Spanien, Großbritannien und den USA wenige Menschen mit Covid-19 infiziert; im internationalen Vergleich sind weniger Menschen mit dem Virus gestorben. Und unser Gesundheitssystem scheint weit davon entfernt zu sein, in die Knie zu gehen.
Verständlich, dass da der Wunsch aufkommt, die Mund-Nasen-Masken in der Kommode zu verstauen, auf den Mindestabstand zu pfeifen und wieder mit tausenden Gleichgesinnten ein Konzert zu besuchen. Ich verstehe diesen Wunsch nicht nur, ich teile ihn auch.
Auch, weil ich weiß, dass viele Menschen sehr unter der Krise zu leiden haben. Weil sie in Kurzarbeit sind und weniger Geld zur Verfügung haben. Weil ihre wirtschaftliche Existenz von Veranstaltungen abhängt. Oder weil sie - wie zum Beispiel die Gastronomen - mehr Hygieneaufwand betreiben müssen, um weniger Geld zu verdienen. Natürlich wünsche ich uns allen, dass die Corona-Maßnahmen bald der Vergangenheit angehören. Allerdings halte ich das für nicht sehr wahrscheinlich.
Auch ohne an die Unausweichlichkeit einer zweiten Welle zu glauben, steht für mich fest, dass das Virus in der kalten Jahreszeit, wenn sich das Leben wieder drinnen abspielt, eine wahrscheinlichere Chance auf Verbreitung hat. Und auch wenn jedes Jahr viele Menschen an der Grippe sterben, so ist das Grippevirus im Gegensatz zu Sars-CoV-2 doch etwas, das wir kennen. Das Coronavirus war bis vor kurzem unbekannt, die Risiken sind in der kurzen Zeit noch nicht bis ins letzte Detail analysiert. Ist Covid-19 schlimmer als eine heftige Grippe? Das scheint zumindest möglich. Und solange diese Unsicherheit besteht und es keinen massenhaft zur Verfügung stehenden Impfstoff gibt, bin ich für Vorsicht.
Herzlichst,
Ihre Cornelia Bauer
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