Speyer: Wilderer machten kurzen Prozess
"Von Schrotkörnern durchlöchert"
Tatort. Holzdiebstahl, Wilderei und illegale Waldweide führten seit jeher zu dramatischen Ereignissen im Wald - bis hin zum Mord. 1912 haben ein Vater und sein Sohn aus Berghausen auf der Speyerer Gemarkung Vogelgesang den städtischen Feldhüter Philipp Becker erschossen.
Mit den Worten "Brenn'em äns druff!" soll der 48-jährige Vater seinen Sohn zur Tat angestiftet haben. Der 28-Jährige gab mehrere Schüsse aus seiner Jagdflinte ab, so dass der Feldhüter laut ärztlichem Gutachter "von Schrotkörnern durchlöchert" war. Weil der 38-jährige Vater dreier Kinder danach noch lebte, tötete er den um Erbarmen flehenden Mann kaltblütig mit einem aufgesetzten Schuss in die Brust. Der Feldschütz hatte die beiden beim Diebstahl von Rübenpflanzen erwischt. Sie waren im Dorf und auch bereits vor Gericht als Wilderer bekannt.
Mörder waren bereits wegen Wilderei im Gefängnis gewesen
Bluthunde - heute würde man sie wohl "Mantrailer" nennen - aus Ludwigshafen, Mannheim und Worms brachten die Polizei auf die Spur der Täter. Das Schwurgericht Zweibrücken verurteilte die beiden geständigen Mörder zum Tode; der bayrische Prinzregent Luitpold begnadigte sie zu lebenslangem Zuchthaus. Beide waren zuvor von der Strafkammer in Frankenthal schon einmal wegen "gewerbsmäßiger Jagdausübung ohne Berechtigung" zu zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden. Die beiden hatten seinerzeit zugegeben, seit Jahren regelmäßig zwischen Speyer, Berghausen und Mechtersheim Fasanen, Hasen und Rehe zu schießen.
Es war damals nicht ungewöhnlich, dass Wilderer, um ungestört jagen zu können, mit ihrer Flinte auch schon mal den Förster ins Visier nahmen. Forstbeamte galten als verhasste Vertreter der Obrigkeit, die die Armen daran hinderten, sich aus dem Wald zu holen, was sie zum Leben brauchten, und lebten daher gefährlich. Beim Rinkenbergerhof soll sogar ein regelrechter „Wildererkrieg“ stattgefunden haben, in dessen Verlauf ein Waldhüter namens Glück aus Speyer erschossen worden sein soll. Und die Schifferstadter nannte man dereinst die "Braconniers", französisch für Wilderer - sicher nicht von ungefähr.
Wittkreuz im Schifferstadter Wald erinnert an Mordfall
Das sogenannte Wittkreuz, ein Sühnekreuz im Schifferstadter Wald, zeugt noch heute vom Mord an Martin Witt. Witt galt als mutiger Mann, der den Wilderern und Holzdieben das Leben schwer machte. Häufig kannten die Wald- und Feldhüter die Rechtsbrecher natürlich, doch sie mussten sie auf frischer Tat erwischen, um sie vor Gericht stellen zu können. Die Bevölkerung half bei der Aufklärung nicht mit - teils aus Bewunderung, teils aus Angst vor Rache. Seinen Mut bezahlte Martin Witt mit dem Leben: Am 6. Mai 1876 erschoss der Wilddieb und Tagelöhner Daniel Imo den 45-jährigen Forst- und Waldhüter. Imo kam mit seiner blutigen Tat nicht davon. Er wurde verraten und starb im Zuchthaus in Kaiserslautern. cob
Autor:Dehäm Magazin aus Ludwigshafen | |
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