Sportler des Jahres
"Solange ich an der Platte stehen kann, spiele ich Tischtennis"
Speyer. Es war ein erfolgreiches erstes März-Wochenende für Mario Schneller aus Speyer. Beim Ball des Sports wurde der Para-Tischtennisspieler samstags als Sportler des Jahres geehrt. Nach einer sehr kurzen Nacht wurde er tagsdrauf in Niederelbert doppelter Landesmeister und qualifizierte sich für die Deutschen Meisterschaften im April in Sindelfingen. Im Juni fährt Mario Schneller außerdem zu den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften.
Mario Schneller war auch die erste Wahl der Wochenblatt-Leser bei der Abstimmung zum Sportler des Jahres. Doch was bedeutet dem Para-Tischtennisspieler dieser Titel? "Ich habe - bei der Konkurrenz - überhaupt nicht damit gerechnet", sagt Mario Schneller im Gespräch mit dem "Wochenblatt" bescheiden. Daher freue er sich um so mehr über die Wertschätzung - auch weil der Fokus damit auf den Behindertensport gelenkt werde, der sonst nur wenig Beachtung erfahre. Sport ist Mario Schneller schon immer wichtig - und kommt für ihn gleich nach seiner Familie: "Ich mag vor allem die Gemeinschaft, die Kameradschaft unter Sportlern."
Im November 2021 erhält der heute 46-Jährige die Diagnose: FSDH1, ein Gendefekt, der zum Abbau der Muskulatur führt. Eine Therapie gibt es nicht. Wegen schlimmer Rückenschmerzen war er zum Arzt gegangen. Schneller, früher Fußballer, aber auch von Kindesbeinen an Tischtennisspieler, will dennoch in Bewegung bleiben. "Das hilft der Muskulatur", sagt er - auch wenn er nicht mehr so aktiv sein kann wie früher. Für ihn steht fest: "Solange ich an der Platte stehen kann, spiele ich Tischtennis." Seine Familie steht fest hinter ihm. Allein wegen seiner beiden Kinder - der Sohn ist 15, die Tochter sechs - kam aufgeben für ihn nie in Frage. "Die brauchen mich", sagt der Familienvater und ergänzt: "Ich fordere mich, solange es geht."
Auch in seinem Heimatort Kirrweiler ist man stolz auf den Para-Sportler. Dort hat er als Kind mit Tischtennis begonnen. Über Hochstadt und Dudenhofen kam Schneller nach Waldsee und schließlich zum TSV Speyer, wo er heute noch trainiert. Allerdings nur noch einmal in der Woche. Mehr schafft sein Körper nicht mehr. 50 Prozent Schwerbehinderung hat er seit der Feststellung des Gendefekts. Auch bei der Arbeit bekommt Schneller die körperlichen Einschränkungen zu spüren, musste vom Lager in die Disposition wechseln.
Unterkriegen lassen will er sich aber trotz seiner Erkrankung nicht. Im Netz stößt er auf den Behindertensportverband (BSV) Rheinland-Pfalz. Die Möglichkeit, dort zu spielen und weiterhin Wettkämpfe zu bestreiten - mit den Voraussetzungen, die er jetzt hat - macht ihm Mut. Auch für die vielen tollen Menschen, die er über den BSV kennen gelernt hat, wünscht er sich ein größeres Publikum und mehr Beachtung und Anerkennung für die erbrachten sportlichen Leistungen.
"Ich spiele, um zu gewinnen", sagt Schneller über sich. So wundert es nicht, dass er sich anspruchsvolle Ziele gesetzt hat: 2023 würde er gerne unter die Top Ten kommen, die hat er im vergangenen Jahr knapp verpasst. Und 2024 wäre er gerne bei den Paralympics in Paris dabei. "Das wird schwer, wäre aber schön", sagt Mario Schneller. Auch die Teilnahme an einer Europameisterschaft wäre für ihn ein großer Erfolg.
Auch wenn es derzeit noch kein Mittel gegen den Gendefekt gibt und er irgendwann wohl einen Rollator brauchen wird, Schneller hat die Forschung im Blick - und die Hoffnung nicht aufgegeben. Derzeit wird ein vielversprechendes Medikament getestet, das den Abbau der Muskulatur stoppen soll. Es ist bereits in Phase drei der klinischen Prüfung.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.