Gastronomie in der Krise
Speyerer Lokale rüsten sich für eine Öffnung
Speyer. In den ersten Bundesländern öffnen die gastronomischen Betrieben unter Auflagen am Montag wieder. Andere haben die Öffnung für Monatsmitte angekündigt. Auch die Gastronomen in Speyer warten sehnsüchtig darauf, ihre Türen wieder aufsperren zu dürfen. "Die Gastronomie steht deutschlandweit kurz vorm Kollaps", sagt Philipp Rumpf vom Alten Engel. Der Speyerer Gastronom hat sein Lokal zwar planmäßig und ohne Bezug zu Corona zum 30. April geschlossen, will aber demnächst mit einem neuen gastronomischen Betrieb durchstarten. In denkbar schwierigen Zeiten und in einer Branche, die sich schon in Nicht-Coronazeiten schwer tut.
"Weitere vier Wochen ohne Öffnung, das werden viele gastronomische Betriebe nicht überleben", ist sich Rumpf sicher. Er glaubt aber auch, dass mit Einschränkungen und Hygienemaßnahmen, vergleichbar dem, was jetzt in Niedersachsen an Voraussetzungen aufgerufen wird, es durchaus zu verantworten sei, die Lokale wieder aufzumachen. "Die Deutschen sind doch sehr diszipliniert und der Großteil der Menschen verhält sich verantwortungsbewusst", sagt er.
"Wir brauchen eine Perspektive für die Wiedereröffnung", sagt Stefanie Seiler und schließt sich damit der Forderung des rheinland-pfälzischen Städtetages an. Die Speyerer Oberbürgermeisterin zeigt Verständnis für die Betriebe, mahnt aber an, die Infektionszahlen im Blick zu behalten. Unbedingten Vorrang habe die Bekämpfung der Pandemie. Vorstellen kann sie sich - wie vom Städtetag gefordert - eine Schritt-für Schritt-Öffnung, beginnend mit der Außengastronomie. In einem zweiten Schritt könnten dann die Innenbereiche geöffnet werden, sagt Seiler. Mit einem stichhaltigen Hygienekonzept und viel Abstand zwischen den Gästen.
Komme es am morgigen Mittwoch in der Bund-Länder-Konferenz zu keiner diesbezüglichen Einigung, soll Rheinland-Pfalz mit einem eigenen Konzept starten, heißt es in einer Pressemeldung des Städtetags Rheinland-Pfalz. Oder das Land solle den Städten die Möglichkeit geben, selbst vor Ort Entscheidungen zur Wiedereröffnung von Restaurants, Cafés, Biergärten und anderen gastronomischen Betrieben zu treffen.
Auch wenn Restaurants und Cafés jetzt bald wieder öffnen dürften, sieht Rumpf die Gastronomie für die nächsten ein bis zwei Jahre in der Krise. Mindestens. Zum einen, weil die Gastronomen während der Schließzeiten Schulden aufgebaut haben, die sie abzahlen müssen, zum anderen, weil die wirtschaftliche Situation aufgrund der drohenden Rezession vermutlich zu sinkenden Umsätzen führen wird.
Daher sei - neben der sofortigen Öffnung der gastronomischen Betriebe - für die Zukunft der Branche entscheidend, dass in der Gastronomie dauerhaft der reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent berechnet wird. Und nicht nur, wie beschlossen, auf ein Jahr begrenzt. Das ist schon lange eine Forderung des Hotel- und Gaststättenverbandes.
"Wenn wir morgen öffnen dürfen, dann sind wir doch nicht auf einen Schlag alle Sorgen los", sagt Stefan Walch vom Hotel- und Gaststättenverband Speyer-Germersheim. Ohne weitere Hilfe vom Land und ohne ein Beibehalten des reduzierten Mehrwertsteuersatzes auch in der Gastronomie sieht auch der Inhaber des Hotels Alt-Speyer in vielen Lokalen demnächst die Lichter ausgehen. Der verunglückte Saisonstart und zwei Monate ohne Umsätze bei weiter laufenden Kosten haben viele Betriebe ins Wanken gebracht.
Wenn demnächst geöffnet werden darf, dann mit angezogener Handbremse: Walch selbst kann in seinem Gewölbekeller mit dem erforderlichen Abstand nur 20 statt wie sonst 50 Gäste bewirten. Und er erwartet nicht, dass sich daran bis Jahresende etwas ändert. Die verloren gegangenen Umsätze lassen sich nicht wieder holen, ja selbst geöffnet, werden die Betriebe nicht an ihre Vor-Corona-Umsätze anknüpfen können.
Walch ist sauer: Die Gastronomie sie die erste Branche gewesen, die man geschlossen habe - und jetzt sei sie eine der letzten, die nach dem Lockdown wieder öffnen dürfe: "Dabei ist Hygiene doch unser Tagesgeschäft". Die Gastronomen sieht er gut auf eine Wiedereröffnung vorbereitet. Er und seine Kollegen haben Tische auseinander gestellt, Leitsysteme geschaffen, mit Plexiglas für Schutz gesorgt und überall Desinfektionsstationen angebracht.
Von einer schrittweisen Öffnung indes hält Walch nichts. "Das verunsichert nur die Gäste, weil jedes Bundesland etwas anderes macht", sagt er. Im Falle, dass die Außengastronomie öffnen darf, er seine Eventgastronomie aber nicht, kündigt er bereits jetzt eine Klage vorm Verwaltungsgericht an.
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