Silvia Gonsior von der Speyerer Wirtschaftsförderung im Interview
Vor allem bei den kleinen Betrieben ist die Existenzangst groß
Speyer. Der Speyerer Stadtvorstand hat am Mittwoch Soforthilfemaßnahmen für Speyerer Unternehmen beschlossen. Erste Anlaufstelle für durch die Coronakrise verunsicherte Betriebe ist die Wirtschaftsförderung der Stadt Speyer. Cornelia Bauer befragte zur aktuellen Situation Silvia Gonsior, Projektleiterin der Wirtschaftsförderung.
???: Derzeit herrscht sicher auch bei Ihnen Ausnahmezustand: Mit welchen Anliegen kommen die Speyerer Betriebe hauptsächlich auf Sie zu?
Silvia Gonsior: Natürlich ganz konkret mit der Frage: Woher bekomme ich finanzielle Hilfe und wie schnell? Wo finde ich die passenden Ansprechpartner und Informationen? Darüber hinaus kommen die Menschen mit einer riesigen Bandbreite von Fragen, wie man sie sich zum Teil gar nicht vorstellen kann, auf uns zu. Von der Unmöglichkeit ein Brautkleid wegen der Schließung abzuholen über den am Frankfurter Flughafen gestrandeten japanischen Koch für ein neu zu eröffnendes Restaurant bis hin zu einem Tattoo Studio in Frankenthal, das an die Wifö in Speyer verwiesen wird, weil dort angeblich die Entschädigung für Künstler geleistet würde. Und, und, und...
???: In welchen Branchen sind die Existenzängste Ihrer Einschätzung nach besonders groß?
Gonsior: Das sind ganz klar die Kleinst- und Kleinbetriebe, wie etwa Gastronomie, kleine Fitnessanbieter, Kosmetiksalons, Friseure und so weiter. Nur ganz vereinzelt sind das Industrieunternehmen, weil die natürlich personell besser aufgestellt sind und eigene Abteilungen für solche Themen wie Gesundheit, Hygiene, Personal, Kurzarbeit, Kredite oder Steuern haben.
???: Der Stadtvorstand hat sehr schnell ein ganzes Maßnahmenbündel an Hilfen für die Speyerer Betriebe beschlossen. Reichen die beschlossenen Maßnahmen vorerst aus – oder muss da noch nachgebessert werden? Wenn ja, in welchen Bereichen?
Gonsior: Die von sehr vielen erhoffte sofortige Liquiditätsunterstützung können wir nicht leisten. Da warten wir auf weitere bundespolitische Maßnahmen. Vielfach wird auf die in Bayern aufgelegte Soforthilfe verwiesen. Trotzdem sind einige der Hilfen eine große Erleichterung und werden von den Betrieben begrüßt.
???: Wie kann die Wirtschaftsförderung der Stadt Speyer den Unternehmen ganz konkret helfen?
Gonsior: Derzeit mit geduldigem und zugewandtem Zuhören und mit viel Information über die Auswirkungen und die Auslegung der Allgemeinverfügung, die Möglichkeiten der Unterstützung, mit der Vermittlung von weiteren Kontakten, der Aufklärung über Folgen und, ja, auch ein wenig mit Seelsorge..
???: Die Stadt verzichtet im April für ihre gewerblich genutzten Immobilien auf die Miete. Glauben Sie, dass private Immobilienbesitzer nachziehen werden?
Gonsior: Das sollten sie, wenn sie es sich irgendwie finanziell erlauben können. Denn ansonsten müssen sie sich auch ein wenig Schuld zuweisen lassen, wenn sich die Einzelhandelslandschaft der Stadt nicht erholt. Aber dies ist eine Thematik, die bereits vor der Krise bei der Entwicklung der Einzelhandelslandschaft vor dem Hintergrund explodierender Immobilien-Mietpreise vornehmlich in der Innenstadt eine Rolle gespielt hat.
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