Es kommt nicht auf die Größe an - 50 Jahre Verbandsgemeinde Maikammer
Maikammer. Am Montagabend, 16. Mai, konnte Gabriele Flach, Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Maikammer, zahlreiche Ehrengäste zur Jubiläumsfeier der Verbandsgemeinde im Bürgerhaus Maikammer begrüßen.
Allen voran der ehemalige Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz und des Freistaates Thüringen, Prof. Dr. Bernhard Vogel, der als Festredner geladen war.
Gefeiert wurden 50 Jahre Verbandsgemeinde Maikammer, die gar nicht so selbstverständlich sind, wie manch einer vielleicht annehmen würde, denn, wenn man den Lauf der Geschichte betrachtet, hat die Verbandsgemeinde gemeinsam mit ihren Bürgerinnen und Bürgern schon so manchen Kampf ausfechten müssen.
Stärke & Verbundenheit
In ihren Anfängen war die Verwaltung der Verbandsgemeinde fast 10 Jahre in einem Provisorium, sogenannten Baracken, auf dem Gelände des heutigen Sportplatzes untergebracht. Seitdem hat sich die durch Weinbau und Tourismus geprägte Verbandsgemeinde in vielen Bereichen ausgezeichnet entwickelt.
„Bürgernähe, überdurchschnittliche Wirtschafts- und Steuerkraft, solide Finanzsituation, Innovationskraft, kommunale Infrastruktur auf hohem Niveau, attraktive Freizeitmöglichkeiten, intaktes Gemeinwesen und ausgeprägter Gemeinsinn bzw. ehrenamtliches Engagement sind dabei nur einige Kennzeichen, die die Besonderheit und auch Einzigartigkeit der Verbandsgemeinde ausmachen“, erklärte die Verbandsbürgermeisterin in ihrer Ansprache und ging dabei auch auf ein paar Blitzlichter aus den vergangenen fünf Jahrzehnten ein.
Ein Mut machendes Urteil
Ein wichtiger Einschnitt in der Geschichte der Verbandsgemeinde war sicherlich die geplante Zusammenlegung der Verbandsgemeinden Maikammer und Edenkoben.
„Die Verbandsgemeinde Maikammer konnte sich im Rechtsstreit behaupten, weil sie die eigenen Kräfte mobilisiert, Schwierigkeiten getrotzt und etwas gewagt hat“, erläuterte Gabriele Flach und dankte an dieser Stelle auch Rechtsanwalt Dr. Torsten Gerhard von der Kanzlei Oppenländer für die hervorragende Unterstützung im Rechtsstreit vor dem Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz.
Prof. Dr. Bernhard Vogel ging in seiner Festrede näher auf diesen existenziellen Einschnitt in der Geschichte der Verbandsgemeinde ein: Am 1. März 1972 wurde mit einem Gesetz die Einrichtung der Verbandsgemeinden geschaffen. Eine der geschaffenen Verbandsgemeinden war Maikammer bestehend aus den Ortschaften Maikammer, Kirrweiler und St. Martin.
Fast 40 Jahre später, im September 2010, trat ein neues Gesetz in Kraft, das festlegte, dass Verbandsgemeinden mindestens 12.000 Einwohner haben müssen. Die daraus resultierende Zwangsfusion mit ihrer Nachbargemeinde Edenkoben, hat die Verbandsgemeinde nicht akzeptiert. „Nicht aus Gegnerschaft zu Edenkoben, sondern aus Selbstbewusstsein zur eignen Kraft“, erklärte der ehemalige Ministerpräsident, der sich den Menschen und der Verbandsgemeinde eng verbunden fühlt.
Im Juni 2015 entschied der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz die Normenkontrollklage zugunsten der Verbandsgemeinde Maikammer. „Ein Mut machendes Urteil“, so Vogel.
„Über dieses Urteil hinaus wurde festgeschrieben: Die Größe einer Verbandsgemeinde sagt noch nichts über ihre Effektivität und den verantwortungsvollen Umgang mit denen ihr zustehenden Steuermitteln aus. Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit hängt nicht von der Größe ab,“ führte er weiter aus. Prof. Dr. Bernhard Vogel würdigte in seiner Rede vor allem den Mut der Klagenden und den Mut der Richter.
Sein besonderer Dank ging auch an den Bürgermeister Karl Schäfer, „der mit Entschlossenheit und Hartnäckigkeit nicht nur über 34 Jahre Verbandsbürgermeister gewesen ist, sondern erfreulicherweise auch heute noch Bürgermeister der Gemeinde Maikammer ist.“
Zum Abschluss seiner Festrede machte Prof. Dr. Bernhard Vogel auf die aktuell brisante Situation in Europa aufmerksam. „75 Jahre herrschte Frieden und jetzt wird in Europa wieder Krieg geführt.“ Er richtete einen Appell an das Publikum, nicht klagend am Rande zu stehen, sondern den Mut zu haben, sich den Herausforderungen zu stellen. „Jeder kann etwas beitragen. Die Bürgerinnen und Bürger der Verbandsgemeinde Maikammer haben das schon bewiesen, wenn man sich rührt und wenn man sich anstrengt, dann kann man damit etwas erreichen. Die Bereitschaft Flüchtlinge aus der Ukraine aufzunehmen muss auch dann beibehalten werden, wenn uns der Gashahn zugedreht wird“, so Prof. Dr. Bernhard Vogel.
„Ermutigt durch das was im Kleinen vor Ort geschehen ist - lasst uns mit Mut und Zuversicht auch in die Zukunft schauen und die Hoffnung aussprechen, dass auch in 10, in 20 Jahren, dieses Fest von heute wieder gefeiert werden kann, in Frieden und in Freiheit“, beendete der ehemalige Ministerpräsident seine Rede.
Auch der Landtagsabgeordneten Florian Maier, Landrat Dietmar Seefeldt und der Oberbürgermeister der kreisfreien Stadt Neustadt, der die Verbindung der Gemeinden mit einer guten Nachbarschaft verglich, richteten kurze Grußworte an die Gäste aus nah und fern.
Ein interessantes Podiumsgespräch
Im Anschluss folgte ein Podiumsgespräch. Die beiden Beigeordneten Nadine Anton und Timo Glaser stellten abwechselnd Fragen an die ehemaligen Verbandsbürgermeister Norbert Hesch und Karl Schäfer sowie die amtierende Verbandsbürgermeisterin Gabriele Flach.
Einige Anekdoten: Viele gute Entscheidungen, wie z.B. die Ansiedlung der BG RCI - Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie in Maikammer, die Erweiterung der Zentralkläranlage bzw. der Bau einer mechanisch-biologischen Anlage mit modernster Technik in Kirrweiler oder die Hochwasserrückhaltebecken, wurden in den vergangenen 50 Jahren getroffen. Als größte Herausforderung seiner Amtszeit empfand Norbert Hesch den Bau der Autobahn A65, gegen deren Lage zwischen Maikammer und Kirrweiler man rückblickend nicht genug Kritik geübt habe. „Sie müsste nicht dort liegen, wo sie heute liegt.“
Karl Schäfer bevorzugt Kreisel vor Ampelanlagen und gab zu Bedenken, dass bei der Ortseinfahrt Alsterweiler noch ein Kreisverkehr fehlt. Gabriele Flach erklärte, dass das Kalmitbad, das endlich wieder geöffnet hat, einen sehr hohen Identifikationswert für die Verbandsgemeinde hat. „Das sieht man auch an den 80.000 Besuchern im Jahr.“ Das Schwimmbad war schon in ihrer Kindheit ein Highlight.
Mit Blick in die Zukunft nannte sie Projekte wie die Sanierung der Schulen, den barrierefreien Ausbau des Rathauses, die Umsetzung zahlreicher Nachhaltigkeitsstrategien, den Gewässerentwicklungsplan auch im Hinblick auf den Kropsbach sowie Starkregenkonzepte.
„Die Hausaufgaben gehen in unserer schönen Verbandsgemeinde nie aus“, schloss Gabriele Flach den Abend und lud alle Gäste zum anschließenden Umtrunk mit leckerem Speiseangebot ein.
Musikalisch untermalt und mit klassischen Highlights gespickt wurde der Jubiläumsabend von Klaviervirtuose Christian Fritz, Flötist Prof. Pirmin Grehl und dem Vokalquartett Junge Kantorei St. Martin. bev
Autor:Eva Bender aus Neustadt/Weinstraße |
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