Thema Energiewende
Austausch und Information beim Wirtschaftsforum
Wachenheim. Vertreter aus Wirtschaft und Politik kommen traditionell beim Wirtschaftsforum der Strukturentwicklungsgesellschaft des Landkreises Bad Dürkheim und der Sparkasse Rhein-Haardt zusammen, um sich zu informieren und auszutauschen. Bei der diesjährigen Veranstaltung in der ehemaligen Lutherischen Kirche in Wachenheim stand am Mittwoch, 12. Juli, die Energiewende im Mittelpunkt.
Oder genauer gesagt die Energierevolution, die Referent Professor Dr. Volker Quaschning für notwendig hält, um den Klimawandel doch noch auf eine Erwärmung um maximal 2 Grad Celsius zu beschränken. Denn alles darüber hätte fatale Folgen, wie er mit Statistiken und Berechnungen verdeutlichte. Quaschning ist Professor für das Fachgebiet Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin und Sprecher für den Studiengang Regenerative Energien. Er hat zum Thema bereits mehrere Bücher veröffentlicht und gilt als renommierter Experte.
„Wir wählen für das Wirtschaftsforum Themen, die für die Wirtschaft in unserer Region interessant sind. Energie ist in aller Munde und aktuell auch mit viel Spannung beladen“, sagte Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld zu Beginn der Veranstaltung und verwies auf den hohen Bedarf an Energie vor allem auch für die Industrie in der Metropolregion Rhein-Neckar: „Das ist unser Lebensnerv, das muss man klar erkennen.“
Wie Deutschlands Bevölkerung vom Privathaushalt bis zum Großkonzern ausreichend mit Energie versorgt werden könnte, zeigte Quaschning auf. Er stellte oft kursierende Fehlinformationen klar, beispielsweise in Bezug auf die Sinnhaftigkeit des Einsatzes von E-Fuels („ineffizient“) oder den angeblichen weltweiten Ausbau von Atomkraftwerken („kein Anstieg seit den 1990-er-Jahren, weil ungefähr genauso viele abgeschaltet wie in Betrieb genommen werden“). Der Energie-Experte warf auch plakative, darum aber nicht falsche Sätze in den Raum, sprach davon, dass jeder zehnte Mensch auf der Erde hungert und wir Luxusdiskussionen über eine neue Heizung in zehn Jahren führen, während andere nicht wissen, ob sie morgen etwas zu essen haben. Er nannte Dieselautos „fahrende Heizungen“, weil sie nur 30 Prozent der im Kraftstoff steckenden Energie tatsächlich zum Betrieb des Fahrzeugs nutzen, der Rest geht als Abwärme verloren. Anderer Aspekt: Zum Ende des Jahrhunderts könnten wegen des Klimawandels der Norden von Südamerika und die Mitte des Afrikanischen Kontinents quasi unbewohnbar geworden sein, weil dort das ganze Jahr über sogenannte tödliche Hitzetage herrschen. „Davon sind mindestens zwei Milliarden Menschen betroffen, die umgesiedelt werden müssen – und das wird nicht friedlich abgehen, wir werden uns die Köpfe einschlagen.“ Wem das noch nicht prägnant genug ist, dem gab Quaschning mit auf den Weg: „Kinder, die jetzt oder vor wenigen Jahren geboren wurden, werden das miterleben.“
Nach diesem Worst-Case-Szenario im ersten Teil seines Vortrags, gab der Professor aber auch Grund zur Hoffnung, denn er hält die Energierevolution für schaffbar – wenn alle an einem Strang ziehen und ein grundsätzliches „Dagegen“ aufhört. Dieses „Dagegen“ sei gerade in Deutschland gegen technische Neuerungen und auch unbequemen Entscheidungen oft gegeben, obwohl diese nötig seien, um den schlimmsten Fall zu verhindern.
Ein wichtiges Thema in Bezug auf Neuerungen sei beispielsweise ein Wandel im Baubereich. „Sieben Prozent der weltweiten CO2-Emissionen entstehen bei der Zementherstellung. Im Gegensatz dazu bindet ein Kubikmeter Holz eine Tonne CO2 und biete sich daher als Baustoff an“, sagt Quaschning. In Sachen Heizung hält er die Wärmepumpe für nahezu alternativlos. „Dass das funktioniert zeigen Skandinavische Länder“, erklärt er und verweist auf Norwegen (60 Prozent der Haushalte heizen mit Wärmepumpe), Finnland (80 Prozent) und Dänemark (50 Prozent).
Berechnungen aus der Wissenschaft zufolge wären in Deutschland eine Reduktion des Energieverbrauchs und zugleich eine Ausweitung der Photovoltaik auf zwei Prozent und ein Ausbau der Windenergie auf 0,007 Prozent der Fläche des Landes nötig, um gute Chancen zu haben, die Klimaziele vor 2045 zu erreichen. Denn das Jahr hält Quaschning für deutlich zu spät, um die Erderwärmung noch rechtzeitig einzudämmen.
Im Anschluss an den Vortrag und eine Fragerunde konnten sich die Teilnehmer des Wirtschaftsvortrags noch weiter zur Energiewende austauschen.
Hintergrund: Die Strukturentwicklungsgesellschaft des Landkreises Bad Dürkheim
Die Wirtschaft im Landkreis fördern und ihn attraktiv machen für neue Gewerbe: Das ist das Ziel der Strukturentwicklungsgesellschaft für den Landkreis Bad Dürkheim, die seit 1995 existiert. Damals verlagerte sich die Wirtschaftsförderung vor allem auf die Verbandsgemeindeebene – Kenntnisse und Expertise vor Ort sollten unmittelbar der Förderung von Unternehmen und der Ansiedlung neuer Gewerbe zugutekommen. Um kreisübergreifend zusätzliche Unterstützung zu bieten, wurde unter dem damaligen Landrat Georg Kalbfuß die Strukturentwicklungsgesellschaft von Kreis und Sparkasse Rhein-Haardt mit dem ersten Geschäftsführer Karl Mang gegründet. Auf ihn folgte am 1. Januar 2016 Thomas Distler. Das Ziel ist gleich geblieben: Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur im Landkreis entwickeln und durchführen, insbesondere die mittelständische Wirtschaft fördern. ansa/red
Autor:Anne Sahler aus Bad Dürkheim | |
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