Westwall und Luftverteidigungszone West
Denkmalwert des Unerfreulichen

Das Westwallmuseum in Bad Bergzabern   | Foto: Rolf Übel
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  • Das Westwallmuseum in Bad Bergzabern
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von Rolf Übel
Südpfalz. Im dritten und letzten Teil unserer Reihe über versteckte Befestigungen in unserer Region geht es um den Westwall und die Luftverteidigungszone West.
110 Jahre nach dem Schleifen der Queichlinien nach den Napoleonischen Kriegen entstand in der Pfalz das größte lineare Befestigungssystem, das hier je gebaut wurde – der Westwall. Seine Gesamtlänge von Jülich bis an die Schweizer Grenze bei Basel betrug 600 Kilometer. In der Pfalz erstreckte sich die Befestigungslinie entlang der französischen Grenze vom Saarland bis an den Rhein. Begründet wurde der Bau mit der „Maginot-Linie“, einer starken Verteidigungslinie der Franzosen an ihrer Nord- und Ostgrenze, die Frankreich von 1930 bis 1936 errichtet hatte. Die deutsche Propaganda hob den defensiven Charakter des Westwalls hervor, verschwieg aber, dass er auch gebaut wurde, damit bei dem von Hitler geplanten Krieg im Osten – Stichwort: Krieg um Lebensraum – ein Eingreifen der Westmächte durch die starken Befestigungen verhindert oder doch zumindest verzögert werden sollte.
Zumeist verlief der Westwall in der Pfalz durch bewaldetes Gebiet. Am stärksten ausgebaut war der sogenannte Otterbachabschnitt zwischen Dörrenbach und Schaidt, also das Gebiet zwischen Pfälzerwald und Bienwald. Der Bau der „Westverteidigungsanlagen“ begann 1937, die Hauptausbauphase erstreckte sich von 1938 bis 1940. Gebaut wurden Bunker verschiedener Typen, Panzersperren, sogenannte Höckerlinien, Panzergräben, verbunkerte Artilleriestellungen, Kasernen und Logistikeinrichtungen aller Art.
1939 begann die Luftwaffe mit dem Bau der „Luftverteidigungslinie West“, einer eher stützpunktartig ausgebauten zweiten Linie hinter dem Westwall, die vor allem mit Anlagen der Luftabwehr ausgestattet war: mit Flakstellungen, verbunkerten Feuerleitsystemen und Munitionsbunkern, aber auch mit Panzersperren und Kampfbunkern in dem Bereich zahlreicher Dörfer. Diese Luftverteidigungszone zog sich weit nach Norden bis fast in die Höhe von Neustadt. Westwallanlagen und Anlagen der Luftverteidigungszone werden bis heute in der öffentlichen Wahrnehmung vermischt, obwohl es sich um zwei getrennte Anlagen handelt: eine des Heeres und eine der Luftwaffe.
Nach dem Krieg gegen Frankreich endete der weitere Ausbau der Befestigungssysteme. Sie wurden aber nach der Landung der Alliierten im Juni 1944 reaktiviert, soweit das überhaupt noch möglich war. Denn die Weiterentwicklung der Waffensysteme hätte eine bauliche Anpassung vor allem der Bunker nötig gemacht, was aber weder zeitlich noch hinsichtlich der Versorgungslage möglich war. Aber man legte neue Panzergräben an und baute Schützengräben zwischen den Bunkern. Im März 1945 wurde der nur noch unzureichend besetzte Westwall von den Amerikanern schnell durchbrochen. Die Franzosen begannen schon sehr früh mit der Sprengung der Bunker und anderen verbunkerten Anlagen und schütteten Panzergräben und Infanteriestellungen zu. Allerdings beseitigten sie die Betonruinen nicht, die noch Jahrzehnte lang in den landwirtschaftlich genutzten Flächen zu sehen waren. Vor allem in den 1960er und 1980er Jahren begann das Bundesvermögensamt (heute Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, BImA) als Eigentümer der Bunker diese zu beseitigen. Ging die erste Beseitigungsaktion noch ohne größere Beachtung durch die Öffentlichkeit und ohne Widerstand vor sich, so änderte sich dies schon in den 1990er Jahren. Als sich die generelle Frage nach dem Denkmalwert der Gebäude aus der Nazi-Zeit stellte (ich erinnere nur an die Diskussion um die Erhaltung des Weintors 1986), rückten auch die Westwallreste in den Fokus: „Bunkerruinen im Wald oder Denkmal“ oder „Baggerschaufel gegen Bunker-Biotop“ titelte eine Lokalzeitung. Es gründeten sich Vereine „zur Erhaltung der Westwallanlagen“, die ein Moratorium der Beseitigung forderten. Auch die offiziellen Denkmalbehörden kümmerten sich um die Frage der Erhaltung und der wissenschaftlichen und touristischen Inwertsetzung der erhaltenen Reste der Westwallanlagen. Seit 2008 steht der Westwall als „Strecken- und Flächendenkmal ,Westbefestigung„“ unter Schutz. Im Jahre 2013 übernahm das Land Rheinland-Pfalz die Westwallreste vom Bund, 2014 übertrag man der „Stiftung Grüner Wall im Westen“ die Verkehrssicherungspflicht.
Im Gegensatz zu den in den letzten beiden Artikeln geschilderten Befestigungen aus dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit, die größtenteils verschwunden sind („Die Queichlinien - verschwundene Schnazen und Militäranlagen“ und „Verschwundene Burgen - Geißburg, Alt-Scharfeneck, Orensfels, Kittenberg“), finden sich noch viele Reste des Westwalls und der Luftverteidigungszone West. Vor allem in Waldgebieten sind Bunkerruinen zu finden, aus Sicherheitsgründen eingezäunt, aber auch (versperrte) Stollen, nasse und trockene Panzergräben und Straßen und Brücken, die im Zuge des Westwallbaus angelegt wurden. Bei vielen diesen Punkten ist ihre militärische Entstehungsgeschichte unbekannt und auch kein Hinweisschild weist darauf hin.
In der Südpfalz begann man kurz vor der Jahrtausendwende Maßnahmen zu greifen, um die Westwallreste für die politische Bildung sowie für die touristische Erschließung zu nutzen. Auf eher privater Basis war in Bad Bergzabern ein „Westwallmuseum“ entstanden. Im Bienwald bei Schaidt wurde ein Westwallrundweg auf 8 Kilometer Länge vorbei an Westwallanlagen ausgewiesen. Ab 2004 wurde geplant, mit einem „WestWallWeg“ Teile der Befestigungsanlage in der Verbandsgemeinde Bad Bergzabern über einen Informationsweg zu erschließen und dessen Geschichte und Nachnutzung transparent zu machen. Historiker, Festungsexperten, Biologen und Touristiker entwickelten die Konzeption, die über das rein Militärische weit hinausging: Auf Infotafeln werden die Militärbauwerke erläutert, aber auch die Rückwirkung des Baus und des Unterhalts auf das zivile Leben sowie die Geschicke der Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg.
Weiter beschäftigen sich Tafeln mit der Nachkriegszeit: Stichwort Bunkersprengungen, Minenräumen etc.
Vor allem die Bunker haben sich im Laufe der Jahre zu Habitaten seltener Tiere und Pflanzen entwickelt: Fledermäuse und Wildkatzen zum Beispiel. Auch dieser Bereich wird dargestellt.
Der erste Abschnitt des Westwallwegs mit 11 Infotafeln wurde 2007 bei Steinfeld und Niederotterbach eingeweiht. Es gibt einen direkten Anschluss zum Schaidter Westwallweg. Der zweite Abschnitt bei Oberotterbach konnte 2009 mit 25 Infotafeln fertiggestellt werden. Panzergräben, Höckerlinien, Bunker aller Art und Schützengrabenstellungen sind zu sehen, und es wird auch erläutert, warum es bei Oberotterbach eine Pi-Straße (Pionierstraße) gibt und sich bei Dörrenbach ein Bahnhof befand, der der Materialschmalspurbahn von Schaidt nämlich.
Natürlich hören die Reste des Westwalls und der Luftverteidigungsanlage nicht nördlich von Bergzabern auf. Man findet sie noch oft: Höckerlinien der Luftverteidigungsanlage bei Landau-Mörzheim, Göcklingen, Impflingen und Rohrbach; Flakhallen bei Walsheim; betonierte Wege zu Geschützstellungen bei Nußdorf und auch noch Bettungen für Geschützen, zum Beispiel auf dem Ebenberg bei Landau. Mitunter haben die Gemeinden (z. B. in Göcklingen und Mörzheim) in Eigenregie Informationstafeln aufgestellt, das ist allerdings eher die Ausnahme als die Regel.
Höckerlinien bringt auch der Laie mit dem Westwall oder der Luftverteidigungslinie in Verbindung. Aber es gibt auch Bunkerruinen an der B 10, gebaut 1939/40 in Vorbereitung des Angriffs auf Frankreich. Auf dem Trifels und der Falkenburg sollten Flakgeschütze aufgestellt werden. Auf der Westseite des Burgfelsens der Falkenburg ist noch eine Höhle zu sehen, wie auch auf dem östlichen Abhang unterhalb der Burg. Hier hatte man begonnen, natürliche Höhlen zu erweitern, um sie als Munitionsbunker zu verwenden. Bei Vorderweidenthal gab es einen Sanitätsstollen, der noch erhalten ist. Auf dem Weg zur Lindelbrunn steht ein Wasserbunker im Talgrund; ebenso einer im Ortsteil St. Johann in Albersweiler. Die Stiftung „Grüner Wall im Westen“ lässt die Reste der beiden Verteidigungsanlagen kartieren. Sicherlich finden sich noch viele weitere versteckte Reste in Wald und Gelände. Der „WestWallWeg“ im Süden der Pfalz ist bislang der einzige Informationsweg in unserer Region. Er muss aber nicht der letzte bleiben.
Noch einmal zum „Denkmalwert des Unerfreulichen“: Natürlich sind auch die Großbauten des Regimes zu nennen, die unter Denkmalschutz stehen, wie das Weintor (erbaut 1936), der Trifels (wiederaufgebaut 1938 bis 1942 und nach 1945), der Löwe vor dem Deutschen Tor in Landau (errichtet 1936), die Weinstraße (ausgewiesen 1936) oder der Leinsweiler Hof (erbaut 1937). Auch bei ihnen wird der nationalsozialistische Kontext ihrer Entstehung erforscht und auch dargestellt.

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Autor:

Britta Bender aus Annweiler

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