Verbraucherrechte kennen und durchsetzen
Grenzüberschreitende Hilfe
von Britta Bender
SÜW. Das Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e. V. (ZEV) lud zusammen mit dem rheinland-pfälzischen Verbraucherschutzministerium und der Stadt Germersheim am Donnerstag, 24. Februar, zu einer kostenlosen Online-Veranstaltung zum Thema „Grenzüberschreitende Verbraucherrechte kennen und durchsetzen“ ein.
Viele Südpfälzerinnen und Südpfälzer fahren ins nahegelegene Elsass zum Bummeln und Shoppen oder um essen zu gehen. Auch Urlaub im Nachbarland zu machen ist für die Menschen aus unserer Region keine Seltenheit und die Grenznähe bietet sich für so manchen an, in Frankreich eine Immobilie zu mieten oder gar zu kaufen.
Welche Rechte und Pflichten es im französischen und allgemein im europäischen Ausland gibt, darüber informierten Christian Tiriou, Projektleiter beim Europäischen Zentrum für Verbraucherschutz (ZEV), und Karolina Wojtal, Co-Leiterin und Pressesprecherin beim Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ), beide mit Sitz in Kehl. Jedes EU-Land hat ein solches EVZ. Die Besonderheit ist, dass in Kehl das einzige bi-nationale Zentrum ist, was die Arbeit einfacher, schneller und effizienter macht.
Ziel der Veranstalter war es, auf die beiden seit 1993 bestehenden Zentren aufmerksam zu machen und aufzuzeigen, welche Dienstleistung angeboten wird und welchen Mehrwert diese mit sich bringt. Insgesamt 45 Juristinnen und Juristen stehen bereit, Probleme zu identifizieren und zu analysieren, individuell zu beraten und zu helfen, pragmatische Lösungen zu finden. Im Streitfall wird eine außergerichtliche Streitbeilegung oder Schlichtung angestrebt.
Der Verbraucher, die Verbraucherin, hat selbstverständlich die Möglichkeit, sein/ihr Anliegen in seiner/ihrer Landessprache abzuwickeln. Im eigenen Land Kenntnis über Gesetze, Rechte und Pflichten zu haben ist an sich schon eine Herausforderung, die Bestimmunen in anderen Ländern zu kennen allemal.
Für Südpfälzer und Südpfälzerinnen ist möglicherweise das Naheliegende interessant: shoppen im Elsass. Christian Tiriou liefert Beispiele: in Frankreich besteht, ebenso wie in Deutschland, kein generelles Recht auf Umtausch von Waren. Besser geregelt ist im Nachbarland der Garantieanspruch. In beiden Ländern sind es zwei Jahre, für gebrauchte Artikel verkürzt sich der Anspruch in Deutschland allerdings auf ein Jahr. Dasselbe gilt für mangelhafte Ware, in Frankreich besteht hierfür die Gewährleistung immer zwei Jahre, in Deutschland nur ein Jahr.
Das ZEV berät, bedingt durch die Grenznähe, auch eher zu den Themen ärztliche Versorgung und Inanspruchnahme von Handwerkern in Frankreich. Zum Thema Mietrecht gibt es große Unterschiede zu Deutschland. Das französische Mietrecht zu kennen ist von immenser Bedeutung, egal ob der Vermieter des Objektes Franzose ist oder Deutscher. Beispielsweise muss im Vertrag der Mietpreis des Vormieters aufgeführt werden. Überhaupt gibt es mehr Pflichtangaben. Ein typischer Fall ist die ausgefallene Heizung, denn anders als in Deutschland ist in Frankreich die Mietminderung verboten. Es gibt Schlichtungsstellen in jedem Departement oder eben die Beratung bei der ZEV. Im schlechtesten Fall wird gerichtlich entschieden. Eine weitere Information ist, dass ein französischer Mietvertrag drei Jahre läuft und sich dann automatisch um ein Jahr verlängert.
Zum Thema rund um den Immobilienkauf und -verkauf wird beim ZEV eine 20-minütige, kostenfreie Sprechstunde angeboten, um sich einen ersten Eindruck verschaffen zu können.
Große Unterschiede gibt es bei der Elementarversicherung. Diese ist in Frankreich nämlich Pflicht und der Staat bestimmt über die Höhe der Versicherungsprämie. In Deutschland ist diese Versicherung freiwillig und nur lediglich rund 50 Prozent der Immobilienbesitzer sind hier versichert, weshalb im Schadensfall - siehe Flutkatastrophe im Ahrtal - der Gesetzgeber notgedrungen einspringen muss. „Hier muss nachgebessert werden“, meint Karolina Wojtal.
In ganz Europa sei der Dauerbrenner das Thema Reisen. Zum Beispiel um grenzüberschreitende Bahntickets, im Falle der Verspätung eines Zuges um Erstattung des Fahrpreises, eventuelle Verpflegungsleistung, mögliche Umbuchung. Fragen werden geklärt, ob ein Anspruch auf Übernachtung geltend gemacht werden kann oder es eine Entschädigung für Folgeschäden gibt, beispielsweise ein verpasster Flug. Auch hier bestünde teilweise Bedarf zur Nachbesserung, so Wojtal. Sie informiert außerdem, dass Bahnreisende drei Jahre Zeit haben, um ihre Rechte geltend machen zu können.
Bei Pauschalreisen gelten besondere Rechte. Wenn also der Urlaub eines Anbieters zwei oder mehr Leistungen umfasst, so ist es meistens einfacher, Entschädigungen zu erhalten, wenn beispielsweise das Hotel nicht dem Standard entspricht, allgemein die Leistung nicht stimmt oder außerordentliche Gegebenheiten in Kraft treten, wie die Coronakrise oder eine Insolvenz.
Buchungsportale sind beliebt, aber auch mit Vorsicht zu genießen, denn im Falle einer Reklamation kann es sich als besonders schwierig herausstellen, einen zuständigen Ansprechpartner ausfindig zu machen und zu erreichen. Das gilt für Pauschalreisen wie auch für Ferienwohnungen. In den schlechtesten Fällen liegt eine Betrugsmasche vor. So sollte man grundsätzlich Skepsis an den Tag legen, wenn hohe finanzielle Vorleistungen gefordert werden.
In der Coronazeit haben sich vor allem die Anfragen bezüglich Betrugsmaschen im Bereich Kreditvergabe signifikant erhöht, informiert Karolina Wojtal. Geschädigte sollten sich nicht scheuen, sich beim EVZ zu melden. Unterstützung findet man dort auch auf der Suche nach einem seriösen Kreditgeber. Betrügereien gäbe es selbstverständlich leider auch beim Online-Einkauf.
Verbraucherinnen und Verbraucher werden bei EVZ und ZEV bestens informiert und beraten und das selbstverständlich kostenlos. Erste ausführliche Informationen, auch zahlreiche Broschüren zum Download, sind auf der jeweiligen Homepage zu finden.
Immer auf dem aktuellsten Stand sind auch die Corona-Infos. Ein zusätzliches interaktives Tool zur grenzüberschreitenden Mobilität wurde vor drei Monaten eingerichtet. Nachdem Wohnort, Ziel, Dauer und Grund des Aufenthaltes eingegeben wurden, wird die entsprechende Regelung angezeigt.
Weitere Informationen
Europäisches Zentrum für Verbraucherschutz (ZEV)
https://www.cec-zev.eu/de/
Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ)
https://www.evz.de/
Autor:Britta Bender aus Annweiler |
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