Wie (Nachwuchs-)Akademiker dem Virus trotzen
Smalltalk auf Swahili

Heidelberg (hb). Die  Corona-Pandemie traf auch den Freundeskreis des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) im Rhein-Neckar-Raum hart. Hauptziel der Regionalgruppe (RG) in Heidelberg ist es eigentlich, aktuellen Stipendiatinnen und Stipendiaten zwischen Ludwigshafen, Mannheim, Karlsruhe und Heidelberg ihr Gastland näherzubringen und sie mit der hiesigen Kultur vertraut zu machen. Allein im Jahr 2019 konnten die Studierenden und Doktoranden an über 80 ehrenamtlich organisierten Veranstaltungen teilnehmen – von Wanderungen und Kanutouren über Vorträge und Diskussionsrunden bis hin zu Kultur- und Sportereignissen. Der Schnitt von rund sieben Angeboten pro Monat wurde 2020 zunächst aufrechterhalten, ehe das Virus dann sämtliche Planungen zunichtemachte. Selbst Sonderprogramme wie „Deutschland hautnah“ (Wochenendbesuche bei Deutschen) und „Schule hautnah“ (Kooperation mit einem Gymnasium) mussten bis auf Weiteres ausgesetzt werden.

Doch die Schockstarre währte nicht lange. Noch im März startete die RG Rhein-Neckar angesichts der strikten Kontaktbeschränkungen eine internationale Leseliste mit Lektüreempfehlungen aktueller und ehemaliger DAAD-Stipendiatinnen und –Stipendiaten sowie Freundinnen und Freunde des DAAD aus aller Welt. Zudem wurden unter dem Motto „Corona bonds – Corona verbindet“ weltweit positive Aspekte dieses Jahrhundertereignisses gesammelt – etwa Ideen, Erfahrungen oder Vorsätze, für die man „Corona“ allen Schreckensmeldungen zum Trotz dankbar sein kann. Aber auch auf persönliche Treffen mussten die (Nachwuchs-)Akademikerinnen und Akademiker nicht lange verzichten, denn seit April organisiert der Freundeskreis wöchentliche Zusammenkünfte per Videokonferenz. Sie erlauben zum einen in Kontakt zu bleiben und zu kommen – auch mit Alumni und Gästen – und sorgen zum anderen durch vielfältige inhaltliche Schwerpunkte für neue Impulse und Abwechslung im Corona-Alltag. Zur Zielgruppe zählen dabei auch Stipendiatinnen und Stipendiaten der Regionalgruppe Saarland, mit der eine Kooperation besteht.

Bei den regelmäßigen Zusammenkünften im Netz sind Konversationsrunden auf Deutsch ebenso fest verankert wie das International Language Café, das in Kleingruppen Diskussionen in ganz unterschiedlichen Sprachen (neben Deutsch z.B. Englisch, Spanisch oder Swahili) ermöglicht. Darüber hinaus gehören Vorträge über die Heimatländer der vom DAAD Geförderten zum Programm, etwa Präsentationen über Tadschikistan - live aus Chudschand und inklusive Diskussion über die Bedingungen funktionierender Demokratien - und Ecuador. Hierfür war Ángela León Cáceres, Master-Studentin im Fach International Health an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, aus Quito zugeschaltet, die den Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus fünf Kontinenten die Schönheit ihres Heimatlandes ebenso näherbrachte wie kulturelle, kulinarische und künstlerische Aspekte. Zudem ging sie auf die politischen Verhältnisse und die Sozialstruktur Ecuadors ein und berichtete von den Ergebnissen einer 25-köpfigen internationalen Forschungsgruppe, der sie angehört und die mögliche Medikamente zur Bekämpfung von Covid-19 untersuchte.

Weitere Themen in der fortdauerenden Vortragsreihe waren bislang “Addressing racism in Germany – in the classroom and beyond” mit Amara Adannaya Igboegwu, US-Amerikanerin mit Wurzeln in Nigeria und Doktorandin an der Universität Heidelberg, und “Post-earthquake recovery in Nepal – lessons learnt” mit Rupesh Shrestha, Architekt und DAAD-Alumnus, der aus Kathmandu referierte.

„Sehr interessant und nützlich“ nennt Dušan Kondić, DAAD-Stipendiat aus Bosnien-Herzegowina, die Online-Begegnungen. Es sei in diesen Zeiten wichtig, „ein gewisses Maß an sozialer Interaktion beizubehalten“, und zudem könne er so sein Deutsch verbessern, neue Leute kennenlernen und Meinungen austauschen. Der Australier Albert Zhou ist vor allem von den Diskussionen über Kontinentsgrenzen hinweg begeistert: "Sie fördern globale Solidarität und Kosmopolitismus in einer Zeit, in der sich der Ethnonationalismus rechter Strömungen immer mehr ausbreitet", so Zhou. Nailya Salimbayeva, Studentin aus Kasachstan, mag die “sehr freundliche und einladende Atmosphäre“. Die Offenheit aller Teilnehmenden habe ihr erlaubt, ohne Angst Deutsch zu sprechen und ihre Gedanken bestmöglich zu kommunizieren. Andika Asyuda, Doktorand aus Indonesien, genießt vor allem die entspannende Abwechslung vom harten Laboralltag und die kritische Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Themen. Und während DAAD-Alumna Daliborka Maldaner aus Serbien die Möglichkeit schätzt, “so viele kluge Köpfe aus der ganzen Welt an einem (virtuellen) Ort zu treffen“, freut sich ihre Landsfrau Marina Marjanović, ebenfalls Alumna, über die aktuellen Inhalte, die Sprachpraxis sowie die Chance Feedback zu geben und das Format damit im Rahmen der technischen Möglichkeiten peu à peu zu verbessern und zu erweitern. Immerhin wird die „neue Normalität“ auch dem DAAD-Freundeskreis wohl noch lange Zeit erhalten bleiben.

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Autor:

Henning Belle aus Wochenblatt Rhein-Neckar

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