Landkreis Germersheim
Protestaktion der Landwirte sorgt für Verkehrschaos - aber weniger als erwartet
Landkreis Germersheim. Der Bauern- und Winzerverband und die Gruppierung „Land schafft Verbindung“ (LSV) Südpfalz protestieren am Montag, 8. Januar, im Rahmen der bundesweiten Aktion „Genug Ist Genug – Auftakt zur Bundesweiten Aktionswoche gegen die Steuerwillkür der Bundesregierung“. Die Landwirte legten mit ihren Blockaden und Sternfahrten zahlreiche Hauptverkehrsadern im Kreis Germersheim und in der Südpfalz lahm. Zufahrten zu Bundesstraßen und der Autobahn A65 waren nicht mehr passierbar, das sorgte für Staus bis über die Rheinbrücke hinein nach Karlsruhe und Baden-Württemberg.
Die Straßenblockaden lösten sich am frühen Vormittag wieder auf, dann folgten Sternfahrten und Konvois zu den Versammlungsorten, wo die eigentlichen Protestkundgebungen - wie in Ludwigshafen - stattfinden. Die Sternfahrt aus dem Kreis Germersheim endet an der Friedrich-Ebert-Halle in der Erzbergerstraße in Ludwigshafen, wo es am Vormittag eine Kundgebung gibt, die nach Aussagen der Polizei voraussichtlich gegen 13:30 Uhr enden wird.
Meldung der Polizei
Heute (Montag, 8.1.2024) fanden im Bereich der Vorder- und Südpfalz mehrere Versammlungen des Bauernverbandes und anderer Organisationen statt. Die regionalen Protestaktionen wurden, wie angemeldet, an folgenden Orten durchgeführt:
- an der A6 an den Anschlussstellen Grünstadt und Wattenheim,
- an der A65 an den Anschlussstellen Edenkoben, Rohrbach, Kandel-Nord und -Süd,
- an der B9 an den Anschlussstellen Rülzheim-Nord und Jockgrim (Industriegebiet),
- an der B10 an der Auffahrt Landau-Godramstein,
- auf der L512 in Richtung B10 bzw. Richtung A65,
- an den Auffahrten zur B38 bei Landau-Ebenberg.
Die Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs, auch während der Sternfahrt, fielen insgesamt weniger stark aus als erwartet. Die Kundgebung an der Friedrich-Ebert-Halle in der Erzbergerstraße in Ludwigshafen begann mit Verspätung um 11:10 Uhr und endete gegen 12:40 Uhr. An der Kundgebung nahmen circa 1.000 bis 1.200 Personen mit rund 650 Fahrzeugen teil. Die angemeldeten Versammlungen verliefen friedlich.
In Landau hatten sich kurz nach 9 Uhr rund 50 Traktorfahrer auf dem neuen Messplatz versammelt, ohne dies zuvor angemeldet zu haben. Deswegen wurden wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz Ermittlungen aufgenommen.
Bei einem Unfall fuhr gegen 10:15 Uhr ein Lkw-Fahrer auf der B10 (Rheinbrücke im Bereich Wörth) aus Unachtsamkeit mit geringer Geschwindigkeit auf ein ziviles Dienstfahrzeug auf. Es entstand lediglich geringer Sachschaden in Höhe von rund Euro 450.
Zum Thema
Das sind die Forderungen der Landwirtschaft
Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd (BWV) und Landwirtschaft verbindet Rheinland-Pfalz (LSV) fordern weiterhin die komplette Streichung der Sparpläne der Bundesregierung hinsichtlich Agrardieselentlastung und Kfz-Steuerbefreiung. Daran ändert auch die teilweise Zurücknahme durch die Ampel-Spitzen vergangene Woche nichts. BWV-Präsident Ökonomierat Eberhard Hartelt sieht die Belastungsgrenze für die Betriebe erreicht: „Nach erheblichen Kostensteigerungen und Kürzungen in der Landwirtschaft innerhalb weniger Jahre ist das Maß jetzt voll!“
Schon vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Bundeshaushalt war der Etat des Landwirtschaftsministeriums um knapp 300 Mio. EUR gekürzt worden. Bei den anschließend vorgelegten Sparmaßnahmen zur Schließung der Finanzlücke wurde die Landwirtschaft laut LSV-Vorsitzendem Thilo Ruzycki unverhältnismäßig belastet, dies gelte auch nach den in der vergangenen Woche angekündigten Änderungen: „Die geplanten Kürzungen bringen das Fass zum Überlaufen! Kein anderer Wirtschaftsbereich wird vom Vorhaben der Ampelkoalition höher belastet.“
BWV und LSV weisen darauf hin, dass schon der steigende CO2-Preis die Landwirte und Winzer bei allen Energiekosten doppelt trifft: privat und betrieblich. Trotzdem soll der Berufsstand darüber hinaus ein drittes Mal zur Kasse gebeten werden. Diese Dreifachbelastung sei nicht hinnehmbar. Denn trotz besserer Betriebsabschlüsse arbeiten viele Landwirte und Winzer unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns.
Unabhängig davon sei es vollkommen schleierhaft, wie die Kürzungen zusammenpassen mit den steigenden Anforderungen seitens Politik und Gesellschaft an die Landwirtschaft hinsichtlich Tierwohl, Umwelt- und Klimaschutz. Schon in der Zukunftskommission Landwirtschaft herrschte Einigkeit darüber, dass hierfür zwingend die Finanzmittel der öffentlichen Hand in der bisherigen Größenordnung erhalten bleiben müssen. Der geschrumpfte Agrarhaushalt und die weiterhin geplante Abschaffung der Agrardieselentlastung sind aber das genaue Gegenteil und fatales Signal für den Agrarstandort Deutschland. Auch vor diesem Hintergrund halten die Landwirte und Winzer an ihrem Protest fest.
Bereits vor Wochen haben Landwirte ihre Gummistiefel an Ortsschilder und damit symbolisch ihre Arbeit an den Nagel gehängt. Zusätzliche Kosten werden wieder dazu führen, dass Höfe ihre Tore schließen. Die Folge wäre eine weitere Verlagerung der Produktion ins Ausland und einhergehend eine deutliche Zunahme der Importe von Lebensmitteln, die unter wesentlich schlechteren Standards produziert werden. Dies könne weder im Sinne der Politik noch der Verbraucher sein.
Auch wenn der Unmut in der Branche zu Recht sehr groß ist, betonen BWV und LSV, dass sie für entschiedenen, aber friedlichen und demokratischen Protest stehen: „Extreme Gruppierungen, Verschwörungstheoretiker und andere Radikale haben bei uns keinen Platz!“ (Gemeinsame Pressemitteilung des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd e.V. und der Landwirtschaft verbindet Rheinland-Pfalz (LSV)
Autor:Heike Schwitalla aus Germersheim | |
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