Blühbeginn der Edelkastanie ab Mitte Juni
Beeindruckendes Naturschauspiel

Luftbild einer blühende Edelkastanie  | Foto: Landesforsten.RLP.de/Sebastian Kuchenbecker
  • Luftbild einer blühende Edelkastanie
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Pfalz. Die Edelkastanie (Castanea sativa) ist eine der Charakterbaumarten des Pfälzerwaldes. Sie kann sicherlich als regionales Alleinstellungsmerkmal bezeichnet werden, denn die Hälfte aller bundesdeutschen Edelkastanienvorkommen befinden sich mit etwa 3000 Hektar in den südpfälzischen Forstämtern Annweiler und Haardt. Weitere geschlossene Bestände schließen sich dann weiter nördlich im Forstamt Bad Dürkheim an. Demnächst sticht sie wieder aus dem scheinbar unendlichen Grün des Waldgebirges hervor. Die Forstleute rechnen Mitte Juni mit dem Blühbeginn. Durch ihre weißlich-gelben Blüten zeigt sich dann gut sichtbar ein fast lückenloses Band am Ostabfall des Pfälzerwaldes. Danach kann dieses Naturschauspiel für mindestens drei Wochen erlebt werden.

Touristiker und Waldbesucher freut's. Viele kommen, um den Anblick der außergewöhnlichen Blütenstände und ihren zarten Duft zu genießen, vielleicht auch bei einer Wanderung auf dem „Pälzer Keschdeweg“. Außerdem warten Imker aus dem ganzen Bundesgebiet auf dieses Ereignis. Um die Blühperiode zu nutzen, haben sie in Absprache mit den Forstleuten bereits mehrere hundert Bienenvölker in die Wälder gebracht. Millionen fleißiger Immen tragen dann den begehrten, bernsteinfarbenen, herbsüß schmeckenden Kastanien-Honig ein.

Betrachtet man ihre sonstigen Qualitäten, drängt sich das Prädikat Multitalent auf. Ihr Holz ist so dauerhaft wie das der Eiche. Außer im Lawinenverbau der Alpenländer wird es in jüngster Zeit im Bauwesen eingesetzt. Musterbauten entstehen derzeit in Annweiler und Eußerthal. Weil sie mit wenig Wasser auskommt und große Hitze toleriert, setzt man, wo es sich nach Berücksichtigung der Bodenverhältnisse anbietet, bei der Anpassung unserer Wälder in der Klimakrise auch auf die Edelkastanie. Im Herbst bereichern die glänzenden, braunschaligen Früchte den regionalen Speiseplan. Man kann sie sich idealerweise zum ebenfalls regionaltypischen Wildfleisch servieren lassen. Viele Menschen haben Spaß daran, die gut kieselsteingroßen „Keschde“ selbst zu sammeln, danach zu rösten oder zu kochen. Nach der „Handstraußregel“ ist dies in haushaltsüblichen Mengen für den persönlichen Bedarf gestattet.
Die Edelkastanie zeigt besondere, ökologisch relevante Eigenschaften auf und sie bildet eine Vielzahl wertvoller Biotopholzstrukturen aus. In Bezug auf Flechten, Moose und Pilze ähnelt sie sehr stark den Beobachtungen, die man in gleicher Weise bei der Eiche machen kann.

Im Forstamt Annweiler wurde bereits vor einigen Jahren ein Sortengarten für die Edelkastanie gepflanzt. „Diese Anlage muss man sich wie eine Art Streuobstwiese für die Keschde vorstellen, die aus fast 80 unterschiedlichen Herkünften besteht“, erklärt der zuständige Forstamtsleiter Gregor Seitz. „Die einheimischen Vertreter heißen „Frühe Rinnthaler“ oder „Kichheimbolander“, andere tragen so poetische Namen wie „Vincent van Gogh“, „Doree de Lyon“ oder „Bouche de Bettisac“. „Die Edelkastanie darf nicht mit der Rosskastanie verwechselt werden. Sie gehört zu den Buchengewächsen“.

Leider sind die Vorkommen der Edelkastanie, die 2018 zum Baum des Jahres gewählt wurde, durch einen Pilz akut bedroht. Der aggressive Wundparasit (Cryphonectria parasitica) wurde in Deutschland erstmals 1992 in der Ortenau/Schwarzwald nachgewiesen. Mittlerweile gibt es auch Befallsherde in der Vorderpfalz.

Das interdisziplinäre, deutsch-französische Forschungsprojekt „Die Edelkastanie am Oberrhein“ unter Leitung der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz, Trippstadt, untersuchte und dokumentierte die Bedeutung der Edelkastanie in einem umfassenden, auch kulturhistorisch und touristischen Sinne.

Am 2. Juli 2005 wurde die Interessengemeinschaft Edelkastanie begründet. Sie will den Informationsaustausch verbessern, das waldbauliche Wissen mehren, die Edelkastanie als landschaftsprägendes, charakteristisches Gehölz der Weinbauregionen erhalten und eine umfassende Forschung fördern. ps

Autor:

Jessica Bader aus Mannheim

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