Geheimnisvolle Heimat
Friedrichsbühl - oder wie die Medicis nach Bellheim kamen
Bellheim. Viel ist nicht mehr zu erahnen vom Jagdschloss Friedrichsbühl (auch Neuhaus genannt) im Wald, nördlich von Bellheim. Errichtet wurde das Schloss im Jahr 1552, zerstört wurde der Renaissancebau nicht einmal hundert Jahre später, 1627 im Dreißigjährigen Krieg und nochmals 1674. 1725 wurden dann auch die Überreste komplett abgebrochen und verkauft. Heute erinnern lediglich ein Gedenkstein, eine Informationstafel und die Überreste des Wassergrabens an den einstigen Prunkbau des Kurfürsten Friedrich II. von der Pfalz (geboren am 9. Dezember 1482 und gestorben am 26. Februar 1556). Das Renaissanceportal des Schlosses wurde bis 1897 als Portal der Nikolauskirche in Bellheim verwendet, heute ist es im Historischen Museum der Pfalz in Speyer zu finden.
Das geheimnisvolle Schloss
Man weiß heute nicht mehr viel darüber wie das Schloss einst ausgesehen hat, denn den Historikern sind heute keinerlei Baupläne, Stiche oder Gemälde von Schloss Friedrichsbühl bekannt. Man weiß, Friedrichsbühl stand inmitten von Wassergräben und war - wie eine Wasserburg - nur über eine Brücke erreichbar.
So wenig man über das Aussehen des Jagdschlosses weiß, so viel ist über die wechselvolle Geschichte des Gebäudes im Bellheimer Wald bekannt: Die Zerstörung Friedrichsbühls ist wohl auf die Kampfhandlungen im Jahr 1622 zurückzuführen. Als Erzherzog Leopold V, Bischof von Straßburg mit einem starken Heer die letzten Stützpunkte in der Südpfalz angriff und eroberte. In ihrer Wut über den geleisteten Widerstand erschlugen die Eindringlinge einen Teil der Bevölkerung der Stadt Germersheim und richteten großen Schaden. Nach der Eroberung des Oberamtes Germersheim war Friedrichsbühl verwüstet und unbewohnbar.
Im Jahre 1623 wies der Erzherzog seine Beamten an, sich mit der Reparatur Friedrichsbühl zu befassen. Die im Jahr 1623 eingeholten Kostenvoranschläge sind heute noch erhalten und geben nicht nur einen Einblick in die Schäden am Schloss, sie lassen auch einiges über das Aussehen und den architektonischen Zuschnitt der Anlage erahnen: So mussten 80 Fenster neu eingeglast werden, 5.000 Dachziegel und 500 Hohlziegel wurden zur Reparatur benötigt.
Vom Lustschloss zum Gestüt
Größere Bedeutung erlangt das Lust- und Jagdschloss Friedrichsbühl nach seiner Renovierung unter Erzherzog Leopold V. und Claudia von Medici, Landesherren des Oberamtes Germersheim von 1622 bis 1631 und von 1635 bis 1644.Der Habsburger baute das Schloss zum Gestüt aus und zeigte großes Interesse an den Zuchterfolgen. Man weiß heute aus den Berichten des „Stutenmeisters“ Ulrich Trummenschmiedt vom April, dass die Pferde für den Hof bestimmt waren. Nach vier Jahren gingen die Fohlen auf eine lange und teure Reise von Bellheim nach Innsbruck.
Der Erzherzog hatte 1626 seine Ämter als Bischof von Straßburg und Passau niedergelegt und die verwitwete Claudia von Medici geheiratet. Während ihrer Reise durch Elsass und das Oberamt Germersheim hielt das Paar mit seinem Gefolge im Januar 1628 Einzug in Friedrichsbühl. Erzherzogin Claudia von Medici – ihr Gemahl war 1632 verstorben - trat nach der Niederlage der Schweden und dem Einmarsch der kaiserlichen Truppen in die Pfalz wieder in Erscheinung. 1635 ernannte sie eine Reihe von Beamten, die die Verwaltung des Oberamtes Germersheim aufbauen sollten. Als einer der ersten erhielt Christoph Baumann seine Bestallung als Gärtner von Friedrichsbühl.
Das Ende und der neue Anfang
Wer das endgültige Ende von Schloss Friedrichbühl letztlich herbeiführte, kann man heute nicht mehr genau nachvollziehen – es gibt verschiedene Thesen: die letzten Jahre des Dreißigjährigen Krieges, die von Truppendurchzügen geprägt waren, könnten das Jagdhaus ruiniert haben. Nicht auszuschließen sind ist ein Angriff der Schweden, die im Oktober 1639 Germersheim erobert hatten, aber nach wenigen Wochen wieder abziehen mussten und dabei auch die Stadt in Brand steckten. Ebenso könnten es die mit ihnen alliierten französischen Truppen unter Duc de Longueville gewesen sein, die zu dieser Zeit bei Bellheim standen – keine der Möglichkeiten lässt sich heute noch eindeutig belegen.
Der Beleg über das Ende für Friedrichsbühl findet sich in einer Rechnung des Dorfes Böbingen von 1654/1655. Der Schreiber notierte, dass die Gemeinde beim Abbruch des ruinierten Schlosses Frondienste geleistet habe. Dazu passt auch die Mitteilung des Landschreibers Johann Conrad Hermanni 1664 „Churpfaltz Jagt oder Lusthaus Friedrichs Bühl ... ist auch gantz eingangen" hält dieser in seinen Schriften fest.
Der Abriss hat sich sicherlich über Jahrzehnte erstreckt und das gewonnene Baumaterial wurde restlos wiederverwertet. So wurde beispielsweise die um 1717 zerstörte steinerne Brücke bei Lingenfeld auf Veranlassung von Regierungsrat Franck mit Steinen vom ,,Neuen Haus", wie Friedrichsbühl jetzt auch hieß, erneuert. Man nimmt an, dass der Abbruch des Jagdschlosses im Jahr 1725 endete. Laut Johann Goswin Widder wurden die Reste des ehemaligen Schlosses von der Kurfürstlichen Hofkammer veräußert.
Ausflugsziel und Freilichtbühne
Man fragt sich natürlich, warum dieser Ort im Bellheimer Wald auch heute noch eine so große Anziehungskraft auf die Menschen dort ausübt: Aber auch hierzu geben die Geschichtsbücher Auskunft. Während des 19. und 20. Jahrhunderts war der Standort des ehemaligen Jagdschlosses ein beliebtes Ausflugsziel. Ein Anziehungspunkt für Jung und Alt. Während der Kaiserzeit wurde dort sogar eine Naturbühne für Chöre. Zahlreiche Verein aus der Region feierten hier ihre Jubiläen wie Presseberichte aus dem 19. Jahrhundert dokumentieren.
Über viele Generationen erleben Bellheimer Kinder und Jugendliche „Neuhaus“ zudem als einen echten und geheimnisvollen „Abenteuerort“.
In eigener Sache: Herzlichen Dank an Rainer Becki und den Kulturverein Bellheim für die Unterstützung bei der Recherche. (Quelle: "Bellheimer Heimatgeschichte - "Von 'wildem Geist' und Gastwirtschaften, von Festen und von Friedrichsbühl")
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Autor:Heike Schwitalla aus Germersheim | |
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