Wann ist Walpurgisnacht? - Datum, Bräuche und Bedeutung der Hexennacht
Brauchtum. In der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai – der so genannten Walpurgisnacht - fliegen Hexen auf ihren Besen zum Blocksberg, um mit dem Teufel zu tanzen, heißt es. Aber woher stammt diese Geschichte? Was sind die Ursprünge der düsteren Legenden, die sich um Hexen und weise Frauen ranken? Und wie konnte es geschehen, dass der Namenstag einer Heiligen zum Symbol für schwarze Magie und den Satan schlechthin werden konnte?
Die „Heilige Walburga“
Am 1. Mai wird seit dem Mittelalter die Heiligsprechung der Walburga (auch Walpurga) gefeiert. Walburga, eine angelsächsische Benediktinerin, kam im 8. Jahrhundert als Missionarin nach Deutschland und war 18 Jahre die Äbtissin des Klosters Heidenheim. Es wird über zwei Wunder berichtet, die Walburga während dieser Zeit vollbracht haben soll. Eines davon war die Rettung eines Kindes vor dem Hungertod mithilfe von drei Ähren. Das andere Wunder war die erfolgreiche Beruhigung eines tollwütigen Hundes. Es gibt auch Berichte über Krankenheilungen und die Rettung einer Frau, die am Kindbettfieber erkrankt war. Sie wird daher als Schutzpatronin gegen verschiedene Gefahren verehrt, darunter Seuchen, Hungersnot, Missernten und böse Geister. Unter Walburgas Reliquienschrein soll jedes Jahr von Oktober bis Ende Februar eine Flüssigkeit, bekannt als Walburgisöl, austreten. Pilger können es in Fläschchen abgefüllt im Kloster Eichstätt, wo sich ihr Grab befindet, bekommen.
Verehrt wird sie heute in der katholischen Kirche eher an ihrem mutmaßlichen Geburtstag, dem 25. Februar. Mit dem späteren Volksglauben an den "wilden Hexentanz" hatte sie erst einmal nichts zu tun, vielmehr starteten in der heute als „Hexennacht“ bekannten Nacht die Feierlichkeiten des Walburga-Gedenkens mit so genannten Vigilien – also Nachtgebeten.
Erst später wurden die neun Tage vor ihrem Todestag als Walpurgistage bezeichnet, zur Abwehr von Hexen und bösen Geistern werden an diesen Tagen auch heute noch vielerorts die Kirchenglocken geläutet. Die Nacht vom 30. April auf den 1. Mai gilt seither als Nacht der bösen Geister, Hexen und Dämonen, häufig wird das darauf zurückgeführt, dass man in den Nachtgebeten die Heilige um Schutz jenen gebeten hat.
Wie eine weitere Legende besagt, war Walburgas vermeintlicher Onkel, der heilige Bonifazius, derjenige, der die heiligen Eichen der keltischen Bevölkerung fällen ließ und der auch das Kräutersammeln verbot. Letzteres allerdings ohne Erfolg, denn selbst seine Nicht Walburga war zu Lebzeiten eine heilende und wundertätige Frau.
Goethes „Faust“
Die Nacht vom 30. April auf den 1. Mai wird also schon seit vielen Jahrhunderten als Walpurgisnacht bezeichnet, in der nach Folklorevorstellungen Hexen auf dem Brocken und anderen erhöhten Orten gemeinsam mit dem Teufel und seinen Dämonen wilde Feste und Orgien feiern. Popularisiert wurde dieser Begriff aber erst so richtig durch Johann Wolfgang von Goethes Werk "Faust“ (Teil 1, 1808) im 19. Jahrhundert. Zwar hatten sich auch vorher schon andere Literaten mit der Hexennacht beschäftigt, aber kein Werk machte sie so bekannt und beliebt wie der „Faust“. Hier lockt Mephisto den Protagonisten zur Walpurgisnacht und dem Hexentanz auf den „Blocksberg“ (Brocken), um ihn von seiner Liebe zum tugendhaften Gretchen abzulenken. Seine Beliebtheit verdankt das Stück der Tatsache, dass es sich epochen-übergreifend in seine Zeit einfügt – es vereint Merkmale der „Sturm und Drang“, der Weimarer Klassik, der Aufklärung und der Romantik – was ihm über viele Jahrhunderte hinweg zu Kultstatus in der deutschen Literatur verhalf und auch die für die damaligen Zeiten sexuell komplett überfrachtete Walpurgisnacht-Szene einer großen Leserschaft bekannt machte.
Später, in der Hochphase der deutschen Romantik, schufen die Gebrüder Grimm mit ihren gesammelten „Kinder- und Hausmärchen“ einen neuen, vielfach noch grausameren und verzehrten Hexenkult. Man denke nur an das Märchen „Hänsel und Gretel“ in dem der Hexe sogar Kannibalismus nachgesagt wird.
Beltane - heidnisches Brauchtum noch immer präsent
Auch das keltische fest Beltane fällt auf den 1. Mai. Es wird im irischen Kalender als Sommeranfang gefeiert und ist mit Imbolc (1. Februar), Lughnasadh (1. August) und Samhain (1. November) eines der vier großen irischen, durch bestimmte Landarbeiten entstandenen Feste.
Die Beltanefeierlichkeiten zeigen einige Ähnlichkeiten zu heutigen Traditionen wie dem "Tanz in den Mai" oder dem „Maifeuer“. Auch der traditionelle Maibaum hat hier vermutlich seinen Ursprung, da die Kelten zu Beltane Häuser und Ställe mit frischem Grün schmückten und mit Maibaum, Mai-Lehen und Maikönigin feierten. Vermutlich eine Erinnerung an die Verehrung einer Göttin, die dem Land Fruchtbarkeit schenkte, wenn man sie nur ausgiebig darum bat.
Weise Weiblichkeit oder Hexerei – Grund zur Freude und zur Sorge
Es dreht sich Ende April und Anfang Mai also alles um das Thema „Fruchtbarkeit“. Der Winter ist endgültig vorbei, die Natur grünt, Kräuter wachsen, die Jungtiere werden geboren, die für die Menschen in früheren Zeiten so wichtige Landwirtschaft kommt wieder in Schwung. Fruchtbarkeit ist generell ein durch und durch weibliches Attribut, das, wenn es funktioniert als durchweg positiv angesehen wurde. Kam es zu Missernten, Kältereinbrüchen oder Totgeburten fiel das aber auch immer negativ auf die Frauen zurück. So wurden etwa im Zuge der Hexenprozesse (Inquisition) zuerst nur weise Frauen und vermeintliche Hexen verfolgt, die mit ihrem Negativzauber und schwarzer Magie Unglück über die Menschen brachten. Erst Jahrhunderte später – in der absoluten Hochphase der Hexenverfolgung – konnte diese dank anhaltender Denunziation so gut wie jeden treffen: Junge, Alte, Männer, Frauen, Erwachsene, Kinder. Zuerst jedoch richtete sich die Angst der Menschen gegen heilkundige Frauen, die versuchten, im Krankheitsfall zu helfen. Funktionierte dies nicht, gab man ihnen und ihren Fähigkeiten die Schuld am Unglück und bestrafte sie.
Mythos Hexensabbat
Aus dieser Angst vor der "Macht der `heidnischen` weisen Frauen" resultierte irgendwann der "Hexenglauben". Menschen waren spätestens seit dem 15. Jahrhundert davon überzeugt, dass so genannte "Hexen" ihnen Schaden zufügen können. In der Frühen Neuzeit bezeichneten Hexentheoretiker den Hexensabbat oder Teufelstanz als ein regelmäßiges, geheimes nächtliches Treffen von Hexen und Hexern einer Region mit dem Teufel an einem abgelegenen Ort, dem Hexentanzplatz. Diese Treffen galten als festartige Versammlungen, bei denen magische Rituale und orgiastische Praktiken ausgeübt wurden. Heute noch finden in vielen Orten Veranstaltungen zum "Tanz in den Mai" statt. Auch das häufig ambivalent betrachtete Feuer - zum einen wärmend und hilfreich, zum anderen gefährlich und unberechenbar - spielt in der Hexennacht eine große Rolle: Maifeuer oder auch Hexenfeuer sind in Deutschland nicht nur aus dem Harz bekannt, sondern werden auch in vielen anderen Regionen heute noch als Tradition der Mainacht gefeiert.
Der Hexensabbat, zusammen mit dem Hexenflug, dem Teufelspakt, der Teufelsbuhlschaft und dem Schadenzauber, gehört zu den fünf Hauptelementen der Hexenlehre. Diese Lehre begann sich um 1430 in der Westschweiz zu formen. Im 16. und 17. Jahrhundert bildeten diese Elemente auch die häufigsten Anklagepunkte in den Hexenprozessen, die meist von weltlichen Gerichten durchgeführt wurden und für die Angeklagten in der Regel tödlich endeten. Das Wort selbst geht auf den in der gleichen zeit wachsenden Antisemitismus zurück. Der Begriff "Hexensabbat" verbindet den Hexenbegriff, der im frühen 15. Jahrhundert geprägt wurde, mit dem hebräischen Wort "Schabbat", das im Judentum den von Gott gebotenen Ruhetag am Ende einer Arbeitswoche bezeichnet. Im Hochmittelalter nahm der Antijudaismus zu und dämonisierte die Juden sowie ihre religiösen Praktiken. Man unterstellte ihnen satanische Riten, darunter die Anbetung von Dämonen, Ritualmorde, Schadenzauber, Brunnenvergiftung und Hostienfrevel. Diese Vorwürfe wurden oft benutzt, um Pogrome und Verfolgungen gegen Juden zu rechtfertigen oder herbeizuführen. Ganz bewusst führte man mit dem Begriff zwei bekannte Feindbilder zusammen: das des "unheimlichen Juden" und das der "bösen weisen Frau".
Der 1. Mai
Heute ist der 1. Mai vielen Menschen als ein Feiertag, der "Tag der Arbeit" bekannt. Viele Familien zieht es in die erwachende Natur, es wird gewandert, Maifest laden zum Rasten ein. Am 1. Mai 1886 demonstrierten Tausende von Arbeitern, die in den Streik traten und an Kundgebungen teilnahmen, die überall in den Vereinigten Staaten stattfanden, für bessere Arbeitsbedingungen, mehr Lohn und kürzere Arbeitszeiten. 1919 wurde der 1. Mai auch in der Weimarer Republik zum Feiertag - der nach dem Zweiten Weltkrieg als "Tag der Arbeit" wieder eingeführt wurde. Seit den 1980er Jahren ist die Nacht zum 1. Mai auch für Ausschreitungen der "linken Szene" bekannt. Die erste schwere Straßenschlacht gab es 1987. Damals kam es in Berlin-Kreuzberg zu heftigen Zusammenstößen zwischen Autonomen und Polizei - Auslöser waren damals die Volkszählung und die geplanten opulenten Feierlichkeiten zum 750 Jubiläum der Stadt Berlin.
Autos mit Klopapier einwickeln, faule Eier an Hauswände werfen, Ortsschilder vertauschen, Maibäume klauen - diese recht harmlosen Scherze erinnern in vielen ländlichen Gegenden jährlich auch heute noch an die "Machenschaften der Hexen". Auch 2024 ist daher in der Walpurgisnacht zum einen mit närrischen Streichen aber leider auch wieder mit gewalttätigen Ausschreitungen anlässlich des Maifeiertags - vor allem in Deutschlands Großstädten - zu rechnen.
Hexen heute
Im Laufe des 20. Jahrhunderts wird der Begriff der Hexe immer positiver belegt. In den 1970er Jahren glorifiziert die internationale Frauenbewegung Hexen und weise Frauen als die "Mütter des Feminismus". Die Hexe wird zur Symbolfigur für Emanzipation. Hexen werden heute - meist von Frauen - idolisiert und verehrt. Das Wissen der weisen Kräuterfrauen wird geschätzt und die angeblichen magischen Fähigkeiten der Hexen werden sogar wissenschaftlich untersucht. So gibt es an der University of Exeter in Großbritannien einen Masterstudiengang "Magic and Occult Science". Aber auch die Unterhaltungsindustrie treibt das gute Image der Hexen voran – Bücher wie "Die kleine Hexe" von Ottfried Preußler oder nicht zuletzt Bibi Blocksberg und Serien wie "Sabrina - verhext" lassen das schlechte Image schwinden und Hexen zu echten Ikonen und Kindheitslieblingen werden.
Zum Thema
Autor:Heike Schwitalla aus Germersheim | |
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