Kreative Namensgebung für 103 neu entdeckte Käferarten aus Indonesien
Asterix und Obelix mit sechs Beinen
Karlsruhe. Forscher haben auf der indonesischen Insel Sulawesi insgesamt 103 neue Rüsselkäferarten der Gattung Trigonopterus entdeckt; bislang war nur eine einzige Art von dort bekannt. Vermutlich wurden die zahlreichen Arten lange wegen ihrer geringen Größe (2-3 mm) übersehen. Außerdem sind einige oberflächlich sehr ähnlich, so dass sie nur dank moderner DNA-Analyse schnell und zweifelsfrei identifiziert werden konnten. Trigonopterus obelix ist nur einer der Neuentdeckungen, die unter anderem nach Comicfiguren benannt wurden. Die Studie ist in der frei zugänglichen Zeitschrift ZooKeys publiziert.
Die indonesische Insel Sulawesi ist seit langem für ihre einzigartige Tierwelt bekannt: ausschließlich hier kommen z.B. Hirscheber (Babirusa) und Zwergbüffel vor. Viele der kleinen Insektenarten, die in den dortigen Regenwäldern leben, sind allerdings bis heute weitgehend unerforscht geblieben.
Dies war auch der Fall bei den Rüsselkäfern der Gattung Trigonopterus, von denen seit 1885 nur eine einzige Art von der Insel bekannt war. Eine kürzlich durchgeführte Studie deutscher und indonesischer Wissenschaftler brachte nun 103 neue Arten ans Licht, die alle zu dieser Gattung gehören. Die Käfer werden detailliert und frei zugänglich in der Zeitschrift ZooKeys beschrieben."Wir hatten Hunderte von Arten auf den benachbarten Inseln Neuguinea, Borneo und Java gefunden – warum sollte also ausgerechnet auf Sulawesi mit seinen üppigen Lebensräumen keine Vertreter dieser Gattung zu finden sein?" fragt Entomologe und Erstautor der Studie, Dr. Alexander Riedel vom Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe.
Tatsächlich wusste es Riedel schon seit einiger Zeit besser: Als er 1990 in Zentral-Sulawesi die Käferfauna des Regenwaldes untersuchte, fand er die ersten Exemplare, die nun Teil der vorliegenden Arbeit wurden. Über die folgenden Jahre konnten weitere Forschungsreisen in Zusammenarbeit mit dem Indonesischen Institut der Wissenschaften (LIPI) das Bild vervollständigen.
"Unsere Bestandsaufnahme ist noch nicht abgeschlossen und möglicherweise haben wir gerade erst die Oberfläche angekratzt. Sulawesi ist geologisch sehr komplex und viele Gebiete wurden noch nie auf kleine Käfer untersucht," sagt Raden Pramesa Narakusumo, Kurator für Käfer am Indonesischen Forschungszentrum für Biologie.
Warum blieben all diese Käfer so lange unbemerkt?
Im Gegensatz zu den großen und beliebten Hirsch- oder Prachtkäfern ziehen Rüsselkäfer von nicht mehr als 2-3 Millimeter Länge wenig Interesse auf sich – selbst in der insektenkundlichen Fachwelt. Die scheinbare Ähnlichkeit vieler Arten erschwert ihre Bestimmung zusätzlich.
Der moderne Ansatz der DNA-Sequenzierung ist daher die effizienteste Methode zu ihrer Bestimmung. Allerdings ist der Einsatz dieser Technik in Indonesien stark eingeschränkt. Während zweifellos noch Tausende unbeschriebener Arten die Regenwälder des Landes bewohnen, gibt es nur einen einzigen hauptberuflichen Käferforscher am einzigen Zoologischen Museum des Landes nahe Jakarta. So sind internationale Zusammenarbeiten essentiell, um die biologische Vielfalt des Landes zu erforschen.
103 Käfernamen
Das Erfinden von 103 neuen Namen war für die Forscher auch keine besonders leichte Aufgabe. Während einige der Rüsselkäfer nach ihren Fundorten oder ihren charakteristischen Merkmalen benannt wurden, haben andere etwas bemerkenswertere Namen erhalten:Eine kleine, grünliche, waldbewohnende Art wurde passend nach der Star Wars-Figur Yoda benannt, während einer Gruppe von drei Arten die beliebten gallischen Comic-Helden Asterix, Obelix und Idefix ihre Namen liehen. Natürlich ist Trigonopterus obelix größer und runder als seine beiden "Freunde"... Weitere Namen sind T. artemis und T. satyrus nach zwei Figuren der griechischen Mythologie – Artemis, der Göttin der Jagd und Natur, und Satyr, einem männlichen Naturgeist, der entlegene Orte bewohnt.
Vier der neu beschriebenen Arten sind großen Biologen gewidmet: Charles Darwin (Begründer der Evolutionstheorie), Paul D. N. Hebert (der "DNA-barcoding" zur Bestimmung von Arten einführte) sowie Francis H. C. Crick und James D. Watson (beide Entdecker der Struktur der DNA).
Sulawesi liegt im Herz von "Wallacea", einer biogeographischen Übergangsregion zwischen den Kontinentalregionen mit Asiatischer bzw. Australischer Fauna. Die Forscher nehmen an, dass die Gattung Trigonopterus in Australien oder Neuguinea entstand, und erst später von dort Sulawesi erreichte. Vermutlich haben nur wenige Populationen gereicht, um sich in mehr als hundert Arten zu entwickeln. Eine genauere Untersuchung ihrer Evolutionsgeschichte ist gerade in Arbeit.
Um die Arbeit zukünftiger Taxonomen zu erleichtern, wurden zusätzlich zu der in ZooKeys publizierten Monographie hochauflösende Fotos der Arten zu Wikimedia Commons hochgeladen. Diese Bilder sowie die wissenschaftlichen Beschreibungen sind auf der Seite Species-ID gebündelt zu finden. "So kann den Arten ein Gesicht gegeben werden, was die wichtigste Voraussetzung für weitere Arbeiten über ihre Entwicklungsgeschichte ist" erklären die Forscher. "Arbeiten über Evolutionsprozesse in Ökosystemen brauchen Namen und klare Erkennungsmerkmale zur Diagnose der Arten. Diese sind nun vorhanden, zumindest für die Fauna von Sulawesi." (ng)
Autor:Jo Wagner |
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