Geschichte hautnah in Karlsruhe
Dokument zur Geschichte der Karlsruher Architektenausbildung

Entwurf von 1882 für den Reichstag in Berlin  | Foto: Foto: Engel, Seeland, KIT; Skizze: Adolf Weinbrenner
  • Entwurf von 1882 für den Reichstag in Berlin
  • Foto: Foto: Engel, Seeland, KIT; Skizze: Adolf Weinbrenner
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Karlsruhe. Es ist ein Artefakt von großem Wert für die Architekturgeschichte: Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat einen Band mit Zeichnungen von Adolf Weinbrenner, dem Großneffen des klassizistischen Architekten und badischen Baudirektors Friedrich Weinbrenner, erworben. Als wertvolles Dokument zur Geschichte der Karlsruher Architektenausbildung im 19. Jahrhundert stellt es eine wichtige Bereicherung der Sammlung des Archivs für Architektur und Ingenieurbau (saai) am KIT dar.

Das 161 Seiten umfassende Klebealbum enthält 491 Einzelzeichnungen, meist in Bleistift oder Tusche, die häufig mit Wasser- und Deckfarben farbig angelegt sind. Es besitzt noch den originalen Halbledereinband und übersteigt mit seinem Format von 56 mal 34,5 Zentimeter ein typisches Großfolioformat. „Das Skizzenbuch beziehungsweise Klebealbum mit der Aufschrift ‚Studien & Pausen. Entwürfe, Aufnahmen von Ad. Weinbrenner 1856–1900‘, in das Weinbrenner vermutlich eigenhändig ein umfangreiches Konvolut eigener, besonders aussagekräftiger und attraktiver Zeichnungen einmontierte, ist eine wertvolle Ergänzung des vorhandenen Bestands von Adolf Weinbrenner am saai“, sagt Martin Kunz vom saai. „Wir freuen uns, dass wir das umfangreiche Skizzenbuch auf Anregung der Friedrich-Weinbrenner-Gesellschaft erwerben konnten. Unser besonderer Dank gilt ihrem Präsidenten. Dessen Gutachten zu dem Klebealbum unterstützte uns dabei, eine entsprechende Förderung der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg bewilligt zu bekommen.“

Einblick in das Schaffen von Adolf Weinbrenner
Die Arbeiten geben in kompakter Form einen Überblick über das Gesamtwerk von Adolf Weinbrenner und zeigen seine große Bandbreite. Die Sammlung beginnt mit Studienarbeiten bei verschiedenen Professoren, darunter ein Entwurf für Kolonnaden für die Promenade in Baden-Baden aus dem Jahr 1853. Darauf folgen Entwürfe von Bahnhofsgebäuden und ihre Konstruktionen sowie der Kirche „St. Maria Unsere Liebe Frau vom Karmel“ in Bräunlingen aus den Jahren 1881 bis 1883.
Zusätzlich werden auch seine restauratorischen Projekte wie der Umbau des Alten Amtshauses und des Konzils in Konstanz, die Erneuerung von Schloss Heiligenberg und der Münsterkirche Salem dargestellt. Neben diesen ausgeführten Bauten befindet sich sein Beitrag zum Wettbewerb für den Reichstag in Berlin, aus dem Jahr 1882 im Skizzenbuch. Ergänzt werden diese architektonischen Arbeiten durch einen Entwurf für ein Segelboot, Mobiliar sowie das Große Amtssiegel des Rektors der Technischen Hochschule Karlsruhe, einer der Vorgängereinrichtungen des KIT.

„Die Zeichnungen sind durchweg von einer hohen, bisweilen virtuosen künstlerischen und technischen Qualität und zeugen selbst im kleinen Maßstab von außergewöhnlicher Präzision und Detailsicherheit“, so Kunz. „Besonders hervorzuheben ist hier die bewusste Synthese zwischen Architektur und Ingenieurbaukunst, die der polytechnischen Idee folgt und ein Merkmal der Karlsruher Schule im 19. Jahrhundert ist. Der Band ist eine wichtige Ergänzung zu den Sammlungen der Karlsruher Schule im saai, die mit den Arbeiten von Friedrich Weinbrenner beginnt.“

Zu Adolf Weinbrenner
Adolf Weinbrenner (1836–1921) war ein Großneffe des klassizistischen Architekten und badischen Baudirektors Friedrich Weinbrenner (1766–1826) und studierte Architektur unter anderem bei Heinrich Hübsch und Friedrich Eisenlohr am Polytechnikum in Karlsruhe, dem heutigen KIT. Nach dem Studium wurde er Mitarbeiter in der Eisenbahn-Bauverwaltung, wo er an der Schnittstelle zwischen Architektur und technischer Infrastruktur arbeitete.
Im Anschluss begab er sich auf Studienreisen nach Italien, Frankreich und Belgien. Nach seiner Rückkehr wurde er fürstlicher Hof-Bauinspektor in Donaueschingen, bevor er 1880 zum Professor an die Polytechnische Schule (ab 1885 Technische Hochschule) in Karlsruhe berufen wurde, die aus der Bauschule seines Großonkels hervorgegangen war. Ehe er 1911 aufgrund eines Augenleidens in den Ruhestand ging, wurde er noch zum Geheimen Oberbaurat ernannt.

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Autor:

Jo Wagner

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