Rheinbegradigung: Johann Gottfried Tulla

Das heutige Bild vom Rhein zwischen Karlsruhe und Mannheim verdanken wir Johann Gottfried Tulla | Foto: Markus Distelrath /Pixabay.com
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Karlsruhe. Der Ingenieur Johann Gottfried Tulla kartierte erstmals Baden, gründete die erste Ingenieursschule in Baden und begradigte den Rhein.

Immer wieder zerstörten Hochwasser am Rhein Häuser und ganze Dörfer. Aus dem Jahr 1651 wird berichtet, dass Särge den Fluss hinuntertreiben, weil der Strom einen Friedhof freigelegt hat, hieß es in der SWR-Dokumentation, die im Oktober gesendet wurde. Einerseits bot die Nähe zum Rhein ertragreiche Äcker für Bauern und reichlich Beute für die Fischer, andererseits drohte ständig die Überflutung und damit die Zerstörung der Existenz. Und in die feuchten Auen, in denen die Menschen Holz und Kräuter sammelten, sind ein Paradies für Stechmücken, die die oft tödliche Malaria übertragen. Der große Fluss ist Fluch und Segen zugleich.

Visionär Johann Gottfried Tulla

Johann Gottfried Tulla, vor 250 Jahren als Pfarrerssohn in Karlsruhe geboren, wollte das ändern: durch die Begradigung des Rheins sollen Hochwasser verhindert, die Auen zu fruchtbaren Äckern und der Strom zu einer schiffbaren Wasserstraße werden, die den Handel aufblühen lässt.

Nichts ist gottgegeben

Es ist die Zeit der Aufklärung. Nichts ist mehr gottgegeben – die französische Revolution zeigt, selbst der König ist es nicht. Und auch den Weg, den der Fluss nimmt, kann der Mensch verändern. Und wie man den Strom bezwingt, hat der badische Ingenieur Tulla gezeigt. Er schuf kein vollkommen neues Bett für den Fluss, sondern hat nur die Schleifen durchbrochen und abgeschnitten. Die Durchstiche waren nur zehn bis 25 Meter breit – den Rest erledigte die Kraft des Flusses selbst. Nach drei bis vier Jahren hatte der Rhein seinen neuen Verlauf gefunden. Es war ein einzigartiges Großprojekt, das alleine für den badisch-pfälzischen Abschnitt von 1817 bis 1865 dauerte und enorme Mengen Geld verschlang. Zwischen Neuburg und Mannheim, der Lautermündung und Roxheim wurden 18 Durchstiche gegraben und der Rhein von 135 Kilometer auf 86 Kilometer verkürzt. 1825 wurde in Karlsruhe die erste deutsche Dampfschifffahrtsgesellschaft gegründet.
Da der Fluss auch die Grenze zur Pfalz markiert, war eine Einigung mit dem mittlerweile dort regierenden Bayern notwendig. Nach dem Hochwasser im Januar 1816, das die Gemeinde Wörth schwer traf, einigten sich die Regierungen von Bayern und Baden. Allerdings lehnten sich die Bauern und Fischer gegen die Pläne auf. Denn plötzlich waren ihre Äcker auf der anderen Rheinseite, manche Höfe auf badischem Gebiet lagen plötzlich in der bayerischen Pfalz und umgekehrt. Die Fischer fürchteten um ihre Pfründe. Und schließlich wurden sie für die Arbeiten herangezogen, wenn auch – wie es in der Fernsehdoku hieß – erstmals nicht als Frondienst, sondern als bezahlte Arbeit. Als die Arbeiten 1817 begonnen haben, kam es zu handfesten Auseinandersetzungen, so dass die Arbeiten nur unter der Aufsicht der Armee fortgesetzt werden konnten. Doch spätestens als die Bewohner an den ersten sechs Durchstichen vom Hochwasser im Jahr 1824 verschont geblieben waren, verstummten die letzten Kritiker des Großprojekts. Die Vollendung der Rheinbegradigung erlebte Tulla nicht mehr: Mit 58 Jahren stirbt er 1828 in Folge von Blasensteinen in Paris, wo er sich hatte behandeln lassen.

Gründer der Karlsruher Ingenieursschule

Eigentlich hatte Tulla wie sein Vater Pfarrer werden sollen. Doch sein Lehrer auf dem Karlsruher Lyzeums erkannte seine Begabung für die Naturwissenschaften und die Mathematik und erwirkte ein Stipendium des Markgrafen Karl Friedrich, so dass er eine Landvermesserausbildung erhielt. Es folgten zahlreiche Stationen, bei denen er beispielsweise den Deichbau in Holland und Hamburg studierte bis er schließlich im November 1797 als Ingenieur markgräflicher Beamter wurde. Er ist 1807 Mitbegründer der Karlsruher Ingenieursschule, ein Vorgängerinstitut der Universität Karlsruhe. Er vermaß das Land, legte die erste exakte Karte von Baden an und kartierte vor allem den Weg des Rheins. Im Jahr 1809 legte Tulla erstmals einen Plan für die Rheinbegradigung vor. Doch der Krieg Napoleons verzögerten seine Pläne zunächst. [rko]

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