Pferde spiegeln Gefühle
Studierende der DHBW Karlsruhe lernen das Führen mit Hilfe von Pferden.
Führung ist eine uralte biologische und soziale Funktion, die sich aus der Überlebensstrategie der Menschen als Herdenwesen ableitet. Schon in den „Ur-Horden“ war es wichtig, dass sich eine Führungsfigur herausbildete, die bei der Nahrungssuche oder im Falle von Gefahr den Ton angab. Diese Funktionsübertragung sicherte das Überleben der Gattung Mensch über Millionen von Jahren. In modernen gruppendynamischen Untersuchungen zeigt sich, dass etwa eine Gruppe ab sechs Personen bereits eine siebente Person braucht, die die Koordination der Aufgaben und der Ressourcen übernimmt. Wird diese Aufgabe gut wahrgenommen, dann funktioniert eine Gruppe optimal.
Führung wird gefordert
„Mitarbeiter verlangen von einem Vorgesetzten, dass er klar führt und dass er dazu steht.“, sagt Dr. Jeanine von Stehlik, Professorin im Studiengang Unternehmertum an der DHBW Karlsruhe. Aber was bedeutet „gute Führung“? Nach Studienergebnissen des Gallup-Instituts ergibt sich ein klares Bild: Besonders geschätzt werden Vorgesetzte, die hart, aber fair sind. Sie werden eher akzeptiert als Vorgesetzte, die kumpelhaft locker Small Talk halten, immer Verständnis haben und einen beim nächsten Meeting dann doch vor allen auflaufen lassen.
Mit Pferden Führen lernen
Führen ohne Autorität funktioniert nicht. Doch nur 10 Prozent der Menschen haben eine natürliche Autorität. Wie Pferde diesem Mangel abhelfen können, erleben jedes Jahr Studierende des Fachs Unternehmertum an der DHBW Karlsruhe. Sie kommen in den Genuss eines Führungstrainings mit Pferden. Die dahinterstehende Idee ist einfach: Pferde spiegeln Menschen, wie sie auf andere wirken. Vor allem, ob sie zum Beispiel so viel Autorität haben, wie es eine leitende Position erfordert. Denn menschliche Mitarbeiter folgen schwachen Weisungen bestenfalls halbherzig. Pferde sind da deutlicher. Wer dem mehr als 800 Kilo schweren Samurai keine klare Anweisung erteilen kann, darf sich nicht wundern, wenn er sich weigert mitzugehen oder gar zu traben.
Klare Ansage des Pferdes also, wenn sie vom Menschen fehlt. Genau darum geht es; dem Gegenüber eine klare Anweisung zu geben. Das funktioniert nur zum Teil über das gesprochene Wort. Viel wichtiger ist die Haltung. Führt ein Chef beispielsweise starke Reden, lässt aber die Schultern hängen und sieht niemandem in die Augen, kommt die Botschaft zwar an. Doch sie ist nicht glaubwürdig. Und das schlägt sich auch in der Motivation der Adressat*innen nieder.
Menschen sind wie Pferde Herdentiere
Eine ideale Möglichkeit, einen eigenen Führungsstil zwischen Autorität und Achtsamkeit zu entwickeln, bietet Annette Stevenson mit ihrem Workshop „Führen lernen mit Pferden“. „Pferde sind Herdentiere, deren Leitung nur ein souveränes, mental starkes Tier übernehmen kann. Bei Teams mit Menschen ist das ähnlich. Pferde demonstrieren, wie wirksam eine kluge Führung sein kann und was ein sinnvoller Umgang mit Stress bedeutet - zudem müssen in einer Herde alle Aufgaben produktiv verteilt werden. Auch hier können Pferde als Vorbild dienen.“, erklärt die Besitzerin der Reitacademie Stevenson. "Wir vermitteln, dass nur mit Authentizität eine natürliche Autorität möglich ist. Werte wie Respekt und Vertrauen müssen verinnerlicht und gelebt sein. Stärke und Ruhe müssen spürbar sein." Pferde sind intuitive Tiere, die jegliche Form der Fassade recht schnell entlarven.“
Annette Stevenson arbeitete als Physiotherapeutin. Mit dem Erwerb des Reiterhofes in Oberderdingen 2003 verwirklichte sie ihren Traum von der Arbeit mit Pferden. Seit 15 Jahren bietet sie Seminare mit Pferden an.
Fazit
„Ich habe an einem Tag zu dem Thema „Führung“ so viel erlebt und erfahren wie sonst in einem Monat", äußerte eine Teilnehmerin, die am Anfang eher ängstlich war, da sie großen Respekt vor diesen großen Tieren hatte. Bei den meisten Studierenden wirke das Erlebnis "noch immer sehr intensiv und positiv nach", stellt Professorin von Stehlik im Nachhinein fest.
Informationen zum Studiengang Unternehmertum:
https://www.karlsruhe.dhbw.de/un/studieninhalte-profil.html
Autor:Susanne Diringer aus Karlsruhe |
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