Igel-Seminar in der Karlsruher Nordstadt / Niemals mit Milchprodukten füttern
„Wenn der Igel beißt, ist das ein gutes Zeichen“
Karlsruhe. Auch in urbanen Räumen werden immer wieder verletzte Wildtiere aufgefunden. Die Tiere aufzupäppeln und dann wieder in die freie Wildbahn zu entlassen – diesem Ziel hat sich die Wildtierauffangstation („Witas Karlsruhe“) verschrieben. Vor einem Jahr schafften es die Tierfreunde gar in die internationalen Schlagzeilen. Damals kam das Eichhörnchen „Pippilotta“ in die Pflege. Das dehydrierte Tierchen hatte alle Scheu überwunden und sich offensichtlich aus Verzweiflung an die Fersen eines Menschen geheftet. Bei „Witas“ kam „Pippilotta“ dank intensiver Pflege wieder zu Kräften und wurde wieder ausgewildert. Neben dem Wochenblatt berichteten selbst Zeitungen in den USA, die BBC oder der Guardian über den Fall des tapferen Eichhörnchens.
Igel-Seminar in Karlsruhe
Kürzlich lud „Witas“ zu einem Igel-Seminar in die Nordstadt, um Tierfreunde darüber zu informieren, was zu tun ist, falls ein geschwächter Igel im Garten oder auf freier Flur auftaucht. Zwölf Igel-Pfleger in spe lauschten den Worten von Michel Speth und Larissa Fritzenschaf („Witas Karlsruhe“). Wenn sich jemand mit den putzigen Insektenfressern auskennt, dann ist es Speth. Rund 200 Igel hat der Badener bereits wieder aufgepäppelt. Für die Tierliebhaber hatte er etliche Tipps parat. „Ganz wichtig ist, den Igel niemals mit Milchprodukten füttern, sonst verstirbt er. Katzenfutter geht dagegen fast immer, allerdings ohne Zuckerzusatz“, so der Igelexperte. Zu den Leibspeisen der stacheligen Gesellen zählt er Insekten. Da diese jedoch nicht so einfach zu realisieren sind, täten es auch durchgegartes Rinderhack, Rührei oder Hähnchenstücke.
Sein Appell an Garten- und Grundstückbesitzer: Totholz liegen lassen, um Insekten als Nahrungsgrundlage zu bieten. Fast die gesamte Wasseraufnahme fände durch die Nahrung statt. Nur in tropischen Sommern sei ein Wasserschälchen nötig. Auch zum Bau von Igelhütten hatte er Tipps. „Die Hütten sind in ganztägigem Schatten auf unversiegeltem Boden aufzustellen. Es soll trocken, ruhig und geschützt sein. Am besten man kleidet die Hütte mit trockenem Laub und Moos aus.“ Ganz wichtig: Man solle sich dem Igel nur annehmen, wenn er wirklich verletzt sei und nicht aus übertriebener Tierliebe den stacheligen Gesellen dem Naturkreislauf entreißen oder gar im Winterschlaf stören.
Tipps vom Fachmann
Wenn das malade Tierchen in Obhut sei, sei die Kontrolle des Gewichts das A und O. „Aus meiner Erfahrung genügen bei Jungtieren rund 400 Gramm, bei ausgewachsenen Tieren 1.200 Gramm, bevor sie in den Winterschlaf gehen“, berichtete der Igel-Experte. Ausführlich informierte er darüber, wann ein Igel überhaupt in einer Notlage sei. „Wenn er bei Frost unterwegs ist, stimmt etwas nicht. Ebenso wenn man einen erwachsenen Igel am helllichten Tag sieht, es sei denn, er ist aus seinem Versteck vertrieben worden. Und natürlich wenn er augenscheinlich verletzt ist.“ Wiegen und gegebenenfalls einen Tierarzt aufsuchen, riet Speth den Teilnehmern. Bei anhaltendem Durchfall sei Fencheltee ratsam. Auch über Wundreinigung, Zeckenbefall oder die Entfernung von Außenparasiten (keine spitzen Pinzetten nehmen) informierte er. Wichtig sei auch - nie mit Freischneidern unter Büschen, Sträuchern, Kompost oder Hecken zu mähen, denn es könnte sich dort ein Igel-Heim befinden.
Im Übrigen: Falls der Igel versuche seinen Betreuer zu beißen – dann sei das ein gutes Zeichen, so Speth. Rund 70 verletzte Wildtiere werden bei „Witas“ pro Jahr abgegeben, so Fritzenschaf, deren Mutter eine Tierarztpraxis in Karlsruhe-Neureut hat. Diese werden dann von privaten Pflegern wieder aufgepäppelt. Das Problem: Der von Spenden und Mitgliedsbeiträgen finanzierte Verein hat derzeit keine Räumlichkeit und sucht ein Areal für seine Wildtierauffangstation in Karlsruhe. voko
Infos: www.witas-ka.de, www.pro-igel.de
Autor:Jo Wagner |
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