KIT arbeitet an neuer Technik / Grundlage für bessere Präventionsmaßnahmen
Sensoren helfen, um Stürze zu vermeiden
Forschung. Mehr als ein Drittel aller über 65-jährigen Menschen in Deutschland ist akut sturzgefährdet. Die Folgen betreffen sie selbst, ihr persönliches Umfeld, aber auch das Gesundheitssystem.
Elektrotechniker des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) wollen hier Abhilfe schaffen: mit neuer Sensortechnik, die Bewegungen und Umfeld in den Blick nimmt und es so möglich macht,
das Sturzrisiko zu bewerten und passende Maßnahmen zum Vorbeugen von Stürzen zu empfehlen. Derzeit entwickeln die Forscher den Prototyp zusammen mit einem Industriepartner weiter. „Wir wollen die Bewertung des Sturzrisikos genau dann machen, wenn sie gebraucht wird, also im häuslichen Umfeld der gefährdeten Person“, sagt Tomislav Pozaic, der zu dem Thema am Institut für Technik der Informationsverarbeitung (ITIV) des KIT seine Doktorarbeit geschrieben hat.
Bisher sei eine solche Bewertung nur in geriatrischen Kliniken im Zusammenhang mit Rehabilitationsmaßnahmen oder als Sturztagebuch von Patienten erfolgt. „Häufig sind davor bereits ein oder mehrere Stürze passiert. Deshalb wollen wir die Bewertung der Sturzgefahr kontinuierlich erheben, um so vielleicht schon den ersten Sturz zu verhindern“, so der Elektrotechniker.
Denn zu den möglichen Sturzfolgen zählen auch Krankenhausbehandlungen, Bettlägerigkeit, Verlust des Selbstvertrauens und daraus folgend Depressionen, die den körperlichen Verfall noch beschleunigen. „Depressive Verstimmungen oder leichte Erkältungskrankheiten können das Sturzrisiko bereits erhöhen. Deshalb ist es wichtig, das früh zu erkennen und mit Aktivierungsmaßnahmen wie Koordinationstraining entgegen zu wirken“, erklärt Professor Wilhelm Stork, Pozaics Doktorvater und Leiter des Bereichs Mikrosystemtechnik am ITIV. Zu bedenken seien zudem die Kosten für das Gesundheitssystem: „Über zwei Milliarden Euro fallen für Folgebehandlungen von Stürzen pro Jahr an“, so Tomislav Pozaic.
Neben der reinen Sturzgefahranalyse verfolgte Pozaic ein weiteres Ziel, das stark mit den Folgen von Stürzen für die seelische Gesundheit der Betroffenen zusammenhängt: „Unser Fokus lag auf einem unauffälligen Design, das nicht stigmatisiert. Gerade mehrfach gestürzte Personen fühlen sich durch offensichtliche Präventionsmaßnahmen als hilfsbedürftig ’abgestempelt’. So lässt sich der Sensor unscheinbar wie eine Uhr am Handgelenk tragen, übermittelt aber lebenswichtige Informationen.“
Aktuell befinden sich die Sensoren gemeinsam mit „Bosch Healthcare Solutions“ in der Weiterentwicklung und könnten in den nächsten Jahren auf den Markt kommen. ps
Infos: www.kit.edu
Autor:Jo Wagner |
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