Karlsruher Energienetzwerk „fokus.energie e.V.“ informierte über den Energieträger Wasserstoff
Großes Potenzial mit Herausforderungen
Region. Er lässt sich leicht herstellen, ist vielfältig einsetzbar, kann relativ einfach gelagert und transportiert werden: Kein Wunder gilt Wasserstoff als exzellenter Energieträger für die Energiewende. Zusammen mit dem Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag und der TechnologieRegion Karlsruhe (TRK) zeigte das Energienetzwerk fokus.energie e.V. auch beim zweiten „Brennpunkt Wasserstoff“ die Vielfalt der Einsetzbarkeit auf. „Gerade bei diesem wichtigen Baustein der Energiewende ist uns wichtig, viele Praxisbeispiele einfließen zu lassen. Neue Technologie braucht mitunter etwas Zeit, sich auch in Sachen Effizienz zu verbessern, wichtig sind aber Entwicklungen und Tests unter realen Bedingungen“, so Hilmar F. John, fokus.energie-Geschäftsführer, der sich freute, erneut über 90 internationale Teilnehmer zum „Brennpunkt“ begrüßen zu dürfen: „Die enorme Resonanz zeigt das große Interesse am Thema.“
Herausforderungen einer Wasserstoffwirtschaft
Die Herstellung ist bekannt, Nutzungsmöglichkeiten sind bekannt, wichtige Themen beim Markthochlauf. Dekarbonisierung spiele eine große Rolle, betonte Dr. Jan Stefan Roell, Vizepräsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags, Sprecher der Task Force Wasserstoff und Präsident der IHK Ulm, und ging ein auf die Herausforderungen einer Wasserstoffwirtschaft – ob Technologieoffenheit, Regulierung, Verfügbarkeit, Preis oder Prognosen: Fast alle Länder hätten das erkannt, haben entsprechende Strategien, würden sich Märkte und Quellen erschließen. Man müsse verschiedene Wege offenhalten, so Dr. Roell, denn es werde sich auch durch bilaterale Kooperationen noch viel tun. Fixe Termine bestünden beim Stromabschalten, doch keine fixen Termine gebe es jedoch in Sachen Stromerzeugung, dazu erschwere die Regulierung den Wasserstoffmarkt. Deutschland werde importieren müssen – dabei hängen wettbewerbsfähige Produktionskosten von entsprechenden Verfahren ab. Stargeien und Hürden: Beim Markthochlauf gelte es, sich auf Stärken zu konzentrieren, Hemmnisse gemeinsam zu beseitigen, KPI (Key Performance Indicators) einzuführen und zu nutzen und die Netzwerke weiter zu stärken.
Mehrwert des deutsch-französischen Ansatzes
Einen Blick über die Grenze nach Frankreich gewährte Franca Diechtl, Deutsche Energie-Agentur GmbH, Team Leader International Cooperation, die den Mehrwert des deutsch-französischen Ansatzes in der Praxis aufzeigte. Ob Förderkompass H2, Kooperationen in Grenzregionen, Ziele nationaler und EU-Strategien: Es gehe um das Zusammenbringen von Expertisen und Netzwerken, Projektkonzeption mit Akteuren aus beiden Ländern, so dass Ergebnisse auch auf weitere europäische Kooperationen anwendbar seien. Gerade zwischen Deutschland und Frankreich gebe es schon im Ansatz Unterschiede – ob Betonung auf Importe oder Fokus auf Entwicklung, erreichbare und umsetzbare Ziele, Infrastruktur oder internationale Kooperationen. Dabei sei das gemeinsame Ziel ein europäischer H2-Markt mit dem Ausbau der Produktionskapazität für Wasserstoff, Technologieführerschaft („Made in Europe“), Einsatz in Industrie und Schwerlastmobilität, Wirtschaftsimpulse und Schaffung von Arbeitsplätzen und Forschung & Entwicklung für Technologien entlang der gesamten Wasserstoff-Wertschöpfungskette. Besondere Herausforderungen stünden im Bereich der (grenzüberschreitenden) Infrastruktur an, so Diechtl: Da müssten grenzüberschreitende Projekte und Verbindungen zwischen H2-Clustern geschaffen werden. Ein Schritt sei hier das europäische Wasserstoffnetz „MosaHYc“ (Mosel Saar HYdrogen Conversion).
Regionenförderung
Ob Beschleunigung des Markthochlaufs, klimaschonende Produktion, Steigerung der Akzeptanz oder regionale Wertschöpfung und Innovationen: „H2Rivers“ sei ein Instrument der Regionenförderung des BMVI, indem es erneuerbaren Wasserstoff in den Verkehrssektor integriere, erläuterte Lukas Haase, Metropolregion Rhein-Neckar GmbH, Projektleiter „H2Rivers“, und ging ein auf die „HyLand“-Wasserstoffregionen in Deutschland, bei denen die Metropolregion als H2Hub entsprechend gefördert wird. Ob Projekte, Produktion durch zum Beispiel Elektrolyseur mit Solar/EE-Strom, Infrastruktur wie Abfüllanlagen, Trailer und Tankstellen oder Transport durch BZ-Pkw, leichte Nutzfahrzeuge, Busse oder Müllfahrzeuge: Produktion und Nachfrage müssten dabei weiter aufeinander abgestimmt werden. Ob Erzeugung, Verteilung, Speicherung oder Anwendung: In der integrierten Wasserstoffwirtschaft könnten nach und nach weitere Projekte angedockt werden – und so die Sichtbarkeit des Themas auch erhöht werden. In diesem Innovationsraum könne sich auch die Gründer- und Start-up-Szene entsprechend entwickeln.
Schlüsselthema positionieren
Man müsse zusammenarbeiten, um das Ziel zu erreichen, griff Markus Wexel, TechnologieRegion Karlsruhe GmbH, Koordinator Energie, den prognostizierten Bedarf allein für Baden-Württemberg auf: 2031 sollen es rund 15 Mio. MWh sein, 2040 bereits 50 Mio. MWh. Die Akteure müssten dabei unter anderem vernetzt werden, den Ausbau der H2-Wirtschaft begleiten, der Wirtschaftsraum sich bei diesem Schlüsselthema entsprechend positionieren, so Wexel und ging auf die H2-Roadmap ein. Dabei gehe es unter anderem um Wasserstofferzeugung, Infrastruktur, Akzeptanz, Distribution und die Rahmenbedingungen bei diesem Schlüsselthema mit großer wirtschaftlicher Relevanz, das auch in der TRK verstärkt mit vielen Partnern angegangen wird. Bei den Handlungsebenen – ob Wissenschaft & Forschung oder Anwendung – gelte es, die entsprechenden Strategiepfade daraus abzuleiten.
Verbundprojekt erproben
Ob Vergrünung des Stroms, Wärmewende, Infrastruktur für alternative Antriebe, grüne Mobilität oder Energieeffizienz: Es habe zuletzt große Bewegungen gegeben, erläuterte Christian Pieper, DB Energie GmbH, Referent Alternative Antriebstechnologien, Projektleiter Infrastruktur „H2goesRail“ am Beispiel des DB Konzerns, der die Weichen der Energieversorgung auf grün gestellt habe – ob für Schiene, Gebäude oder Straße. Bei der Wasserstoffversorgung für Brennstoffzellen-Züge liege der Fokus auf dem Einsatz von erprobten, industrieüblichen Komponenten und der Adaption bestehender Standards. Dabei erläuterte Pieper das Beispiel einer Wasserstoff-Schienentankstelle mit Dispenser, Speicher, Verdichter, Trailer-Wechselstation, Elektrolyseur, Disposition und Standardisierung bei der Betankung. Bei einer Straßen-Wasserstoff-Tankstelle hat DB Energie in Frankfurt eine containerisierte Lösung auf die Straße gebracht, ein integrierter Elektrolyseur sorge ab diesem Quartal für eine vor Ort-Erzeugung von grünem Wasserstoff („on demand“) für Pkw und Lkw. Diese Pilot- und Erprobungsanlage im direkten Gleisumfeld sei zudem modular erweiterbar – auch vor dem Hintergrund, dass Wasserstoff in größeren Mengen auch auf der Schiene transportiert werden kann. Beim Verbundprojekt „H2goesRail“ zwischen „Deutscher Bahn“ und „Siemens Mobility“ gehe es um Entwicklung, Bau und Zulassung des wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellen-Triebzug „Mireo Plus H“, der an die H2-Infrastruktur anknüpft. Ab 2022 sollen die Tests laufen, ab 2024 der Probebetrieb am Standort Tübingen. Dabei gehe es auch um Standardisierung, um das Thema auf eine internationale Ebene zu bringen.
Forschungsprojekt ab 2024
Eine steigende Nachfrage nach nachhaltiger Mobilität sei deutlich erkennbar, so Dr. Markus Böhm, „Siemens Mobility GmbH“, Plattform Manager für Wasserstoff-Züge, so wolle zum Beispiel Großbritannien bis 2040 alle Diesel angetriebenen Schienenfahrzeuge aus dem Verkehr ziehen. Hier komme zum Beispiel der „Mireo Plus H“ (geringer Stromverbrauch, effiziente Brennstoffzelle, ermöglicht bis zu 600 km Reichweiten, langlebige Batterien und 160 km/h Spitzengeschwindigkeit) auf nicht-elektrifizierten Abschnitten ins Spiel, der einen anspruchsvollen Betrieb ohne Oberleitung ermögliche – und zusammen mit „DB Regio“ in einem Forschungsprojekt ab 2024 eingesetzt werden soll. Diese ehrgeizigen Ziele würden durch innovative Hybridbausteine erreicht, so Dr. Böhm. Doch auch eine passende Infrastruktur für eine Schnellbetankung sei für einen effizienten Einsatz vonnöten.
Großes Potenzial mit Herausforderungen
In der ausführlichen Fragerunde und Diskussion ging es unter anderem um Technologieoffenheit, Investitionskosten, Erzeugungsarten, effiziente Nutzung, zeitlichen Horizont, Partnerschaften, Prozessabläufe oder Elektrolyseure: Der Anstoß des Transformationsprozesses müsse auf allen Ebenen geschehen, so der Tenor der Runde – bei einem konsequenten Blick auf die Praxistauglichkeit. Ob flächendeckende (grüne) H2-Versorgung, komplexe Technologie oder wettbewerbsfähiger Preis: Es ist eine junge Technologie mit großem Potenzial aber auch Herausforderungen.
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