„Sehr guter Austausch zu möglichen Anpassungen“
"KVV"-Aufsichtsratsmitglieder befassen sich mit massiver Kritik an den Planungen
Karlsruhe. Im Rahmen eines mehrstündigen Workshops haben sich am heutigen Montag, 21. Februar, Vertreter des KVV-Aufsichtsrats mit Geschäftsführer Dr. Alexander Pischon und seinem Führungsteam "über aktuelle Vertriebsthemen" ausgetauscht. Hintergrund ist die massive Kritik - ob von Bürgern, ganzen Gemeinderäten, Parteien oder zahlreiche Interessensgruppen - an den Planungen des "KVV", Neuerungen einzuführen, bei denen aber nicht alle Bürger mitgenommen werden. Als Beispiel sei hier unter anderem die Abschaffung der "Vierer-Karte", der Abbau von Fahrkartenautomaten und der Ausbau der Entwerter aus den Fahrzeugen genannt.
ÖPNV ist Teil der Daseinsfürsorge
„Es war ein sehr guter und offener Austausch, bei dem wir zusammen mit allen Teilnehmern geprüft haben, an welchen Stellen Anpassungen zum Wohl unserer Kunden sinnvoll und machbar sind", so Alexander Pischon. Durchaus erstaunlich diese Aussage, denn ein solche "Prüfung" hätte schon vor Bekanntgabe der Maßnahmen erfolgen müssen. "Sinnvoll und machbar": Immerhin sollten Maßnahmen "für" Kunden des "KVV" immer so sein! Schließlich ist der ÖPNV Teil der Daseinsfürsorge, durchaus eine Art Grundversorgung wie Strom. Da darf ein Unternehmen nicht mit Vorsatz bestimmte Gruppen ausschließen!
Wichtig war dem "KVV", dass während des Workshops noch keine abschließenden Entscheidungen zu den möglichen Änderungen getroffen wurden: "Vielmehr fließen die aus dem Workshop gewonnenen Erkenntnisse und Empfehlungen in die Vorbereitung der nächsten Sonderaufsichtsratssitzung am 11. März ein." Ob Abbau der Kartenautomaten in den Bahnen, Entfernung der Entwerter in den Bahnen, Abschaffung der "Vierer-Karte" oder kein Fahrkarten-Kauf mehr auf Vorrat: Von diesem Gremium werde dann abschließend entschieden, welche Maßnahmen umgesetzt werden.
Themen im Workshop
Im Workshop wurde über das Für und Wider eines Chipkartensystems mit sogenannten "Smartcards" diskutiert. Darüber hinaus standen weitere konkrete Anpassungsoptionen im Tarif- und Vertriebsbereich auf der Agenda. Mit Blick auf die Tageskarten wurde über die Option diskutiert, dass in diesem Bereich zwei weitere Preisstufen eingeführt werden könnten: "Konkret gemeint ist hiermit, dass Kunden im Tarifbereich von einer Wabe sowie von vier Waben einen neuen, besseren Preis erhalten sollen, als dies bisher der Fall ist."
Als weitere Option für eine "mögliche Verbesserung" der KVV-Planung wurde die Einführung von "vordatierten Einzelfahrkarten" im Vorverkauf besprochen: "Diese Fahrkarten könnten dann bis zu sechs Wochen im Voraus auf einen bestimmten Tag datiert erworben werden und sind am Geltungstag ganztägig nutzbar." Ausgehend davon, dass es sich hier dann wohl um eine Einzelfahrkarte handelt, bleibt dennoch die Frage offen, ob die Masse der Fahrgäste bis zu sechs Wochen vor der Fahrt den genauen Tag einer Fahrt weiß? Bei der Problematik geht es doch eher auch darum, Menschen Fahrkarten mitgeben zu können, wenn sie einen Fahrschein brauchen. Viele Bürger, nicht nur ältere, haben in der Geldbörse Karten als Reserve, denn viele der Fahrkartenautomaten laufen nicht rund, nehmen dann zum Beispiel nur passendes Kleingeld. Alternatlven sind dann entweder die Zahlung per Karte, andere Menschen fragen, wer auf die Schnelle wechseln kann - oder die Bahn verpassen...
#allemitnehmen
Es ist ohnehin kaum davon auszugehen, dass man den Bedarf einer Fahrt im regionalen Umfeld schon im Vorfeld so genau ermitteln kann. Es ist ja keine Fernstrecke nach Berlin oder Hamburg, die man meist länger vorausplant. Bei der deutlichen Kritik ging es zum Beispiel um Karten für soziale Einrichtungen oder um Karten für Kinder, denen man zum Beispiel bei einem Ausflug schon die Rückfahrkarte mitgibt. Hier kam im Workshop auch die Idee, beim Verkauf von Einzelfahrkarten eine handschriftliche Selbstentwertung zuzulassen.
Smartphone & App im Blick
Doch auch der "irgendwie erzwungene" Umstieg auf Smartphone und App sorgte bei etlichen Nutzern für Aufregung: Bei vielen Senioren ist der Gebrauch eines Smartphones noch nicht so flächendeckend vorhanden, dass sie auf ein modernes Fahrkartensystem umsteigen könnten. Das ist vielleicht in fünf bis zehn Jahren ein anderes Thema. Aber auch etliche jüngere Menschen haben kein Smartphone, bewusst zudem, weil sie ihre Datenspur nicht wie mit dem Salzstreuer verteilen wollen. Auch sind Smartphone und App zum Beispiel ein Thema für Eltern, die in der App, welche ihre Kinder dann nutzen, immerhin ihre Zahlmethode offenbaren müssen ...
Im Workshop ging es auch um die Gestaltung einer möglichen „Best-price-Systematik“ für die "KVV.luftlinie", denn da hat es zuletzt auch einige "Best Practice"-Beispiele gegeben, die Anlass zur Kritik gaben.
Die Teilnehmer des Workshops baten die KVV-Geschäftsleitung, zu sämtlichen Optionen bis zum 11. März aussagekräftige Vorlagen auszuarbeiten.
Autor:Jo Wagner |
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