Meiner Seele Töne – Yvan Goll
Konzertlesung am 10. Mai in Landau

Liana Mogilevskaja und Tobias Scheuer
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Landau. Die Autorengruppe „Wortschatz“ vom Lit. Verein der Pfalz lud in das Haus am Westbahnhof ein. Anlässlich des 90. Jahrestags der Bücherverbrennung stellte sie einen der vielen Autoren und Autorinnen heraus, die damals um ihr Leben fürchten mussten, denn es hieß, wenn man Bücher verbrennt, wird man am Ende auch Menschen verbrennen. In Landau wurden am 10. Mai 1933 durch die HJ im Beisein hunderter Zuschauer am (ehemaligen) Paradeplatz vor dem Rathaus marxistische und schwarz-rot-goldene Fahnen sowie Bücher verbrannt, ob ein Werk von Goll darunter war, ist nicht belegt. Ein weiteres Beispiel ist Martha Saalfeld, die sich dem System verweigerte und darunter lange leiden musste. In der Online-Dokumentation „Verbrannte Orte“ finden sich Dokumente gegen das Vergessen, am Büchertisch lagen Flyer aus.

Birgit Heid stellte eindringlich die Biografie des Schriftstellers und Philosophen vor und begann mit dem Gedicht „…Freunde, ich bin nur Gast in meinem Körper“.

Yvan Goll wurde 1891 im lothringischen Saint-Dié geboren und wuchs im schwierigen deutsch-französischen Umfeld auf. Der Dichter mit jüdischer Herkunft war Pazifist und flüchtete Anfang des Ersten Weltkriegs in die Schweiz. Danach wohnte er in Paris und Berlin. Sein künstlerisches Wirken erstreckte sich vom Dadaismus – ich nenne hier auch den oft verkannten Hugo Ball – hin zu Expressionismus und vor allem im Surrealismus. Er war in der damaligen Kulturszene gut integriert, eine Freundschaft pflegte er mit den Manns. Auch arbeitete er mit Kurt Weill zusammen.
Im Oeuvre finden sich viele Gedichte, Erzählungen, Romane, Theaterstücke und Briefe. Er beschäftigte sich mit Liebe, Heimatlosigkeit, Mystizismus und dem Tod. Goll war mit der Lyrikerin Claire Goll verheiratet, die Ehe musste Trennungsphasen und Affären überstehen. 1939 flüchtete er mit seiner Frau ins Exil nach New York, nach dem Krieg kehrten sie zurück, Goll starb jedoch schon 1950 in Paris an Leukämie. Überschattet wurde sein Vermächtnis durch Plagiatsvorwürfe seiner Witwe gegenüber Paul Celan. 1951 erschienen postum die Traumkrautgedichte, welche hier zitiert wurden. Seine Stilistik ist eigenwillig und experimentell. Kann es zum eigenen Schreiben inspirieren?

Aus "Stunden" v. Y. Goll: ...Wasserträgerinnen / Hochgeschürzte Töchter / Schreiten schwer herab die Totenstraße / Auf den Köpfen wiegend / Einen Krug voll Zeit / Eine Ernte ungepflückter Tropfen / Die schon reifen auf dem Weg hinab / Wasserfälle Flüsse Tränen Nebel Dampf..."

Die Wortschatz-Autor*innen versuchten mit ihren Texten die Aktualität seines Werkes begreiflich zu machen, gesellschaftliche Entwicklungen, literarische Strömungen bis in die Gegenwart aufzuzeigen. Dabei ist der Zugang schwierig und nötigt Respekt wegen des hohen Anspruchs ab. Z. B. sagte Ursula Dörler, Autorin aus Kaiserslautern, dass sie zunächst im Roman „Der Mitropäer“ – eine groteske, satirische Überzeichnung der Zeit zwischen den Weltkriegen – nur einige Seiten weit kam, dann unterbrach sie und dachte nach – man muss die Texte rauchen, schlafen, mit ihnen kämpfen, die innere Welt des Zwischenmenschlichen nachempfinden. Mascha Kaléko scheint da wesentlich eingängiger. Das bekannte Duo Furch/Giese nutzt deren Popularität für ein erfolgreiches Format. Goll ist heutzutage, außer für eingefleischte Literaten, nahezu unbekannt.

Maria Theresia Gauß stellte den Roman "Sodom (und) Berlin" vor, Themen sind Desorientierung und Sinnhaftigkeit des Lebens, Prostitution, Gier, Orgien in den wilden Zwanzigern, Abgründe. Aus seiner zeitkritischen Perspektive heraus war er nicht gut auf die Befindlichkeiten der „Deutschen“ zu sprechen.

Helmund Wiese las Gedichte, analog auch seine eigenen, teils in Französisch, düstere, sperrige wie liebestrunkene.
"...vermeintlich wählst du die richtige richtung / feuertrunken der sonne entgegen du scherst dich / nicht um die konvention doch einem / eigenwilligen schwarm schriller gedanken fällst / du anheim..." (ei der daus, H. Wiese)

Katrin Sommer beschäftigte sich mit den Briefen. Und klärte über den Titel „Meiner Seele Töne“ auf, ein gleichnamiges Buch mit der intensiven, sinnlichen Korrespondenz zwischen Yvan Goll und Claire Goll.

Im stetigen Wechsel mit den Vorträgen boten das Ehepaar Scheuer (Piano, Gesang, Klarinette) und Liana Mogilevskaja (Violine) Werke von Satie, Chansons, Lieder aus den Dreißigern sowie Bearbeitungen von Brecht, Debussy u.a. Besonders viel Applaus gab es für „Ein Lied geht um die Welt“ (bekannt durch die Comedian Harmonists).

Mit ca. 50 Gästen war der Raum gut gefüllt, die Veranstalter mit dem Zuspruch sichtlich zufrieden.

Die lit. Gruppe "Wortschatz" beteiligt sich an "Landau liest ein Buch",  "Herzfaden“ von Thomas Hettche ist das ausgewählte Werk. Im Juni sind rund 25 Veranstaltungen geplant.

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Autor:

Peter Herzer aus Kaiserslautern

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